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Brandschutz

Feuerprobe bestanden?

Bauherren müssen eine Vielzahl an Regelungen beachten, um Brandgefahren zu verhindern. Von Tobias Rilling

Wer einen Neubau errichten oder ein bestehendes Gebäude umbauen will, muss dafür Sorge tragen, dass Brände verhindert werden. Auch wenn die Nutzung eines Gebäudes geändert wird, kommt häufig die Frage des Brandschutzes ins Spiel, der rechtlich von den Bundesländern geregelt wird. In Bayern sind vor allem die Bayerische Bauordnung (BayBO), die technischen Bauvorschriften und weitere Vorschriften, die auf der Grundlage der BayBO erlassen wurden, als maßgebliche rechtliche Grundlagen zu beachten. Die Vorschriften der Bayerischen Bauordnung bilden ein in sich abgeschlossenes Brandschutzkonzept, das für die meisten Standardbauten ausreichend ist.

Die Schutzziele dieses Konzeptes werden in der Generalnorm (Art. 12 BayBO) beschrieben. Danach müssen bauliche Anlagen so angeordnet, errichtet, geändert und instandgehalten werden,

  • dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird (vorbeugender Brandschutz),
  • dass bei einem Brand Menschen und Tiere gerettet werden können (Personenschutz) und
  • dass wirksame Löscharbeiten möglich sind (abwehrender Brandschutz).

Gebäudeklassen

An die einzelnen Gebäude werden in puncto Brandschutz unterschiedliche Anforderungen gestellt, die sich gemäß BayBO nach der jeweiligen Gebäudehöhe und nach der Größe der Nutzungseinheiten richten. Dementsprechend wurden fünf Gebäudeklassen (GKL 1 bis 5) festgelegt:

  • GKL 1 bis 3: Gebäude mit einer Höhe von bis zu 7,0 Metern
  • GKL 4: Gebäude mit einer Höhe von bis zu 13,0 Metern und Nutzungseinheiten mit nicht mehr als 400 Quadratmetern
  • GKL 5: sonstige Gebäude einschließlich unterirdischer Gebäude

Grundsätzlich gilt: Je geringer die Gebäudeklasse, desto geringer sind die technischen Anforderungen, die an den Brandschutz gestellt werden. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass niedrigere Gebäude mit kleineren Nutzungseinheiten, die brandschutztechnisch (z.B. durch feuerfeste Wände) gegeneinander abgesichert sind, ein wesentlich geringeres Risiko in sich bergen, dass sich der Brand ausweitet, als dies in höheren Gebäuden mit größeren Nutzungseinheiten der Fall ist.

Sonderbauten

Bei Gebäuden einer besonderen Art oder mit einer besonderen Nutzung („Sonderbauten“) können sich neben der Gebäudeklasse weitergehende Anforderungen ergeben. Die BayBO definiert in Art. 2 Abs. 4 BayBO eine abschließende Liste der Sonderbauten, denen gemeinsam ist, dass für sie das Standard-Brandschutzkonzept der BayBO möglicherweise nicht ausreicht. Für einige Sonderbauten gibt es daher eigene abweichende Brandschutzkonzepte, die in besonderen Verordnungen geregelt sind („geregelte Sonderbauten“). Ein Beispiel für einen Sonderbau sind etwa Versammlungsstätten mit Räumen für mehr als 200 Besucher, die gemeinsame Rettungswege nutzen (Art. 2 Abs. 4 Nr. 7 a BayBO). Für diese gilt die Versammlungsstättenverordnung.

Brandschutznachweis

Mit einem Brandschutznachweis wird dokumentiert, dass bei baugenehmigungspflichtigen Bauvorhaben die maßgeblichen Anforderungen an die Brandschutztechnik erfüllt werden (Art. 62 Abs. 1 S. 1 BayBO). Dieser darf – je nach Gebäudeklasse – nur von bestimmten Personen erstellt werden. Handelt es sich um ein Gebäude der Gebäudeklassen 1 bis 3, kann der beauftragte Architekt den Nachweis selbst erstellen. Bei bestimmten Gebäuden der Gebäudeklasse 4 kann dieser den Nachweis jedoch nur dann ausstellen, wenn er besondere Kenntnisse im Brandschutz nachweisen kann.

In zahlreichen Fällen muss der Brandschutznachweis zusätzlich durch einen Prüfsachverständigen bescheinigt oder durch die Bauaufsichtsbehörde geprüft werden. Dies gilt für Sonderbauten, Mittel- und Großgaragen (im Sinne der Garagen- und Stellplatzverordnung) oder für Gebäude der Gebäudeklasse 5 (z.B. für „Hochhäuser“ mit einer Höhe von mehr als 22,0 Metern). Diese Zweitprüfung („Vieraugenprinzip“) soll bei Gebäuden mit einem besonders hohen Gefährdungspotenzial gewährleisten, dass die brandschutztechnischen Vorgaben auch wirklich eingehalten werden.

Diese Prüfung umfasst zwei Schritte: Zunächst wird der Brandschutznachweis auf fachliche Richtigkeit untersucht. Außerdem wird geprüft, ob in Härtefällen gegebenenfalls von den rechtlichen Vorgaben abgewichen werden kann (gemäß Art. 63 BayBO). Sodann wird in einem zweiten Schritt überprüft, ob die Bauarbeiten auch tatsächlich gemäß dem geprüften Brandschutznachweis ausgeführt werden. Dem Bauherren steht es frei, ob er diese Prüfung von einem privaten Prüfsachverständigen für Brandschutz oder durch die genehmigende Bauaufsichtsbehörde durchführen lässt.

Abweichungen

Wenn die maßgeblichen Anforderungen an den Brandschutz nicht eingehalten werden, bleibt dem Bauherrn in der Regel nur die Möglichkeit, das Vorhaben umzuplanen. In besonderen Fällen kann er aber beantragen, dass er beim Brandschutz von den einschlägigen Vorschriften abweichen darf (Art. 63 Abs. 1 S. 1 BayBO). Dies muss er je nach dem konkreten Fall entweder bei der Bauordnungsbehörde oder beim Prüfsachverständigen schriftlich beantragen und begründen.

Die Abweichung kann dann gewährt werden, wenn es sich um einen atypischen Fall handelt, der vom Regelfall abweicht, und wenn der Schutz von Nachbarn und Öffentlichkeit vor Brandgefahren gewahrt bleibt. Letzteres ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn die Abweichung von einer bestimmten Brandschutzvorschrift durch andere Maßnahmen ausgeglichen werden kann. Entscheidend ist, dass der Brandschutz dadurch gleichermaßen effektiv ist. Ein Beispiel: Das Fehlen einer vorgeschriebenen Notstromversorgung wird ausgeglichen, indem eine besondere Schaltung der Sprinkleranlagen vorgenommen wird sowie zusätzliche Handfeuerlöscher angebracht werden. Wichtig für den Bauherren: Er hat keinen Anspruch darauf, dass die Abweichung von den Vorschriften sowie die kompensierenden Maßnahmen genehmigt werden, dies liegt vielmehr im Ermessen der Behörde. Wenn alle Voraussetzungen vorliegen und Gründe für eine Ablehnung fehlen, kann die Behörde jedoch ausnahmsweise rechtlich gehalten sein, die Abweichung zu erteilen.

Verzögerungen beim Bauablauf

Wenn der Brandschutznachweis geprüft werden muss, verzögert sich oft der Baubeginn bzw. der Zeitpunkt, ab dem das Gebäude genutzt werden darf. Denn bei der – zumeist gewählten – Prüfung durch den Prüfsachverständigen darf mit dem Bau erst dann begonnen werden, wenn u.a. die sogenannte „Bescheinigung I“ (bescheinigt die fachliche Richtigkeit des Brandschutznachweises) und gegebenenfalls die „Bescheinigung III“ vorliegt (bescheinigt, dass Abweichungen von den Vorschriften zugelassen sind). Diese müssen während der Bauausführung auch zur Einsicht auf der Baustelle bereit liegen. Genutzt werden darf das Gebäude erst, wenn u.a. die „Bescheinigung II“ erteilt wurde (sie bestätigt die ordnungsgemäße Bauausführung). Bescheinigt ein Prüfsachverständiger den Brandschutz für das Vorhaben, gelten die brandschutztechnischen Anforderungen als eingehalten (Art. 62 Abs. 4 S. 2 BayBO).

Bestandsschutz

Heikel ist in vielen Fällen die Frage, wie der Brandschutz bei bestehenden Gebäuden gewährleistet wird. Grundsätzlich genießt eine Anlage Bestandsschutz, wenn sie formell oder materiell legal ist. Formell legal bedeutet, dass das Vorhaben inklusive des Brandschutzkonzeptes genehmigt ist. Materielle Legalität meint, dass das Vorhaben zu irgendeinem Zeitpunkt seines Bestehens den materiellen Anforderungen des Bauordnungsrechts genügt hat. Deshalb kann es notwendig sein, alle maßgeblichen Vorschriften zu überprüfen, die seit Bestand des Gebäudes gültig sind.

Genießen das Gebäude und seine Nutzung Bestandsschutz, kann die Bauaufsichtsbehörde nur dann neue Anforderungen stellen, wenn erhebliche Gefahren für Leben und Gesundheit bestehen (Art. 54 Abs. 4 BayBO). Dies ist etwa dann der Fall, wenn von den derzeit notwendigen zwei Rettungswegen keiner vorhanden ist oder wenn nur einer vorhanden ist, dieser aber erhebliche Mängel hat. Grundsätzlich kann die Bauaufsichtsbehörde nur in Ausnahmefällen verlangen, dass ein bestehendes Gebäude brandschutztechnisch nachgerüstet wird.

Wenn der Bauherr in die Substanz des Gebäudes eingreift und/oder seine Nutzung ändert, muss er grundsätzlich die bauordnungsrechtlichen Vorschriften beachten, die zu diesem Zeitpunkt gelten (Art. 55 BayBO), wobei jedoch nur die geänderten Teile den aktuellen Anforderungen entsprechen müssen. Können bestimmte Anforderungen nicht eingehalten werden, kann auch hier eine Abweichung zugelassen werden (Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO). Beispiele sind bloße Sanierungen, der Austausch von einzelnen Bauteilen oder Änderungen des räumlichen Zuschnittes.

Doch auch wenn eine bauliche Änderung bzw. eine Nutzungsänderung nur Teile des Gebäudes betrifft, kann die Behörde verlangen, dass auch die nicht betroffenen Gebäudeteile mit geltenden Vorschriften in Einklang gebracht werden. Das ist der Fall, wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben und Gesundheit, gefährdet sind oder wenn es um Belange des Umweltschutzes geht. Verlangen kann die Behörde die Änderungen nur, wenn es dem Bauherrn wirtschaftlich zumutbar ist und wenn die beanstandeten Teile mit den Teilen, die geändert werden sollen, in einem konstruktiven Zusammenhang stehen oder wenn sie unmittelbar mit ihnen verbunden sind.

Wichtig ist für alle Bauvorhaben: Die Bestimmungen des Brandschutzes müssen auch dann eingehalten werden, wenn für die Vorhaben kein behördliches Verfahren und keine Genehmigung notwendig sind. Wenn der Bauherr die Maßgaben des Brandschutzes nicht einhält, drohen nicht nur Anordnungsbescheide der Behörden und das Verbot der Nutzung, sondern auch erhebliche straf- und zivilrechtliche Haftungsrisiken. Schließlich kann auch der Versicherungsschutz der Feuerversicherung verloren gehen. Es ist daher dringend zu empfehlen, im Zweifelsfall stets einen qualifizierten Brandschutzplaner hinzuzuziehen.

Autor/in: 

Rechtsanwalt Tobias Rilling, LL.M. ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht sowie für Bau- und Architektenrecht in der Kanzlei Dr. Waldmann Kohler und Kollegen in Nürnberg. Er ist außerdem als Wirtschaftsmediator (CVM) tätig (rilling@waldmann-kohler.de, www.waldmann-kohler.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2015, Seite 14

 
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