Telefon: +49 911 1335-1335

Schweinegrippe

Wie schützt man sich?

Droht eine weltweite Pandemie und ist Bayern dafür gerüstet? WiM fragte Margit Schlenk, die Pressesprecherin der Nürnberger Apotheker.

Hat das Schweinegrippe-Virus Ihrer Kenntnis nach noch das Potenzial, eine weltweite Pandemie auszulösen oder schwächt es sich bereits ab?
Ich meine, dass derzeit keinerlei Grund zur Panik besteht. Aber eine erhöhte Wachsamkeit ist angeraten. Außerdem sollte die Zeit genutzt werden, um sich für den etwaigen Ernstfall gut aufzustellen. Denn das Virus könnte mutieren und wie bei der Spanischen Grippe um 1918 erst im zweiten Anlauf an Virulenz gewinnen, also Potenzial für eine schlimme Pandemie bekommen. Nach derzeitigem Stand stellt sich das Virus als gut beherrschbar dar und die bisher Erkrankten in Deutschland sind gut genesen. Wachsamkeit und eine beschleunigte und stark geförderte Forschung an einem wirksamen Impfstoff sind aber höchst notwendig. Hierfür muss auch die Bevölkerung sensibilisiert werden. Wenn also ein solcher Impfstoff zur Verfügung steht, muss auch die Durchimpfungsrate hoch genug sein, um effektiven Schutz zu bieten. Und da sehe ich schon noch erheblichen Nachholbedarf. Warum sonst sterben in Deutschland jedes Jahr über 10 000 Menschen an der echten Grippe, obwohl der entsprechende Impfstoff seit Langem etabliert ist, die Impfung Kassenleistung ist und zudem von der ständigen Impfkommission empfohlen wird. Daher engagieren sich auch die Apotheker bei den nationalen Impfwochen in Bayern, um auf die Chancen der Impfung aufmerksam zu machen. Prävention ist das A und O gegen das Schweinegrippe-Virus H1N1, aber eben auch bei FSME, Tetanus, Diphtherie und Masern. Darüber hinaus stehen zahlreiche weitere bewährte Impfungen zur Verfügung. Das Wissenschaftliche Institut für Prävention im Gesundheitswesen (www.wipig.de), dessen Sprecherin im Direktorium ich bin, ist eine Einrichtung der Bayerischen Landesapothekerkammer und engagiert sich ebenfalls stark in der Aufklärung der Bevölkerung.

Welche Vorsichtsmaßnahmen empfehlen Sie aktuell insbesondere bei Auslandsreisen? Ist beispielsweise eine vorbeugende Einnahme von Medikamenten sinnvoll?
Die vorbeugende Einnahme von antiviralen Medikamenten wie Tamiflu oder Relenza ist Unsinn. Sie können durch ihren Wirkmechanismus erst bei bestehender Infektion helfen! Es gibt ja einige gängige Empfehlungen, die aber durchaus Anlass zur Diskussion bieten. Menschenansammlungen sollen demnach gemieden werden. Aber wie soll dies immer möglich sein? Angeraten wird das Tragen von wirksamem Mundschutz. Das müssten aber Masken sein, nicht nur "Papiermasken, die keinen ausreichenden Schutz bieten können. Allgemein sinnvoll ist es, für ein starkes Immunsystem zu sorgen, gerade bei schon geschwächten Menschen, Menschen mit mehreren Erkrankungen, älteren Menschen und Kindern. Hier kommt die allgemeine Prävention und Gesundheitsförderung wieder zum Tragen – gesunde Ernährung, Bewegung und das Achten auf eine gesunde Lebensweise ohne Drogen und Alkohol, mit ausreichend Schlaf usw. Zudem sollte bei jeglichen Symptomen einer Grippe wie Fieber, Schwäche oder Schüttelfrost rasch der Arzt aufgesucht werden, damit frühzeitig eine Diagnose gestellt und im Falle einer Infektion schnell ein antivirales Arzneimittel verabreicht werden kann.

Sind in Deutschland für den Fall einer Pandemie ausreichend antivirale Medikamente vorrätig und wie sind die Apotheken in die Notfallpläne einbezogen?
Die Apotheken sind in den Pandemieplan eingebunden, u.a. über die Apothekerkammer und die Verbände. Schließlich besitzt jede Apotheke den Versorgungsauftrag für die Bevölkerung! Im Falle einer Pandemie kann jede Apotheke auch die benötigten Arzneimittel in ihren Laboren fachgerecht herstellen. Niemand braucht Angst vor Engpässen zu haben! Derzeit sind für ca. 20 Prozent der Bevölkerung Medikamente sofort verfügbar. Gerade in Zeiten drohender Pandemien ist es ein Glücksfall, dass jede Apotheke über ein gut ausgestattetes Labor, alle notwendigen Geräte zur Herstellung von Arzneien und über fachkundiges Personal zur Herstellung von Arzneien wie Apotheker und Pharmazeutische Assistenten verfügen muss. Die Herstellung von Arzneien ist eben eine Grundfertigkeit des Apothekers. Der Nachschub an Arzneien dürfte also gut gesichert sein. Ich wiederhole – für Panik ist wirklich kein Platz! Vonnöten sind dagegen zielgerichtetes Vorgehen und intensive Forschung! Und für die Umsetzung von Notfallplänen und für die Information der Bevölkerung ist die flächendeckende Versorgung durch die Apotheker Gold wert. Wir sind sozusagen "Heilberufler ohne Eintrittsgebühr". Das bewährt sich gerade in unsicheren Zeiten, wie es bei einer drohenden Pandemie der Fall ist!

Externer Kontakt: Margit Schlenk ist Inhaberin der MoritzApotheke in Nürnberg und Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit der Bayerischen Apothekerkammer für Nürnberg, margit.schlenk@odn.de
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2009, Seite 12

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick