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Arbeitsrecht

Surfen am Arbeitsplatz

Wie können Arbeitgeber verhindern, dass die Mitarbeiter das Internet in ausufernder Form für private Zwecke nutzen? Von Torsten Lehmkühler

Es stellt sich die Frage, ob eine Abmahnung erteilt bzw. ob ordentlich verhaltensbedingt oder gar fristlos gekündigt werden kann, wenn hier ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers festgestellt wird. Entscheidend für die arbeitsrechtliche Beurteilung sind die Umstände des Einzelfalls. Bestand ein ausdrückliches Verbot der privaten Internet-Nutzung? Wurde während oder außerhalb der Arbeitszeit privat im Internet gesurft? In welchem zeitlichen Umfang geschah dies und welche Kosten sind dem Arbeitgeber dadurch entstanden? Wurden zusätzlich Dateien aus dem Internet heruntergeladen und konnte dadurch ein Image-Verlust des Arbeitgebers eintreten?

Hat der Arbeitgeber ausschließlich die dienstliche Nutzung des Internet-Zugangs gestattet, dann ist die private Verwendung dieses Betriebsmittels durch den Arbeitnehmer (E-Mail-Verkehr, Surfen im Internet) eine Pflichtverletzung. Sie kann auch eine außerordentliche Kündigung ohne vorausgegangene Abmahnung rechtfertigen. Selbst durch eine Untersagung des privaten Gebrauchs einer betrieblichen E-Mail-Adresse kann der Arbeitgeber aber nicht verhindern, dass sich eine tarifzuständige Gewerkschaft zwecks Information und Werbung über diese Adresse an die Arbeitnehmer wendet (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Januar 2009; Aktenzeichen 1 AZR 515/08).

Nicht selten gestattet der Arbeitgeber jedoch die private Nutzung. Oder er duldet sie zumindest, was zu einer betrieblichen Übung führen kann. Nutzt der Arbeitnehmer dann während der Pausenzeiten das Internet, ist dies grundsätzlich folgenlos.

Anders stellt sich die Rechtslage dar, wenn der Mitarbeiter während der Arbeitszeit privat im Internet surft. Hier verletzt er nicht nur seine vertraglichen Pflichten, wenn er den Internet-Zugang außerhalb des gestatteten Rahmens (vollständiges Verbot der privaten Nutzung oder private Nutzung nur während der Pausenzeiten) verwendet; der Verstoß liegt außerdem in der Vernachlässigung seiner Arbeitspflicht in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht.

Das Bundesarbeitsgericht entschied am 7. Juli 2005 (Aktenzeichen 2 AZR 581/04) einen solchen Fall: Der Mitarbeiter hatte innerhalb von drei Monaten 19 Stunden lang das Internet zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit genutzt, obwohl dies vom Arbeitgeber ausdrücklich untersagt worden war. In diesem Fall hat das Bundesarbeitsgericht – ebenso wie in einer weiteren Entscheidung zur exzessiven Internet-Nutzung vom 27. April 2006 (Aktenzeichen 2 AZR 386/05) – die außerordentliche Kündigung für wirksam erklärt. Begründet wurde dies mit dem zeitlichen Umfang der Internet-Nutzung, die Arbeitspflicht sei deshalb vernachlässigt worden.

In zwei weiteren Entscheidungen vom 12. Januar 2006 (Aktenzeichen 2 AZR 179/05) und 31. Mai 2007 (Aktenzeichen 2 AZR 200/06) knüpfte das Bundesarbeitsgericht an seine strenge Rechtsprechung zum Internet-Surfen an. Es stellte klar, dass eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt sein kann, wenn das private Internet-Surfen eine erhebliche Beeinträchtigung der Arbeitsleistung darstelle. Dies gelte selbst dann, wenn die private Nutzung des Internets im Betrieb nicht ausdrücklich untersagt war.

Aus Arbeitgebersicht empfiehlt sich, die Nutzung des Internets zu privaten Zwecken generell zu untersagen und gegebenenfalls eine schriftliche Einwilligung des Arbeitnehmers nach § 4 a Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) zur Speicherung der besuchten Internet-Seiten einzuholen, um das private Surfen am Arbeitsplatz auch nachweisen zu können. Die Kontrolle von E-Mails und der aufgerufenen Websites sowie deren Auswertung sind ansonsten wegen des grundgesetzlich geschützten Persönlichkeitsrechts sowie nach Maßgabe der Bestimmungen des Telemediengesetzes und des Bundesdatenschutzgesetzes grundsätzlich untersagt.

Externer Kontakt: Rechtsanwalt Torsten Lehmkühler aus Reutlingen ist Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. (rt@slp-anwaltskanzlei.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2010, Seite 48

 
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