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Haft-Bedingungen für Geschäftsführer

Wann führen falsche Entscheidungen zu Schadensersatzansprüchen?

Geschäftsführer, die nicht die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes walten lassen, sind der Gesellschaft gegenüber für den entstandenen Schaden haftbar. Das ist in § 43 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 des GmbH-Gesetzes (GmbHG) festgelegt. Allerdings ist diese Formulierung sehr allgemein gehalten. Zur Konkretisierung kann eine neue Bestimmung im Aktiengesetz (AktienG) herangezogen werden, die nach dem Willen des Gesetzgebers sowohl für Vorstände von Aktiengesellschaften wie auch Geschäftsführer von GmbHs und andere Geschäftsleiter gilt. Dort heißt es im neu eingefügten § 93 Abs. 1 Satz 2: „Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.“ Der Gesetzgeber hatte diese Norm bewusst als „sicheren Hafen“ des Geschäftsleiters bestimmt.

Das Wesentliche ist dabei der Perspektivwechsel. Fehleinschätzungen und Fehlbeurteilungen führen nach dem Willen des Gesetzgebers nicht als solche zur Haftung, weil es nicht auf das Ergebnis ankommt. Entscheidend ist vielmehr die Frage, inwieweit die Entscheidungsfindung durch den Geschäftsleiter objektiv richtig war. Eine Schadensersatzpflicht entsteht also erst, wenn aus dieser Perspektive eine falsche Entscheidung getroffen oder das Ermessen überschritten wurde.

Dazu zwei Beispiele aus der Rechtsprechung: Das Landgericht Düsseldorf hatte einen Fall zu entscheiden, bei dem die Vorstände einer Aktiengesellschaft ein neues Geschäftsfeld aufnahmen und dafür über einige Zeit hinweg Verluste in Kauf nahmen. Die Anteileigner waren der Meinung, die verlustbringenden neuen Geschäftsfelder seien zu spät gestoppt worden, und wollten die Vorstände über mehrere Mio. Euro in Haftung nehmen. Das LG Düsseldorf hat in diesem Fall entschieden, dass die Vorstände nicht haftbar sind, weil sie zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung den ihnen eingeräumten Beurteilungsspielraum nicht überschritten hätten. Vorstände dürfen also auch Verluste über einen längeren Zeitraum als Anlaufverluste werten, wenn vernünftigerweise zu erwarten ist, dass ein Projekt in die Gewinnzone kommt (LG Düsseldorf, Urteil vom 27. Mai 2005, Az: 39 O 73/04).

Ein Beispiel für die Überschreitung des bestehenden Ermessensspielraumes ist eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes Köln (OLG) aus dem letzten Jahr. Hier hatte der Geschäftsführer einer GmbH seine Frau das bis dato angemietete Betriebesgrundstück für die Gesellschaft kaufen lassen, an dem eigentlich auch die Gesellschafter Interesse gehabt hätten. Diese hatten den Geschäftsführer wegen Verletzung seiner Sorgfaltspflicht in Anspruch genommen, weil er nicht ermöglicht hatte, dass die Gesellschaft das Grundstück kauft. Das OLG Köln hatte eine Sorgfaltspflichtverletzung bejaht: Der Geschäftsführer habe sowohl seine Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft als auch die bestehenden Informationspflichten verletzt (Urteil des OLG Köln vom 16.08.2005 Az: 3 U 7/05).

Erkenntnis aus diesem Urteil: Der „sichere Hafen“ ist nur dann erreicht, wenn insbesondere auch die Treue- und Informationspflichten der Gesellschaft gegenüber vom Geschäftsführer eingehalten werden.

Haftung gegenüber Dritten
Der GmbH-Geschäftsführer kann auch von Dritten haftbar gemacht werden (§ 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch BGB), wenn er diesen gegenüber ein so genanntes „Schutzgesetz“ verletzt. Beispiel für ein solches Schutzgesetz ist § 64 GmbHG: Nach dieser Vorschrift ist der GmbH-Geschäftsführer verpflichtet, innerhalb von drei Wochen nach Eintritt von Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung Insolvenz zu beantragen. Erfolgt dies nicht oder verspätet, kann sich grundsätzlich auch ein Dritter darauf berufen, dass die Schutzwirkung der Insolvenzanmeldepflicht auch für ihn gilt und einen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Geschäftsführer direkt geltend machen. Wichtig dabei: So genannten Altgläubigern wird nur der Quotenschaden und erst Neugläubigern der Vertrauensschaden ersetzt. Das heißt: Gläubiger, die diese Position schon erlangt hatten, als der Insolvenzantrag hätte gestellt werden müssen, können vom Geschäftsführer wegen der verspäteten Insolvenzanmeldung nur den Betrag verlangen, um den sich die Masse und damit ihre Quote infolge der Insolvenzverschleppung verringert hat.

Neugläubiger, das heißt solche Personen, die ihre Gläubigerposition erst nach der notwendigen Insolvenzbeantragung erlangten, können jedoch den Vertrauensschaden vom Geschäftsführer verlangen. Er muss sie also so stellen, als hätten sie das abzuschließende Geschäft nie mit der Gesellschaft abgeschlossen (grundlegendes Urteil des Bundesgerichtshofes BGH vom 6. Juni 1994, Az: II ZR 292/91).

Für Geschäftsführer, die sich die Frage stellen müssen, wie weit ihre Sorgfaltspflichten gehen oder ob etwa ihnen gegenüber geltend gemachte Haftungsansprüche bestehen, verbleibt ein guter Rat zum Schluss: Zur erforderlichen Sorgfalt kann es auch gehören, sich fachkundig rechtlich beraten zu lassen, wenn es die Situation erfordert.

Externer Kontakt: Rechtsanwalt Carl-Peter Horlamus, KGH Anwaltskanzlei Kreuzer Goßler Horlamus, Nürnberg, cp.horlamus@kgh.de, www.kgh.de
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 01|2007, Seite 26

 
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