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US-Exportkontrolle

Unsicheres Terrain

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Die Anti-Terror-Gesetze der USA betreffen auch Unternehmen, die keine Standorte in den USA haben.

Die USA vertreten eine exterritoriale Rechtsauffassung, sodass der Export von Waren und Dienstleistungen aus Deutschland – zusätzlich zum deutschen oder europäischen Ausfuhrrecht – auch der Kontrolle von US-Behörden unterliegen kann. Das kann auch dann der Fall sein, wenn auf den ersten Blick keine Kontakte mit den USA bestehen. Diese Besonderheit des US-Rechtes ist durch zwei aktuelle Gerichtsurteile ins Bewusstsein gerückt worden. So befand ein New Yorker Bezirksgericht im September die jordanische Arab Bank für schuldig, bei der Finanzierung von Selbstmordattentätern der Hamas geholfen zu haben. Grundlage ist der „Anti-Terrorism Act“ aus dem Jahre 1990, der es auch Opfern von Anschlägen außerhalb der Vereinigten Staaten gestattet, vor US-Gerichten Klage zu erheben. Dieses Urteil gilt als das erste, bei dem sich eine Bank auf Grundlage dieses Gesetzes verantworten musste. Die Entscheidung machte auch erstmals eine Bank für Rechtsverletzungen ihrer Kunden verantwortlich, obwohl sich das Kreditinstitut selbst an Bankregeln gehalten hat. Ein weiterer Prozess zur Höhe des Schadensersatzes für die klagenden Opfer und deren Angehörige steht noch aus.

Beim zweiten Urteil akzeptierte die französische Bank BNP Paribas eine Rekordstrafe von 8,9 Mrd. Dollar. Wie das US-Justizministerium mitteilte, habe die Bank durch Transaktionen in Dollar-Währung das US-Finanzsystem genutzt, um Personen und Institutionen zu unterstützen, die mit den US-sanktionierten Staaten Sudan, Iran und Kuba Kontakt haben. Neben weiteren Strafen darf BNP ein Jahr lang nicht in US-Dollar verrechnen.

„Das US-amerikanische Recht ist bei Geschäften oft dabei, ohne dass man es bemerkt“, erläutert Rainulf Pichner, Experte für Zoll- und Außenwirtschaftsrecht der IHK Nürnberg für Mittelfranken. Selbst wenn ein Flugzeug ohne Zwischenlandung in den USA nur den US-Luftraum nutze, gelte der Transport „als Lieferung aus den USA“. Deshalb sei man auch als Unternehmen ohne direktes US-Geschäft nicht vor US-Klagen gefeit.

Das US-Exportkontrollrecht enthält auch Regelungen für Ausfuhren aus Drittländern wie z.B. aus Deutschland. Die US-Ausfuhrbestimmungen („Export Administration Regulations“ – EAR) gelten sowohl im zivilen Bereich als auch für Dual-use-Güter (Güter wie beispielsweise die Steuerungstechnik für ein Kraftwerk, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können). Die Liste der Kriterien, bei denen es sich aus amerikanischer Sicht um einen sogenannten Re-Export von US-Gütern handelt, ist lang. Germany Trade and Invest (GTAI), die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland für Außenwirtschaft und Standortmarketing, nennt Regelfälle: Betroffen sind beispielsweise Güter, die über die USA befördert werden. Eine Genehmigung der US-Behörden kann auch bei in Deutschland hergestellten Gütern mit US-Anteil notwendig sein. Hier gilt eine Mindestschwelle von 25 Prozent an US-amerikanischen Vorprodukten. Die Genehmigungspflicht sinkt auf eine Zehn-Prozent-Schwelle, wenn in sogenannte terroristenunterstützende Staaten geliefert wird.

Zuständige US-Behörde

Für die Genehmigung ist in diesen Fällen das Bureau of Industry and Security (BIS) in Washington DC zuständig, das dem US-Handelsministerium zugeordnet ist. Knifflig wird es beispielsweise bei deutscher Software, die mit US-Software „gebündelt“ („bundled“) oder durch lizensierte US-Software-Patente programmiert wurde. Pichner sieht hier erhebliche Schwierigkeiten, den amerikanischen Ursprungsanteil exakt zu klären.

Den exportierenden Unternehmen in Deutschland rät das GTAI zu einem vierstufigen Prozess: Erstens Klassifizierung des (re-)exportierten Gutes, zweitens Klärung des Empfängerlandes, drittens Klärung der Empfängerinstitution oder -person und viertens Prüfung des Einsatzfeldes des Produkts oder der Dienstleistung.

Für die Klassifizierung gilt die US-Güterkontrollliste („Commerce Control List“ – CCL) mit einer „Export Control Classification Number“ (ECCN). Die ECCN entspricht weitgehend der deutschen bzw. europäischen Ausfuhrlistennummer und ist in fünf Produktgruppen und zehn Kategorien gegliedert. Unterfällt ein Produkt den US-Ausfuhrbestimmungen (EAR) und ist es nicht gelistet, wird es mit EAR99 gekennzeichnet. „EAR99-Güter sind üblicherweise Verbrauchsgüter geringer Technologiehöhe, wie z.B. Kugelschreiber oder Büroklammern“, führt das GTAI aus. Besteht bei dem Empfängerland gemäß der Länderliste (Commerce Country Chart) ein Kontrollgrund, ist eine Lieferung grundsätzlich genehmigungspflichtig. Kontrollgründe sind neben Waffen- oder Nuklear-Aspekten auch die nationale Sicherheit, bei der außer Kanada jedes Empfängerland kontrollpflichtig ist.

Bei den Empfängern sind zusätzlich die Sanktionsregelungen des „Office of Foreign Assets Control“ (OFAC) zu beachten, wenn das Land einem US-Embargo unterliegt. Darüber hinaus ist u.a. zu überprüfen, ob an dem Export oder der Transaktion „Parteien“ beteiligt sind, die sich etwa auf der Denied Persons List (US-DPL) finden. Allein auf dieser Liste sind rund 500 Personen aufgeführt, denen durch das BIS befristet oder unbefristet die Exportprivilegien entzogen wurden. Die US-Behörde definiert in der „US-Entity List“ zusätzlich Personen und Unternehmen, die ein erhebliches Risiko für die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen oder Trägertechnologien darstellen. Zu beachten ist auch die „Specially Designated Nationals List“ mit Personen oder Unternehmen, gegen die Wirtschaftssanktionen verhängt wurden.

International agierende Konzerne haben vor diesem Hintergrund große Compliance-Abteilungen, die die Regeltreue auch der Re-Exporte im Blick haben. Zunehmend werden auch deren kleine und mittlere Zulieferer aufgefordert, spezielle Erklärungen abzugeben, stellt Pichner fest. Mittlerweile bekomme er pro Jahr rund 100 Anfragen zum Re-Exportrecht der USA.

„Der Arm des Oktopus wird immer länger“, konstatiert der US-Rechtsexperte Hans-Michael Kraus von Smith, Gambrell & Russell, der mit der Nürnberger Kanzlei Rödl & Partner zusammenarbeitet. Er sieht in den letzten Jahren eine „deutliche Sensibilisierung“ deutscher Mittelständler, denn die Zahl der Fälle, in denen sich US-Gerichte für Exportfälle selbst für zuständig erklären, habe deutlich zugenommen. So ermögliche der 2010 verschärfte „Foreign Account Tax Compliance Act“ (Facta) den US-Gerichten, alle in den USA Steuerpflichtigen besser zu kontrollieren. Letztlich könne zum Beispiel der „Chef einer Sparkasse vor ein US-Provinzgericht gezerrt werden“, wenn diese ein Konto für einen US-Bürger führt, auf dem es zu Unregelmäßigkeiten kommt.

Vorsicht auch in China geboten

Problematisch kann es laut Kraus auch werden, wenn deutsche Unternehmen in China ihre oftmals halbstaatlichen Geschäftspartner groß zum Essen einladen. Denn in der Praxis seien viele Mittelständler, die in China aktiv sind, auch in den USA präsent. Dann greife sowieso das US-Recht und damit der „Foreign Corrupt Practices Act“ (FCPA), der den Kreis der verbotenen Empfänger („Foreign Officals“) sehr weit definiert. Als solche gelten nicht nur Staatsbedienstete, sondern auch Privatpersonen oder Unternehmen, die im Auftrag des Staates handeln. In China seien Unternehmen häufig in irgendeiner Weise mit dem Staat verbunden, warnt Kraus.

Welchen Einfluss das derzeit zwischen der EU und den USA verhandelte Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) auf die unterschiedlichen Rechtsbegriffe haben wird, ist für die Außenwirtschaftsexperten Kraus und Pichner derzeit noch nicht absehbar. Auf jeden Fall sehen sie auf die Wirtschaft einen höheren Kontrollaufwand zukommen, der Beratungsbedarf werde größer werden.

Autor/in: 

tt.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2014, Seite 36

 
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