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Taxi-Branche

Uber-holt?

Taxi Personenverkehr © Andreas Rodriguez - Thinkstock.com

Vermittlungs-Portale wie Uber sorgen für Turbulenzen in der Taxi-Branche. Wie sieht die Zukunft des traditionsreichen Gewerbes aus?

Wer seinen Mitarbeiter von Nürnberg zu einem Geschäftstreffen ins Münchner Hofbräuhaus schickt, könnte versucht sein, dessen Reisekosten zu reduzieren. Denn aus den zahllosen Preisvergleichen und Modellrechnungen zwischen Taxis und der US-Vermittlungsplattform Uber geht hervor, dass bei der jungen Taxi-Konkurrenz nur rund die Hälfte zu bezahlen ist. Was die Taxi-Branche entsetzt und bundesweit zu Klagen gegen die Vermittlungs-App geführt hat, begeistert Fans der sogenannten „Share Economy“, die ihren Ursprung im kalifornischen Silicon Valley hat.

Als Share Economy, manchmal auch als „Plattform-Kapitalismus“, bezeichnen Experten die Webportale oder Smartphone-Apps, bei denen oftmals Privatleute über das Netz anderen Nutzern Waren oder Dienstleistungen gegen Geld anbieten. Eines der erfolgreichsten Portale ist Airbnb.com, über das man anstatt eines Hotelzimmers weltweit Zimmer oder Wohnungen von privat mieten kann. Nach diesem Prinzip arbeitet auch Uber, das laut Homepage „durch seine Apps Fahrer und Fahrgäste verbindet, die Verkehrsinfrastruktur in Städten verbessert, das Angebot für alle erweitert und Fahrern neue Geschäftsmodelle eröffnet“. Weiter wird klargestellt, dass Uber lediglich Vermittler ist und selbst „keine Personenbeförderung“ durchführt. Deshalb komme der Vertrag über die Personenbeförderung ausschließlich mit dem jeweiligen Fahrer und nicht mit Uber zustande.

Verantwortliche für den Personenverkehr bei der IHK Nürnberg für Mittelfranken sprechen von einer Entprofessionalisierung der Fahrdienstleistungen, die momentan zu einem weitgehend rechtsfreien Raum und zu unfairem Wettbewerb führe. Denn Privatleute könnte viele Vorschriften umgehen, die für das Taxigewerbe verpflichtend seien: Wer Fahrten über das Uber-Portal anbiete, brauche kein Taxameter, keinen Fachkundenachweis und keinen Beförderungsschein. Zudem gilt für seinen Wagen kein verschärfter Turnus für die Hauptuntersuchungen. Außerdem ist die Zahl der Taxis in den einzelnen Städten und Gemeinden kontingentiert. Bei einer Reihe von Aspekten bestehen rechtliche Grauzonen: Reicht eine private Versicherungspolice für Uber-Fahrer aus, um mögliche Sach- und Personenschäden abzudecken? Gibt es eine Obergrenze, was Häufigkeit oder Länge einer Fahrstrecke angeht, wenn man Fahrgäste gegen Geld mitnimmt? Wie steht das Finanzamt dazu, wenn Privatleute Geld am Fiskus vorbei einnehmen?

Auf einer Liste von Uber, auf der die Aktivitäten in 54 Ländern weltweit aufgeführt sind, finden sich für Deutschland u.a. Berlin, wo derzeit ein Rechtsstreit anhängig ist, sowie Hamburg, Frankfurt und München, nicht aber Nürnberg. Naturgemäß kann Wolfgang Ziegler, Vorstand der Taxizentrale Nürnberg eG, dem Uber-Geschäftsmodell aber dennoch nichts abgewinnen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass zum Uber-Angebot nicht nur „UberPop“ für private Anbieter gehört, sondern auch „UberBlack“ für Mietwagenunternehmer sowie „UberTax“ für Taxiunternehmer, die auch Taxifahrern Geschäfte vermitteln. Aber auch bei dieser Uber-Sparte werden die Fahrten direkt zwischen Taxifahrer und Kunden vermittelt, damit entfallen der Umweg über die Taxi-Zentralen und deren Gebühr.

Aus demselben Grund sorgt auch die Hamburger App MyTaxi („Bestellen, bezahlen, bewerten.“) für Ärger in der Branche. Nicht zuletzt mehren sich auch die kritische Stimmen von Taxi-Fahrern, die mit Uber zusammenarbeiten und über zu geringe Verdienste klagen. Ziegler prognostiziert, dass seine Branche nicht die letzte sein wird, die von derartigen Geschäftsmodellen bedroht ist. Er verweist u.a. auf das Berliner Portal frents.de, das unter dem Motto „Leihen und Verleihen unter Freunden und Nachbarn“ Autos, DVDs, Werkzeuge, Spiele und vieles mehr unter die Leute bringen will. Ziegler fürchtet, dass nach diesem Prinzip auch das nachbarschaftliche Haareschneiden oder die Fußpflege wieder als Schwarzarbeit salonfähig wird.

Für Ziegler, dessen Nürnberger Genossenschaft über 300 Unternehmer mit fast 500 Taxis und 1 500 Beschäftigten vertritt, ist es fast wie ein Kampf von David gegen Goliath. Denn mit Investorengeldern von drei Mrd. Euro könne Uber teure Prozesse oder gerichtliche Strafen quasi aus der Portokasse bezahlen. Und für die IHK-Experten gibt es noch einen weiteren Aspekt für die Schieflage zwischen dem traditionellen Taxi-Gewerbe und den Online-Geschäftsmodellen: Der gesetzliche Mindestlohn, der am Jahresanfang in Kraft getreten ist, mache schon jetzt zahlreichen Taxi-Unternehmen Probleme, die die neuen Konkurrenten nicht haben. Die ersten spürbaren Folgen: In Teilen des Landkreises Roth werden von den Unternehmern aus wirtschaftlichen Gründen Überlegungen angestellt, das Nachtgeschäft aufgegeben, in Ansbach ist ein Taxi zu ganz später Stunde nur noch im Notdienst zu bekommen.

„Taxis sind auch Teil des Nahverkehrs“, hebt Ziegler mit Verweis auf eine Art Erste Hilfe für den ÖPNV-Anbieter VAG hervor. Im vergangenen Jahr habe die Tochtergesellschaft der Städtischen Werke Nürnberg im gesamten VAG-Bereich 1 035 Ersatzverkehre mit insgesamt 5 529 Taxis benötigt, um z.B. längere Streckenabschnitte bei einem Oberleitungsschaden oder bei Unfällen auf der Schiene zu überbrücken. Ziegler nennt auch die beiden Linienbedarfstaxis, zum einen die Linie 285 in Erlangen und zum anderen den NightLiner N59 mit insgesamt rund 1 600 Anforderungen im letzten Jahr. Eine weitere Form des Taxis-Rufs ist die Möglichkeit für die Fahrgäste von Bussen und Straßenbahnen, über den Fahrer und die Leitstelle ein Taxi zur Ausstiegshaltestelle zu bestellen. Für diese letzte Strecke nach Hause gab es im vergangenen Jahr insgesamt 202 Anforderungen.

Gerichtliche Auseinandersetzungen

Bundesweit wird vor den Gerichten über das Uber-Angebot gestritten. Zuletzt gab etwa das Landgericht Berlin der Klage eines Taxifahrers statt und untersagte dem beklagten Anbieter Uber, in Berlin die Smartphone-App UberBlack für Mietwagenfahrer und Mietwagenunternehmer einzusetzen, um Fahraufträge zu vermitteln. Gestritten wurde insbesondere über die Aufforderung Ubers an die Fahrer, sich zu Zeiten bestimmter Großveranstaltungen in deren Nähe aufzuhalten. Diese Praxis untersagte das Gericht in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil. In Hamburg bleibt nach einem aktuellen Urteil des Bundesverfassungsgerichts die App-Vermittlung von Fahrten über UberPop weiterhin verboten.

Für Wolfgang Ziegler geht es bei der ganzen Diskussion auch um Grundsätzliches: „Wie geht die EU-Politik damit um, dass US-Monopolkonzerne unser Leben bestimmen?“ Aber auch ein anderer Aspekt sei zu bedenken: Handelt es sich bei der Share-Economy um einen vorübergehenden Vorstoß, der am Ende genauso schnell wieder verschwindet, wie er gekommen ist? Oder sind diese App-Angebote Vorboten eines radikalen Strukturwandels durch einen bislang nicht vorstellbaren, digital geprägten „Plattform-Kapitalismus“.

Für die letztgenannten Annahme spricht, dass Uber nicht allein auf weiter Flur ist: Die Hamburger WunderCar wirbt mit einer kostenlosen Fahrt – per App könne man aber ein Trinkgeld in beliebiger Höhe geben. MyDriver, ein Unternehmen des Autoverleihers Sixt, bietet einen „professionellen Chauffeurservice auf Taxi-Preisniveau“, buchbar per Web, App oder Telefon. Das Angebot soll in Kürze europaweit ausgedehnt werden. Der Berliner Blacklane-Fahrservice positioniert sich nach eigenen Angaben ebenfalls als „hochwertige Alternative zum Taxi“ und ist bereits in 50 Ländern präsent. Uber & Co. sind aber nicht die einzigen Themen die Ziegler und seine Kollegen aus der Taxi-Branche umtreiben: Sie sorgen sich auch wegen der politischen Diskussion in Berlin, bei der es um eine generelle Aufweichung der Zugangsvoraussetzungen für Taxi-Betriebe geht.

Autor/in: 

(tt.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2015, Seite 36

 
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