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Wandern in Franken

Der Kultur auf der Spur

Wanderer mit Interesse an Kultur und Geschichte haben die Wahl zwischen zahlreichen themenbezogenen Routen.

In Franken locken nicht nur Natur- und Landschaftswanderwege, sondern auch spezielle Themenwege zu bekannten Literaten wie Jean Paul und Friedrich Rückert oder seit Kurzem zum großen Reformator Martin Luther. Mit Blick auf das 500-jährige Reformationsjubiläum im Jahr 2017 wurde bereits vor zwei Jahren der Lutherweg eingeweiht, der durch Bayern, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen führt. Historisch verbürgt ist, dass Luther im Jahr 1530 vom thüringischen Sonneberg nach Coburg reiste und ein halbes Jahr auf der Coburger Veste verbrachte. Dort ist seine Arbeit an den Propheten Jeremia und Ezechiel, die Übersetzung der „Zwölf kleinen Propheten“ und der sogenannten Coburger Psalter (Psalmen 1-25) belegt, aber auch Flugschriften und 120 erhaltene Briefe. Auch bei den beiden Reisen 1518 nach Heidelberg und Augsburg nahm er diesen Weg über Neustadt und Coburg. Der aus Thüringen kommende Lutherweg durchzieht das Coburger Land auf einer Strecke von 96 Kilometern und verbindet Städte der Reformation wie Neustadt b. Coburg, Coburg und Bad Rodach.

Anders als der weitgereiste Luther verbrachte Jean Paul sein Leben bis auf wenige Reisen in Oberfranken. Der 180 Kilometer lange Jean-Paul-Weg, der durch die vier oberfränkischen Landkreise Wunsiedel, Hof, Bayreuth und Kulmbach führt, beginnt in Joditz, Gemeinde Köditz, führt durch 22 Städte und Gemeinden und endet in der Gemeinde Wonsees im Schloss Sanspareil. Der Weg, für den zehn Tagesetappen vorgeschlagen werden, informiert mit Aphorismen-Tafeln, Rundwegen, Stadtspaziergängen und Sonderstationen umfassend über Leben und Werk dieses Dichters, der mit bürgerlichem Namen Johann Paul Friedrich Richter hieß.

Jean Paul war oftmals Gast in der Renaissance-Schlossanlage von Christian Truchseß von Wetzhausen im oberen Haßgau. Der Besitzer rief bedeutende Dichter, Künstler und Wissenschaftler zur „Bettenburger Tafelrunde“ zusammen und begründete so den Ruf des Ortes als „Weimar der Haßberge“. Dort traf Jean Paul auch mit dem romantischen Dichter und Orientalisten Friedrich Rückert zusammen, dem wiederum der 143 Kilometer lange Friedrich-Rückert-Wanderweg gewidmet ist. Dieser geht von seiner Geburtsstadt Schweinfurt unter anderem über Seßlach bei Coburg, wo er als Student seine ersten literarischen Gehversuche machte, bis nach Neuses bei Coburg, wo er starb. Herzstück ist die fast unberührte Mittelgebirgslandschaft der Haßberge, wo Franken an Thüringen grenzt.

Ein weitgehend unbekannter Wanderweg führt entlang der Spuren Victor von Scheffels, der 1826 in Karlsruhe geboren wurde und den es später in die Fränkische Schweiz zog. Dem im 19. Jahrhundert viel gelesenen Schriftsteller mit zeittypischem teutonischen Nationalgefühl ist u.a. das „Lied der Franken“ („Wohlauf, die Luft geht frisch und rein,…“) zu verdanken. Mit sechs Tageswanderungen zwischen 15 und 25 Kilometern lässt sich jeweils ausgehend von Ebermannstadt die Fränkische Schweiz erkunden. Vorgeschlagen ist etwa die Anreise mit dem Bus von Ebermannstadt nach Gößweinstein, wo sich das Scheffel-Denkmal des Fränkische Schweiz Vereins und im Scheffel-Gasthof ein Erinnerungszimmer an den Dichter finden. An den markanten Punkten hat der Verein Verstafeln mit den betreffenden Strophen aus dem „Exodus Cantorum“ von Scheffel aufgestellt.

Der Erlanger Reisebuchverlag Michael Müller und die VHS Forchheim sind Initiatoren eines Weges, mit dem man auf den Spuren des Gräfenberger Minnesängers Wirnt von Gräfenberg wandelt. Der einstige Ritter soll in der Zeit der Romantik mit Wigalois einen mittlerweile vergessenen Bestseller geschrieben haben. Die geführte Wanderung von Kasberg ins neun Kilometer entfernte Gräfenberg wird vom Gräfenberger Autor Manfred Schwab begleitet, der an der Aufbereitung der mittelalterlichen Literatur maßgeblich beteiligt war und so dem Epos zu neuer Bekanntheit verhalf.

Es finden sich noch zahlreiche weitere kleine Touren, wie etwa der Fränkische Bibelweg, ein Besinnungsweg, der über ca. neun Kilometer von Untermerzbach nach Seßlach führt. Oder der Pilgerweg nach Vierzehnheiligen, der seit dem 15. Jahrhundert die Wallfahrer aus dem Norden über Sesslach und Rodach oder aus dem Westen durch das Tal der Itz über Untermerzbach zu der berühmten Basilika lenkt. Coburg erinnert mit dem Amtsbotenweg an die Zeit, als dem Herzogtum Coburg-Sachsen-Gotha in den Jahren 1826 bis 1920 die Amtsstadt Königsberg angehörte. Damals musste der Amtsbote wichtige Botschaften mindestens zweimal pro Woche zustellen und zu Fuß die rund 50 Kilometer lange Strecke bewältigen. Die Stadt Arzberg nimmt den Aufenthalt des Universalgelehrten Alexander von Humboldt zum Anlass, einen vier Kilometer langen Alexander von Humboldt-Rundweg zu den historischen und kulturellen Stätten der Stadt, insbesondere zu den Zeugen des ehemaligen Bergbaus und der Eisen- und Stahlverarbeitung, anzubieten.

Zu den neuen Wanderzielen, die der Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) in diesem Jahr neu vorgestellt hat, gehört die 16 Kilometer lange Wanderung „Auf Wallensteins Spuren“. Sie
beginnt mit einer Wanderung vom S-Bahn-Halt Unterasbach zur Alten Veste und weiter zum Bahnhof Burgfarrnbach. Insgesamt enthält das diesjährige VGN-Paket u.a. 16 Tipps für Wanderer und drei praktische Ringbücher mit Fahrradtouren.

Autor/in: 
Thomas Tjiang
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2014, Seite 44

 
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