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LKW-Parkplätze

Aus mit der Ruhe

Überfüllte Autohöfe und fehlende Lkw-Parkplätze machen es den Fahrern schwer, die vorgeschriebenen Ruhezeiten einzuhalten.

Eine Umfrage der baden-württembergischen IHKs kommt zu dem Ergebnis, dass vier von fünf Lastkraftfahrern fast täglich Probleme haben, rechtzeitig einen Parkplatz zu finden. Dieses Ergebnis lässt sich nach Worten von Ulrich Schaller, Verkehrsreferent der Nürnberger IHK, auf die Metropolregion Nürnberg übertragen.

Hans Wormser, Chef der Spedition Wormser aus Herzogenaurach mit einem Fuhrpark von 200 Fahrzeugen und Präsident des Landesverbandes Bayerischer Transport- und Logistikunternehmen (LBT), schlägt in die gleiche Kerbe: „Wir haben schon zu Zeiten von Kanzler Kohl Unterschriftenlisten für mehr Stellplätze übergeben. Schon vor der Grenzöffnung nach Osten war die Lage schlimm.“

Laut der offiziellen Lkw-Stellplatzzählung 2008 des Bundesverkehrsministeriums stehen an mittelfränkischen Autobahnen rund 1 100 Lkw-Stellplätze zur Verfügung. Der tatsächliche Bedarf liegt nach Angaben der Autobahndirektion Nordbayern allerdings bei 2 000 Lkw-Parkplätzen. An den Autobahnen Nordbayerns fehlen insgesamt 2 600 Stellplätze. Im Rahmen eines Sofortprogramms (Ausbau und Öffnung geschlossener Parkplätze) konnten 2009 in Mittelfranken gerade einmal 36 zusätzliche Parkflächen für Lkws geschaffen werden. Das Bundesverkehrsministerium beziffert den bundesweiten Bestand an Lkw-Parkständen auf rund 28 500 plus 17 500 auf Autohöfen. Der Fehlbestand von weiteren 14 000 Lkw-Stellplätzen wird sich in den nächsten fünf Jahren um zusätzlich 7 000 aufstauen.

Immerhin konnten mit dem Sofortprogramm bundesweit 1 500 Parkplätze neu geschaffen werden. Der Pakt zwischen Bundesverkehrsministerium und sechs Bundesländern, darunter Bayern und Baden-Württemberg, sieht vor, dass die Länder 2009 und 2010 Stellplätze bauen und der Bund finanziert. 2008 und 2009 wurden 3 000 zusätzliche Lkw-Parkstände bereitgestellt, bis 2012 sollen weitere 8 000 hinzu kommen. Aus den Konjunkturpaketen I + II stehen für das laufende Jahr mindestens 130 Mio. Euro für den Neu- und Ausbau der Rastanlagen zusätzlich zur Verfügung.

Unfallursache Übermüdung

So attraktiv und wichtig es für die Region ist, ein europäischer Knotenpunkt mit Ost-West- und Nord-Süd-Verkehr zu sein, die Kehrseite sind die Lkw-Kolonnen und die Parkplatznot. Allein in Mittelfranken hat die Polizeidirektion auf den Autobahnen 428 Verkehrsunfälle registriert, bei dem der Lkw-Fahrer als Hauptverursacher ausgemacht wurde. In 21 Fällen wurde ein Verstoß gegen die Lenk- und Ruhezeiten festgestellt. Wobei die Polizei davon ausgeht, dass es bei Übermüdung am Steuer eine hohe Dunkelziffer gibt, die bei einem Unfall naturgemäß schlecht feststellbar ist.

Nur ein ausgeschlafener Fahrer garantiert ein sicheres Führen von Lastwagen und Omnibussen, hebt IHK-Experte Schaller hervor: „Das kommt allen Verkehrsteilnehmern zugute.“ Wer aber nachts zum Beispiel auf der Autobahnraststätte Aurach seine Ruhezeit einhalten will, wähnt sich oft in einem schlechten Traum. Die Tank- und Rastanlage an der A3 verfügt über zwölf Lkw-Parkplätze, laut Autobahndirektion werden dort je Nacht aber mehr als 80 Lkws abgestellt. Schon für einen Pkw-Fahrer, der dort zum Tanken ausfährt, ist es schwer, sich zwischen den Lkws zur Zapfsäule zu schlängeln. Von den Ausweichmanövern in die umliegenden Industriegebiete entlang der Autobahnausfahrten können die Gemeinden ein Lied singen, so Schaller.

Doch beim Ausbau der Parkplätze stehen oftmals die Anwohner auf der Bremse. Nach kräftigen Protesten von Bürgern und Lokalpolitik wurde beispielsweise der Ausbau Aurach sowohl an der Nord- als auch an der Südseite abgespeckt: Entsprechend werden die Lkw-Stellplätze reduziert: Von 120 Parkplätzen, die ursprünglich auf der Nordseite entstehen sollten, wurden schließlich im vergangenen Jahr nur noch 84 Lastwagen-Stellplätze im Planfeststellungsverfahren beantragt. Auf der Südseite wird statt mit 82 Lkw-Parkplätzen nur noch mit 56 geplant.

Der Widerstand der Anwohner ist kein Auracher Phänomen, sondern wird von allen Verkehrsexperten unisono als Bremsklotz genannt. Es reagiert das Floriansprinzip, gesetzlich geforderte Ruhezeiten ja, aber nicht vor meiner Tür. Schaller wirbt für mehr Verständnis in der Bevölkerung, um für mehr Sicherheit im Verkehr zu sorgen. Wormser gibt sich dagegen frustriert: „Solange die Bürger ihr Recht zum Widerspruch so nutzen, kann man schnelle Lösungen vergessen.“ Und eine staatliche Stelle pflichtet anonym bei: „Wo jemand einen Lkw-Parkplatz bauen will, sind mindestens fünf dagegen.“

Nach aktuellem Planungsstand sollen in Mittelfranken bis 2013 etwa 840 zusätzliche Lkw-Stellplätze entstehen. Die Autobahndirektion Nordbayern rechnet für die A3 mit 450 Standplätzen durch den Ausbau der Rastanlagen „Steigerwald“ und „Aurach“ sowie durch Neubau und Erweiterung von drei unbewirtschafteten Parkplätzen zu Parkplätzen mit WC (PWC). Auf der A6 sollen 210 Plätze durch den Ausbau von vier PWC-Anlagen hinzukommen. Während auf der A7 kurz- bis mittelfristig kein zusätzlicher Bedarf besteht, können an der Strecke Nürnberg – Berlin an der A9 durch den Ausbau von vier unbewirtschafteten Parkplätzen zwischen Hienberg und Denkendorf 180 Stellplätze entstehen. Die Tankstelle Feucht wurde soweit es möglich war ausgebaut, die Rastanlage Greding ist aufgrund der beengten Lage zum Stadtgebiet nicht erweiterungsfähig. Auf der Agenda steht auch der Ausbau der Parkplätze südlich von Eltersdorf an der A73.

Telematische Parkleitsysteme, die die Fahrer verlässlich über die aktuelle Zahl freier Parkplätze informieren, sollen auf der A9 zwischen Feucht und Köschinger Forst in einem Pilotprojekt getestet werden. Dabei wird auf den Parkplätzen die Parkraumauslastung durch Videoerfassung und Seitenradar festgestellt und dem Verkehrsteilnehmer über ein dynamisches Hinweisschild auf der Autobahn angezeigt. Das System funktioniert allerdings nur dann, wenn deutlich mehr Stellplätze auf den Rastanlagen vorhanden sind als bisher, dämpft die Autobahndirektion die Erwartungen.

Einfacher ist das webbasierte Reservierungssystem „Systemparken“, das zunehmend von Autohöfen kostenpflichtig angeboten wird. Im Großraum, so Unternehmer Wormser, seien nur noch Geiselwind und Tennenlohe kostenlos. Die Gebühren würden aber dem Fahrer vom Spediteur selten erstattet, „ein Fahrer kann sich das aber auf Dauer aus der eigenen Tasche nicht leisten“.

Für mehr Sicherheit auf den Autobahnen und ein europaweit funktionierendes Verkehrsnetz gibt es aber keine Alternative, so IHK-Experte Schaller: „Wir brauchen ausreichend Parkflächen und Stellplätze, die von der Autobahn abgewandt sind. Denn auch Lkw-Fahrer brauchen Ruhe."

Autor/in: 
tt.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2010, Seite 40

 
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