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Arbeitnehmer mit allen Rechten

Die Branche leistet einen wichtigen Beitrag zur guten Lage auf dem Arbeitsmarkt, hat aber mit Vorurteilen zu kämpfen. Von Horst Winter

Die Gewerkschaften wählen harsche Worte: „Explosiv zugenommen“ habe die Zeitarbeit in Deutschland. Bei den Beschäftigten der Branche handle es sich um „moderne Tagelöhner“, da diese von den Zeitarbeitsunternehmen nur für kurze Zeit angestellt würden. Behauptet wird zudem, dass durch die Zeitarbeitnehmer die Stammbelegschaften verdrängt werden. Prof. Klaus Dörre vom Institut für Arbeits-, Industrie- und Wirtschaftssoziologie der Universität Jena sieht in der Zeitarbeit ein „Prekariatsrisiko“. Nach seiner Ansicht handelt es sich bei den Beschäftigungsverhältnissen in der Zeitarbeit um unsichere Arbeitsverhältnisse. Der Zeitarbeitnehmer habe das Gefühl, „ein Leben auf der Rasierklinge“ zu führen, so der Professor. Diese Vorbehalte sind häufig zu hören, jedoch unzutreffend.

In den letzten Monaten sind durch die gute Konjunktur und die Erholung auf dem deutschen Arbeitsmarkt gerade auch für geringqualifizierte Arbeitnehmer die Chancen gestiegen, vom Aufschwung zu profitieren. Die Zeitarbeit bietet für diese Arbeitnehmer die Chance, ihre Qualifikationen durch ständiges „training-on-the-job“ zu verbessern. Gerade die Zeitarbeit ist zurzeit der Jobmotor in Deutschland. Nach Zahlen der Bundesagentur für Arbeit vom letzten Jahr entstehen 25 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse momentan in der Zeitarbeit.

Fast 70 Prozent der Beschäftigten in der Zeitarbeit kommen aus der Arbeitslosigkeit. Durch die Zeitarbeitsunternehmen werden die Arbeitslosen also wieder in den Arbeitsmarkt integriert. Darüber hinaus bietet die Zeitarbeit aber auch ein Sprungbrett für Jugendliche und Berufsanfänger in den Arbeitsmarkt.

Brücke in den Arbeitsmarkt
Nicht zu vergessen ist der Brückeneffekt der Zeitarbeit. Bundesweit werden 15 Prozent der Zeitarbeitnehmer von den Kundenunternehmen übernommen. Weitere 15 Prozent schaffen es aufgrund ihres Einsatzes, als überlassene Kräfte in einen anderen Betrieb als Festangestellte zu wechseln. Unter dem Strich nutzen also 30 Prozent der Beschäftigten die Zeitarbeit als Brücke in ein traditionelles Arbeitsverhältnis.

Laut Bundesagentur für Arbeit waren Ende 2006 genau 631 000 Arbeitnehmer in der Zeitarbeit beschäftigt, 167 000 Arbeitnehmer mehr als ein Jahr zuvor. Dies sind weniger als zwei Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland. Eine „explosive“ Zunahme der Zeitarbeit ergibt sich anhand dieser Zahlen keineswegs. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ist der Anteil der Zeitarbeitnehmer aber vergleichsweise gering. So sind in Großbritannien fast sechs Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Zeitarbeit tätig. Deutschland ist damit im Vergleich zu anderen Ländern praktisch ein „Entwicklungsland“. Wegen dieses geringen Anteils der Zeitarbeitnehmer gibt es keinen Hinweis darauf, dass Zeitarbeitnehmer Stammarbeitnehmer verdrängen.

Zudem werden Zeitarbeitnehmer in der Regel unbefristet eingestellt und vom Zeitarbeitsunternehmen auch in überlassungsfreien Zeiten bezahlt. Zeitarbeiter sind deshalb keineswegs „moderne Tagelöhner“, die in „unsicheren Arbeitsverhältnissen“ beschäftigt werden, wie oft behauptet wird. Dieses in Deutschland übliche Unternehmensprinzip ist im internationalen Vergleich aber keineswegs die Regel. So werden in Frank­reich Arbeitnehmer in der Zeitarbeit nur für die Dauer einer Überlassung beschäftigt (sogenanntes Agenturprinzip), wobei die Dauer der Überlassung durchschnittlich zehn Tage beträgt.

Darüber hinaus entbehrt auch die Zuordnung von Beschäftigungsverhältnissen in der Zeitarbeit zu den „prekären“ Arbeitsverhältnissen jeglicher Grundlage. Zeitarbeitnehmer haben die gleichen Rechte und Pflichten wie Arbeitnehmer in anderen Wirtschaftszweigen. Wie für alle anderen Arbeitnehmer gilt für sie das Kündigungsschutzgesetz, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Bundesurlaubsgesetz etc.

Auch die Zeitarbeitsunternehmen unterliegen denselben Pflichten eines Arbeitgebers wie alle anderen Unternehmen in Deutschland. Sie zahlen die Vergütung und führen die Beiträge zur Sozialversicherung ab. Von dem behaupteten „Leben der Zeitarbeiter auf der Rasierklinge“ kann somit keine Rede sein.

Externer Kontakt: Horst Winter ist Geschäftsführer der modern time work gmbh mtw Personaldienstleistungen in Nürnberg
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2008, Seite 36

 
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