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Iran

In den Startlöchern

Teheran © Fotolia - Borna Mirahmadian

Die iranische Hauptstadt Teheran mit dem 435 Meter hohen Fernsehturm.

Auch wenn es Hoffnung auf ein Ende der Sanktionen gibt: Für die Wirtschaftskontakte mit Iran gibt es weiter viele Beschränkungen.

Für exportorientierte Unternehmen ist die Einigung im jahrelangen Atomstreit mit dem Iran ein gutes Zeichen. Denn bisher gelten harte Sanktionen, weil massive Zweifel am friedlichen Charakter des iranischen Atomprogramms bestanden. Sie schränken den wirtschaftlichen Austausch mit dem Iran seit Jahren sehr stark ein. Mitte dieses Jahres haben sich nun die sogenannten E3+3-Staaten (China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland und die USA) und die Islamische Republik Iran mit der Wiener Vereinbarung auf einen Plan geeinigt, um den Streit über das iranische Nuklearprogramm beizulegen (Joint Comprehensive Plan of Action – JCPoA). Dieser ist mittlerweile auch als UN-Resolution 2231 völkerrechtlich verbindlich.

Unternehmer, die sich angesichts des riesigen Investitionsstaus (allein im Öl- und Gassektor ist von bis zu 200 Mrd. US-Dollar die Rede) Hoffnung auf schnelle und lukrative Geschäfte machen, müssen sich allerdings in Geduld üben. Bis die zahlreichen Vorhersagen von einem neuen märchenhaften Kapitel der Wirtschaftsbeziehungen tatsächlich Realität werden, ist es noch ein weiter Weg. Denn die Wiener Vereinbarung sieht ein mehrstufiges Verfahren vor, das sich bis in das Jahr 2023 (!) erstreckt. Erst dann sollen die letzten Sanktionen fallen, die sich auf Güter beziehen, die auch militärisch genutzt werden können. Wie Steffen Behm, Leiter des Referats Nordafrika und Naher Osten beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), bei einer Informationsveranstaltung der IHK Nürnberg für Mittelfranken erläuterte, sind auch Rückschläge durchaus möglich. Denn falls das Land mit seinen 77 Mio. Einwohnern gegen die Auflagen der Vereinbarung verstößt, können die Sanktionen wieder in Kraft treten.

Zunächst herrscht aber Zuversicht, denn nachdem das iranische Parlament dem Wiener Abkommen zugestimmt hatte, gab nun auch das geistliche Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Chamenei, grünes Licht für das Atomabkommen. Nun sind die Augen auf die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) gerichtet, die voraussichtlich im ersten Quartal 2016 bestätigen muss, ob der Iran auch wirklich zentrale Schritte zum Rückbau des Nuklearprogramms unternommen hat. Sollte dies tatsächlich der Fall sein, werden erste Sanktionen verbindlich aufgehoben („Implementation Day“), so Stephan Müller, Partner der Anwaltskanzlei Oppenhoff & Partner in Köln.

Diesen zeitlichen Ablauf sollten die Unternehmer im Hinterkopf haben, die an Geschäften mit dem Iran interessiert sind. Es ist noch zu früh, einfach in den Iran zu reisen, um frühere Geschäftskontakte wiederzubeleben oder neue Verträge abzuschließen. Denn derzeit können erst einmal nur vorbereitende Maßnahmen für eine mögliche Geschäftsanbahnung angegangen werden, wie Müller bei der Informationsveranstaltung hervorhob. Möglich sind aktuell beispielsweise Meetings allgemeiner Natur, um eine zukünftige Zusammenarbeit auszuloten oder vorzubereiten.

Verbindliche Abreden mit iranischen Kunden sind derzeit dagegen weiterhin nur im Rahmen des geltenden Embargos möglich. Für rechtlich äußerst problematisch hält es Müller deshalb, schon jetzt Verträge abzuschließen und diese mit Klauseln wie beispielsweise „gültig mit Wegfall der Sanktionen“ zu versehen. Auch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) rät dringend von einem solchen Vorgehen ab. Derzeit sei nicht nur die Ausfuhr der in den einschlägigen Anhängen genannten Güter verboten, sondern bereits auch deren Verkauf. Dieses Verkaufsverbot gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob bzw. wann die Ausfuhr vorgenommen werden soll, warnt das BAFA.

Dual-Use-Produkte

Selbst wenn Iran den Bedingungen des Wiener Abkommens nachkommt, wird der Export von Produkten, die sowohl zivil als auch militärisch nutzbar sind (Dual-Use-Produkte), auf absehbare Zeit streng reglementiert. Das betrifft insbesondere Hardware, Software und andere Technologien, für die die EU gemäß der Dual-Use-Verordnung eine Genehmigungspflicht vorsieht. Rechtsanwalt Stephan Müller ermahnt die Exporteure deshalb, eingehend zu prüfen, ob ihre Waren oder deren Bestandteile möglicherweise auch zu militärischen Zwecken eingesetzt werden können. So geriet ein mittelständischer Hersteller einer Fruchtsaft-Abfüllanlage in die Mühlen der Justiz, weil seine hochwertigen Ventile auch in Bereichen eingesetzt werden konnten, die von den Iran-Sanktionen betroffen sind.

Darüber hinaus erfasst die Genehmigungspflicht (Art. 4 Dual-Use VO) „alle anderen, nicht gelisteten Güter“. Damit soll der Produkt- und Wissenstransfer in den militärischen Bereich verhindert werden. Diese „Catch-All-Klausel“ hält Müller auch deshalb für dringlich, weil es im Iran viele teilstaatliche Unternehmen gibt, die sowohl zivile Produkte als auch Rüstungsgüter herstellen. Auch die deutsche Außenwirtschaftsverordnung untersagt die Ausfuhr von nicht-gelisteten Gütern, die ganz oder teilweise für die Errichtung, den Betrieb oder den Einbau in eine kerntechnische Anlage bestimmt sein könnten.

Die Risiken für Exportunternehmen, die mit Iran Geschäfte machen wollen, beginnen laut Müller nicht erst bei Vertragsabschlüssen und Exporten, sondern schon bei Geschäftskontakten. So könnte insbesondere die Übergabe von technischen Dokumentationen gegen Embargo-Bestimmungen verstoßen. Selbst das Mitführen sensibler Daten auf dem Laptop kann ein Embargo-Verstoß sein, weil diese leicht in falsche Hände gelangen können.

Beschränkung des Zahlungsverkehrs

Die Finanzsanktionen mit dem Iran beinhalten ein grundsätzliches Verbot von Geldtransfers zwischen Kredit- und Finanzinstituten in der EU und im Iran. Sie sehen jedoch auch zahlreiche Ausnahmebestimmungen vor, mit denen die Durchführung bestimmter Geldtransfers – abhängig von deren Höhe und unter Beachtung der Melde- bzw. Genehmigungserfordernisse – ermöglicht wird. Beispiele sind Geldtransfers, die im Zusammenhang mit Lebensmitteln, Gesundheitsleistungen, medizinischer Ausrüstung, landwirtschaftlichen oder humanitären Zwecken sowie mit sanktionskonformen Handelsverträgen stehen. Möglich sind außerdem Überweisungen persönlicher Gelder.

Geldtransfers von und an iranische Personen, Organisationen oder Einrichtungen ab 10 000 bis unter 400 000 Euro müssen der Deutschen Bundesbank angezeigt werden. Ab 400 000 Euro bedürfen sie der Genehmigung. Es wird erwartet, dass sich mit dem „Implementation Day“ auch der Zahlungsverkehr mit dem Iran normalisieren wird.

Gilt das US-Recht?

DIHK-Experte Behm erinnerte auch daran, dass die US- und EU-Sanktionen gegen den Iran im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung, Geldwäsche und Menschenrechtsverletzungen bestehen bleiben. Diese richten sich sowohl gegen natürliche als auch gegen juristische Personen, selbst einige Banken werden auf der schwarzen Liste bleiben. Knifflig wird es laut Müller dann, wenn etwa Personen oder Einrichtungen in Europa von der Sanktionsliste genommen werden, aber nicht in den USA. Weil die USA ein exterritoriales Rechtsverständnis haben, unterliegen nicht nur ausländische Töchter von US-Unternehmen dem US-Recht und seinen Sanktionslisten, auch für deutsche Firmen mit US-Töchtern kann gegebenenfalls vollständig das US-Recht gelten. Gleiches könnte auch zutreffen, wenn deutsch-iranische Geschäfte in Dollar oder unter Beteiligung von US-Banken abgewickelt werden.

Autor/in: 

tt.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2015, Seite 22

 
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