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Behinderte Mitarbeiter

Brücke in den Arbeitsmarkt

Qualifizierten Jugendlichen mit Behinderung den Sprung in das Berufsleben erleichtern: Dieses Ziel verfolgte das Projekt „Integration inklusive“.

Für behinderte Jugendliche gibt es zahlreiche Möglichkeiten, einen Beruf zu erlernen. Die Berufsbildungswerke (BBW) bieten eine breite Palette von Ausbildungsberufen an, die mit IHK- oder Handwerkskammer-Zeugnis abschließen. Das Problem dabei: Vielen gelingt trotz abgeschlossener Berufsausbildung nicht der Sprung in eine reguläre Beschäftigung. Mit dem Modellprojekt „Integration inklusive“, das vom Bundesarbeitsministerium und von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Berufsbildungswerke (BAG BBW) initiiert wurde und das Ende März läuft, sollten neue Wege gefunden werden, um dies zu ändern. Projektpartner in der Region Nürnberg sind die IHK Nürnberg für Mittelfranken und das Berufsbildungswerk Wichernhaus Rummelsberg.

Deutschlandweit wurden rund 320 Teilnehmer im Zuge von „Integration inklusive“ betreut, in Mittelfranken nahmen 65 Absolventen einer Berufsausbildung im BBW Rummelsberg teil. Darunter waren Bürokräfte, Industriefachhelfer, Technische Zeichner, Zerspanungsmechaniker, Werkzeugmechaniker und Industriemechaniker. Immerhin 24 von ihnen konnten im Zuge des eineinhalbjährigen Projektes in eine sozialversicherungspflichtige Arbeitsstelle vermittelt werden, von denen jedoch zwei ihre Arbeit inzwischen wieder verloren haben. Für neun weitere wurden andere Lösungen gefunden (z.B. Umschulung, Tätigkeit in einer Werkstatt für Behinderte). Acht brachen ihre Teilnahme an dem Projekt wegen Krankheit, mangelnder Motivation oder anderen Gründen ab. Bei etwa 20 Teilnehmern musste nach intensiver Begleitung eingestanden werden, dass sie aufgrund des Grades ihrer Behinderung oder psychologischer Faktoren kaum auf dem regulären Arbeitsmarkt vermittelbar sind.

Regine Wulf von der IHK und Iris Thieme vom BBW Wichernhaus Rummelsberg, die das Projekt in der Region Nürnberg koordiniert haben, zogen zum Abschluss dennoch eine positive Bilanz. Man sei mit vielen Unternehmern und Personalleitern ins Gespräch gekommen, um für die Belange behinderter Menschen zu werben und um Möglichkeiten für deren Beschäftigung aufzuzeigen. Dabei habe man eine Reihe von Unternehmen, z.B. auch aus der Zeitarbeitsbranche, als aufgeschlossene Partner gewinnen können. Zahlreiche Teilnehmer hätten bei betrieblichen Praktika positive Erfahrungen gesammelt.

„Es wurde immer wieder deutlich, dass die fachliche Qualifikation bei der Einstellung eine untergeordnete Rolle spielt“, so Regine Wulf. Wichtig sei, dass der junge Mensch gut ins Team passt, dass die sozialen Kompetenzen gut ausgeprägt sind und dass die Kolleginnen und Kollegen das Handicap des neuen Mitarbeiters akzeptieren und mittragen.

Das bestätigt auch Karin Kiener, Geschäftsführerin der K. Kiener PlanungsGruppe in Roßtal. Sie hat Alexandra Ott eine Chance als Bürokraft gegeben. Ausschlaggebend für diese Entscheidung sei gewesen, dass sie sehr engagiert und hoch motiviert sei, obwohl sie auf den Rollstuhl angewiesen ist, so Kiener. Alexandra Ott habe sich sehr gut in das Team eingefügt. Arbeitsfeld und Arbeitsumgebung, aber auch der Arbeitsweg seien optimal. Deshalb sieht Karin Kiener bei ihrer neuen Mitarbeiterin noch viel Potenzial.

Engagement und Teamgeist

Ein anderes positives Beispiel, wie die Integration in das Arbeitsleben funktionieren kann, ist der gelernte Bürokaufmann Sebastian Jaumann, der Dialysepatient ist und beim Nürnberger Architekturbüro Kappler unterkam. Die Mitarbeiter des Fachdienstes Integration aus Rummelsberg hatten im Vorfeld intensiv mit Geschäftsführer Dr. Dietrich Kappler gesprochen und die Räumlichkeiten auf Barrierefreiheit untersucht. Der Fachdienst übernahm die Verhandlungen und die Antragsstellung der Fördergelder bei der Agentur für Arbeit.

Ein weiterer Kaufmann für Bürokommunikation, der an Rheuma erkrankt ist, konnte nach dreijähriger Arbeitslosigkeit durch „Integration inklusive“ in ein Call-Center vermittelt werden. Er arbeitet dort mit etwas reduzierter Stundenzahl, sodass er seine regelmäßigen Termine für die Krankengymnastik wahrnehmen kann.

Dass auch behinderte Menschen Bereitschaft zur Mobilität zeigen, beweist ein ausgebildeter Industriefachhelfer. Er kam über „Integration inklusive“ zur Firma Iproof in Dießen am Ammersee, wo er nun mit leicht reduzierter Stundenzahl arbeitet. Der Geschäftsführer war so angetan von dessen Einsatz, dass er mittlerweile einen zweiten Mitarbeiter mit Behinderung eingestellt hat.

„Man braucht vielleicht Mut und Zuversicht, man muss unter Umständen eine individuelle Lösung für den Arbeitsplatz oder die Arbeitszeiten zulassen und vielleicht bedarf es einiger Überzeugungsarbeit bei den Kolleginnen und Kollegen, um einen Menschen mit Behinderung einzustellen“, so Regine Wulf von der IHK. Der Gewinn eines loyalen Mitarbeiters und der Gewinn an mehr Rücksichtnahme und Teamgeist könne aber eine echte Entlohnung für diese Mühen sein. „Seien Sie auch mal mutig. Wir unterstützen Sie gern bei der Suche nach einem passenden Mitarbeiter und den Anträgen für Zuschüsse“, ergänzt Iris Thieme vom BBW Wichernhaus Rummelsberg.

Externer Kontakt: Iris Thieme, BBW, Tel. 09128 50-38 06, iris.thieme@bbw-rummelsberg.net
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2011, Seite 30

 
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