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Digitaler Tacho

Auf der sicheren Seite

Die digitale Technik erleichtert es den Transportunternehmen, die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten. In der Entwicklung sind neue innovative Anwendungen des Gerätes. Von Herbert Werthner

Die Einführung des digitalen Tachographen im Mai 2006 brachte wesentliche Veränderungen für das Transportgewerbe mit sich. Die Lenk- und Ruhezeiten werden minutengenau aufgezeichnet, die Daten können digital archiviert und ausgewertet werden. Der digitale Tacho hilft dabei, die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten, gleichzeitig hat er sich in der betrieblichen Praxis bewährt. Die archivierten Daten machen jeden Verstoß gegen Rechtsvorschriften sofort sichtbar, und zwar sowohl für die Unternehmer als auch für die Kontrollbehörden.

Problematisch für Fahrer und Unternehmer war bisher die Vorschrift, dass auch sehr kurze Fahrzeugbewegungen ab einer Zeitspanne von fünf Sekunden bereits dazu führten, dass eine Lenkzeit von einer Minute aufgezeichnet wurde. Dies hatte hinsichtlich der gesetzlich vorgegebenen Lenkpausen oft weitreichende negative Konsequenzen, da z.B. schon ein kurzes Aufrücken des Lkw in der Warteschlange als Abbruch der Pause gewertet wurde.

Unternehmensfreundliche Lösung

Mit der sogenannten „Ein-Minuten-Regel“ hat Brüssel bei der jüngsten Überarbeitung der Tachographen-Verordnung (EU1266/2009) jetzt eine praxisgerechte und unternehmensfreundliche Abhilfe geschaffen. Maßgeblich für die Aufzeichnung einer Aktivität ist nun die jeweils längste Einzeltätigkeit innerhalb einer Kalenderminute. Was auf den ersten Blick als marginale Veränderung erscheint, erweist sich im täglichen Fahrbetrieb als sehr wirksam. So ergibt sich je nach individuellem Fahrprofil ein Vorteil von bis zu 60 Minuten an registrierter Lenkzeit im Vergleich zur bisherigen Berechnungsmethode. Eine wertvolle Verbesserung, gerade unter dem Gesichtspunkt, dass verfügbare Lenkzeit eine knappe Ressource ist und Verstöße mit empfindlichen Geldbußen geahndet werden.

Als weiteres Ärgernis hatte sich seit der Einführung der digitalen Tachographen die Handhabung des manuellen Nachtrags erwiesen. Fehlbedienungen durch das Fahrpersonal führten häufig zu Beanstandungen der Kontrollbehörden. Hier wurde eine wesentliche Vereinfachung eingeführt, die das Fahrpersonal bei der gesetzeskonformen Eingabe der notwendigen Information unterstützt. Der Fahrer kann seine Eintragung jetzt in Ortszeit vornehmen und muss nicht mehr die UTC-Zeit (Universal Time Coordinated / koordinierte Weltzeit) beachten. Ferner wurde die Menüführung von 40 auf sechs Schritte reduziert.

Seit Oktober 2011 schreibt die EU bei Neufahrzeugen den Einsatz der neuen Tachographen vor, dies ist ein Vorteil für Fuhrparks mit sehr jungem Fahrzeugbestand. Viele Unternehmer haben inzwischen die betriebswirtschaftlichen Vorteile der neuen Geräte erkannt und auch ältere Fahrzeuge auf die neue Technik umgerüstet. Wenn komplette Flotten mit den neuen Tachographen ausgestattet sind, können die Daten per Funk vollautomatisiert heruntergeladen werden. Das manuelle, zeitintensive Auslesen der Massenspeicherdaten im Fahrzeug entfällt und der Verantwortliche für den Fuhrpark wird jederzeit seiner gesetzlichen Archivierungsverpflichtung gerecht. Die führenden Gerätehersteller bieten inzwischen attraktive Umrüstpakete für den Fahrzeugbestand an. Beispielweise kann ein solcher Austausch im Zuge der regelmäßigen Überprüfung der Fahrtenschreiberanlage kostengünstig erfolgen.

Brüssel arbeitet derweil an der weiteren Optimierung des Tachographen, der EU-Fahrplan für die Zukunft des digitalen Tachographen beinhaltet bereits konkrete Ziele. So hat die Kommission im letzten Jahr eine Mitteilung über den „intelligenten Fahrtenschreiber“ veröffentlicht, die zwei wesentliche Ziele verfolgt: Zum einen sollen die systembedingten Kosten für Unternehmen und Behörden gesenkt werden, zum anderen soll das Gesamtsystem besser gegen Manipulationen gesichert werden.

Szenarien für die Zukunft

Künftig könnte die Fahrerkartenfunktion in den Führerschein des Berufskraftfahrers integriert werden. Diese Zusammenfassung auf einem Medium würde Verwaltungskosten reduzieren und die Handhabung für alle Beteiligten vereinfachen. Nicht unumstritten ist das Vorhaben, es den Kontrollbehörden zu ermöglichen, Daten aus dem EU-Kontrollgerät während der Fahrt mittels „Fernkommunikation“ abzurufen. Ähnlich dem Verfahren bei der Lkw-Maut würden dann nur noch Fahrzeuge mit registrierten Verstößen einer Einzelkontrolle unterzogen werden. Hier stehen datenschutzrechtliche Bedenken im Mittelpunkt der kontroversen Diskussion. Zusätzlich soll der Fahrtenschreiber der Zukunft an ein Satellitennavigationssystem angeschlossen werden und über eine Schnittstelle Informationen mit intelligenten Verkehrssystemen austauschen können.

Die Einführung dieser Zukunftstechnologie plant die EU-Kommission ab 2017. Es wird allerdings einige Jahre dauern, bis alle Neuerungen auf den gesamten Fahrzeugbestand in Europa übertragen sind. Der Zeitplan für diesen Migrationsprozess reicht bis in die übernächste Dekade. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für diese Veränderungen müssen auf europäischer und nationaler Ebene erst noch geschaffen werden.

Autor/in: Herbert Werthner,ist Geschäftsführer der ght GmbH – Elektronik im Verkehr, Nürnberg (www.ght.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2012, Seite 42

 
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