Telefon: +49 911 1335-1335

Telefonwerbung

Nur mit Einwilligung

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb erlaubt Telefonwerbung nur in engen Grenzen. Entscheidend ist, dass die Adressaten ihr Einverständnis zu dieser Werbeform erteilt haben. Von Dr. Wolfgang Nippe; Illustration: Anton Atzenhofer

Telefonwerbung zur Anpreisung von Waren und Dienstleistungen ist eine weit verbreitete Werbeform. Sie ist zu einem Massengeschäft geworden, weil sie weniger aufwändig und kostengünstiger ist als die Versendung von Werbematerial per Post oder das persönliche Aufsuchen potenzieller Kunden. Bevor solche Telefon-Aktionen von den Marketing-Abteilungen geplant werden (siehe WiM 10/2013, Seiten 46/47), sollte man sich jedoch ausführlich mit den rechtlichen Einschränkungen befassen.

Denn nicht selten fühlen sich die Empfänger belästigt, weil ihnen zu Werbezwecken ein Gespräch aufgedrängt wird. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb erlaubt Telefonwerbung deshalb nur, wenn der Adressat zuvor dem werbenden Unternehmen sein Einverständnis zu dieser Werbeform erteilt hat (§ 7 UWG). Ohne vorheriges Einverständnis ist die Telefonwerbung unzulässig und wettbewerbswidrig. Auch durch eine nachträgliche Billigung oder Genehmigung des Angesprochenen rechtfertigt sie nicht. Für den werbenden Unternehmer stellt sich daher die Frage, wie er an eine wirksame Einwilligung gelangen kann.

Anforderungen an die Einwilligung

An die Wirksamkeit einer Einwilligung stellt das Gesetz strenge Anforderungen. Erforderlich ist eine Willensbekundung des Verbrauchers, die ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt. Der Verbraucher muss wissen, dass seine Erklärung ein Einverständnis darstellt und worauf sie sich bezieht. Ihm muss klar vor Augen geführt werden, welche Waren und Dienstleistungen die Einwilligung umfasst und auf welche Unternehmen sie sich bezieht.

Die vorhandenen Möglichkeiten, eine Einwilligung zu erhalten, mögen aus Sicht der Wirtschaft teilweise lebensfremd anmuten. Der Unternehmer kann den potenziellen Kunden auf dem Postweg anschreiben und dem Brief einen Vordruck mit einer Einwilligungserklärung beilegen, der unterschrieben zurückgeschickt werden soll. Auch in einem persönlichen Gespräch kann der Umworbene dazu bewegt werden, eine derartige Einwilligungserklärung zu unterzeichnen.

Eine wirksame Einwilligung kann aber auch auf erleichtertem Wege erteilt werden. Das Ankreuzen einer vom Unternehmer vorformulierten Erklärung, z.B. im Rahmen der Teilnahme an einem Gewinnspiel, ist grundsätzlich möglich. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Einwilligung auf diesem Wege ist zum einen, dass der Inhalt des vorformulierten Textes klar und eindeutig erkennen lässt, für welche Waren und Dienstleistungen die Einwilligung gelten soll und zu Gunsten welcher Unternehmen sie abgegeben wird. Zum anderen muss die Erklärung in einem gesonderten Text oder Textabschnitt enthalten sein, der keine anderen Inhalte enthält. Die Darstellung muss sich außerdem vom übrigen Text abheben.

Auch einer Einwilligungserklärung im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ist die Wirksamkeit nicht von vornherein abzusprechen. Das Transparenzgebot stellt dabei jedoch deutliche Anforderungen an die Formulierung. Der Bundesgerichtshof erklärte deshalb folgende Klausel für unwirksam: „Ich bin einverstanden, dass mich Firma X auch telefonisch zu seinen Produkten und Dienstleistungen sowie weiteren Angeboten, die im Zusammenhang mit Energie (Strom, Gas) stehen, informieren und beraten kann.“

Für den Kunden sei nämlich nicht hinreichend klar, für welche Angebote die Werbeanrufe erfolgen dürften. Der Kunde müsse erkennen können, auf welche Werbeinhalte sich die Einwilligung beziehe und wer zur Werbung ermächtigt werde.

Double-Opt-In-Verfahren

Für Werbeaktionen per E-Mail hat sich das sogenannte Double-Opt-In-Verfahren etabliert (zweistufiges Verfahren: potenzieller Kunde gibt seine Mail-Adresse in ein Anmeldeformular auf der Unternehmens-Homepage ein, erhält dann eine Bestätigungs-Mail, die er abschließend erneut anklicken muss). Durch eine derartige Einwilligung des Kunden in eine E-Mail-Werbung erlangt der Unternehmer keine wirksame Einwilligung in Telefonwerbung. Denn der Unternehmer kann nicht darauf vertrauen, dass die Telefonnummer, die z.B. im Rahmen einer Online-Anmeldung zu einem Gewinnspiel angegeben wurde, tatsächlich diejenige des Absenders ist.

Fälle ohne wirksame Einwilligung

Wenn der angerufene Verbraucher seine Telefonnummer in Telefonverzeichnissen veröffentlicht oder vorherige Werbeanrufe unbeanstandet gelassen hat, kann der Unternehmer daraus nicht folgern, dass dadurch eine Telefonwerbung zulässig ist. Da eine wirksame Einwilligung nur dann vorliegt, wenn der Verbraucher weiß, welche Unternehmen ihn zu Werbezwecken anrufen können, sind gekaufte Adressen mit Telefon- und Telefaxnummern sowie E-Mail-Adressen im Regelfall wertlos.

Telefonwerbung gegenüber Unternehmen

Einen Sonderfall stellt die Telefonwerbung gegenüber Unternehmen dar: Sie ist auch bei einem vermuteten Einverständnis bzw. einer mutmaßlichen Einwilligung zulässig. Der Anlegung eines großzügigen Maßstabs in dieser Frage erteilt der Bundesgerichtshof jedoch eine Absage, wenn er formuliert: „Macht eine Vielzahl von werbenden Unternehmen in einer bestimmten Branche von wettbewerbswidriger Telefonwerbung Gebrauch, so besagt dieser Umstand nichts darüber, ob der Durchschnittsmarktteilnehmer mit dieser Werbemethode einverstanden ist. Das Gegenteil dürfte vielmehr anzunehmen sein.“ Eine mutmaßliche Einwilligung setzt vielmehr voraus, dass aufgrund konkreter tatsächlicher Umstände ein sachliches Interesse des Anzurufenden an der Telefonwerbung vermutet werden kann.

Gerechtfertigt ist die Telefonwerbung deshalb nur dann, wenn der Werbetreibende aufgrund der konkreten Umstände annehmen darf, dass der Anzurufende einen solchen Werbeanruf erwartet oder ihm grundsätzlich positiv gegenüber stehen dürfte. Davon ist auszugehen, wenn zwischen dem Anrufer und dem Angerufenen bereits eine Geschäftsbeziehung tatsächlich besteht und durch den Werbeanruf nicht erst angebahnt werden soll.

Nicht ausreichend ist, dass die anzubietenden Waren oder Dienstleistungen einen allgemeinen Bezug zum Geschäftsbetrieb des Angerufenen haben. Ein Papierwarenhändler kann also nicht deshalb von einer mutmaßlichen Einwilligung ausgehen, weil das anzurufende Unternehmen für seine Tätigkeit auch Papier benötigt.

Dokumentation der Einwilligung

Im Streitfall muss der anrufende Unternehmer beweisen können, dass der Verbraucher eine wirksame Einwilligung zur Telefonwerbung für die beworbenen Produkte erteilt hat. Die allgemeine Einlassung, Werbeanrufe würden allgemein nicht unverlangt durchgeführt, reicht nicht aus. Der Unternehmer muss die konkrete Einverständniserklärung jedes einzelnen Verbrauchers vollständig dokumentieren.

Im Fall elektronisch übermittelter Einverständniserklärungen sind diese mit der Möglichkeit zu speichern, sie jederzeit auszudrucken. Auch ein Call-Center sollte sich vor Ausführung der Werbeanrufe von seinem Auftraggeber die entsprechenden Einwilligungserklärungen der anzurufenden Personen vorlegen lassen, um sich nicht selbst dem Vorwurf des Betreibens belästigender Telefonwerbung auszusetzen.

Sanktionen

Wer unzulässige Telefonanrufe zu Werbezwecken durchführt, muss mit zivilrechtlichen Sanktionen in Form von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen rechnen. Nicht nur die angerufenen Verbraucher und Unternehmen können diese Rechte geltend machen, sondern auch Mitbewerber des Anrufers sowie Wirtschafts- und Verbraucherschutzorganisationen. Die belästigende Telefonwerbung stellt darüber hinaus eine Ordnungswidrigkeit dar, die die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen mit einer Geldbuße von bis zu 300 000 Euro belegen kann.     n

Autor/in: 

Dr. Wolfgang Nippe

,
 ist Rechtsanwalt bei der Wettbewerbszentrale in Berlin. Die Wettbewerbszentrale ist eine unabhängige Institution der deutschen Wirtschaft und die größte Selbstkontrollinstitution für fairen Wettbewerb. Die gemeinnützige Organisation wird von mehr als 1 200 Unternehmen und über 800 Kammern und Verbänden der Wirtschaft getragen (www.wettbewerbszentrale.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2013, Seite 26

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick