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Welche Bildung braucht das Land?

Deutschlands Schulen haben reichlich zu tun. Die Pädagogen sollen die Kinder und Jugendlichen für das berufliche und private Leben qualifizieren, Migrantenkinder integrieren und ganz nebenbei auch noch jeden Schüler individuell fördern.

„Welche Bildung braucht das Land?“ fragten deshalb die IHKs Nürnberg, Bayreuth, Coburg, Regensburg und Würzburg-Schweinfurt bei der gleichnamigen Fachtagung, die sie gemeinsam in Nürnberg veranstalteten. „Es ist offensichtlich, dass sich Bildungspolitik und Bildungssystem aktuell in einer Phase der Orientierung befinden“, hieß es in der Einladung, der rund 150 Teilnehmer aus der gesamten Metropolregion Nürnberg gefolgt waren. Unter den Besuchern der Tagung fanden sich neben Politikern und Schulleitern, Lehrern, Vertreten von Kammern und Arbeitsagenturen zahlreiche Unternehmensvertreter aus allen Teilen Frankens und der Oberpfalz.

„Bildung ist – neben der Diskussion um Hartz IV und der Fußball-WM – das Megathema auch in der öffentlichen Wahrnehmung“, konstatierte IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Dieter Riesterer bei der Begrüßung. Bei den Kammern hat das Thema Bildung/Ausbildung im Laufe der vergangenen Jahre eine zentrale Bedeutung bekommen, in Nürnberg arbeitet rund ein Drittel der IHK-Angestellten in diesem Themenbereich.

Während der Tagung, die von Ursula Poller, Stellvertretende Hauptgeschäftsführerin und Leiterin des IHK-Geschäftsbereichs Berufsbildung, moderiert wurde, konzentrierten sich die Teilnehmer auf die Gruppe der Schulabgänger, die ihren Weg in die berufliche Wirklichkeit finden müssen. Zwar sei der Nachwuchs mobiler, moderner und internationaler geworden, doch auf der anderen Seite ist ein Verlust von Tugenden und Werten ebenso zu beklagen wie mangelhafte Leistungen in Deutsch, Mathematik oder Englisch.

Bei einer Umfrage unter 8 000 Unternehmen stellte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) fest, dass neben fachlichen Inhalten vor allem soziale und persönliche Kompetenz von den angehenden Lehrlingen erwartet werden. Dazu gehören laut Berit Heinz vom DIHK beispielsweise Zuverlässigkeit, Teamfähigkeit und Leistungsbereitschaft. Doch ausgerechnet in diesen Bereichen haben sich in den letzten Jahren die jungen Berufsanfänger negativ entwickelt. So stellten Kerstin Ruder und Alexander Liebel, beide an der Kaufmännischen Berufsschule 4 in Nürnberg mit rund 2 300 Azubis im Alter von 16 bis 23 Jahren tätig, dramatische Veränderungen fest. Ihr Fazit: Jugendliche resignieren schneller, vermutlich weil ihnen vor dem Start in die Arbeitswelt die meisten Probleme von den Eltern aus dem Weg geräumt werden. Ihre Kommunikationskultur hat sich verändert, d.h. ihre Sprache verkümmert und die Zahl der verbalen Aggressionen nimmt zu. Junge Frauen sind nach ihren Bobachtungen selbstbewusster geworden, junge Männer eher zögerlicher. Globalisierte Welt und offene Grenzen überfordern den Nachwuchs, - junge Menschen suchen verstärkt nach Orientierung, so Kerstin Ruder. Deshalb brauchen immer mehr junge Leute intensive Betreuung.

Dialog Schule - Wirtschaft
Um den gestiegenen und sich verändernden Anforderungen der Wirtschaft an die Jugendlichen gerecht zu werden, müssen Schulen und Hochschulen in immer stärkerem Maße die Unterrichtsinhalte den Bedingungen anpassen. Zahlreiche Redebeiträge machten deutlich, dass der Dialog zwischen Schule und Wirtschaft weiter kontinuierlich verbessert werden müsse. Ansätze für die Qualitätsverbesserung durch eine optimierte Zusammenarbeit beider Seiten präsentierten Vertreter von Unternehmen wie Wacker-Chemie, Schaeffler oder HUK-Coburg. Die gemeinsame Arbeit an dem Thema wird die Verantwortlichen in Schulen und Unternehmen auch künftig in Atem halten. Neue Denk- und Handlungsansätze sind gefragt, um dem Nachwuchs von heute bessere Startchancen in den Beruf zu sichern und der deutschen Wirtschaft positive Impulse für weiteres Wachstum zu geben. Schließlich wusste bereits der berühmte Autobauer Henry Ford: „Die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes beginnt nicht in der Fabrikhalle oder im Forschungslabor. Sie beginnt im Klassenzimmer.“

Autor/in: 
hpw.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2006, Seite 10

 
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