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Schanzenbräu

Im Zeichen des Bären

Brauerei Schanzenbräu © Silvia Wawarta

Geschäftsführer Stefan Stretz.

Die „Schanze“ ist dem Hinterhof entwachsen. Stefan Stretz hat eine moderne Brauerei im Nürnberger Westen eröffnet.

Auf den ersten Blick ist Nürnbergs neue Braustätte nicht besonders auffällig: Eine moderne Halle, viel Glas, viel Edelstahl, viel Beton. Betont sachlich wirkt das Gebäude im neuen Premium-Gewerbepark West in Nürnberg-Höfen an der Stadtgrenze. Doch an der bislang einzigen Adresse in der Proeslerstraße hat sich seit dem Spatenstich im April 2015 eine Menge getan.

„Wir sind hier die Pioniere“, sagt Stefan Stretz, Geschäftsführer der Brauerei Schanzenbräu GmbH & Co KG. Er trägt seine Arbeitskleidung: Sneakers, Arbeitshose, einen braunen Pulli mit dem mittlerweile weit über Nürnberg hinaus bekannten Bärenkopf-Logo und eine Baseball-Cap. Eben war Stretz noch damit beschäftigt, im Inneren der Brauerei einen der voluminösen Lagertanks auszuspülen und zu reinigen. Der hemdsärmelige Boss der jungen Brauerei ist keiner, der anderen beim Arbeiten zusieht.

In der Brauerei herrscht Hochbetrieb: Techniker der Braumaschinenfabrik Kaspar Schulz aus Bamberg sind dabei, die komplexen Abläufe in einem der modernsten Sudhäuser der Region auf Herz und Nieren zu prüfen. Die Bamberger Firma ist ein Hidden Champion, was Braumaschinentechnik anbelangt. „Uns war von Anfang an klar, dass wir etwas Vernünftiges wollen, wenn wir diesen großen Schritt gehen“, sagt Stretz, und sein Blick wandert liebevoll über das Ungetüm, das mit Stahltanks und zahllosen Röhrenverbindungen das Zentrum der Brauerei-Halle ausfüllt.

Der große Schritt, von dem Stretz spricht, war, in Nürnberg eine eigene Brauerei zu errichten, die die nachgefragten Ausstoßmengen der populären „Schanze“ liefern kann. 15 000 Hektoliter im Jahr seien an der neuen Adresse möglich. Wer mit dem Brauer vor dem funkelnden High-Tech-Monstrum steht, dem fällt es schwer zu glauben, dass die Anfänge der Firma im Jahr 2004 in einem ersten Sud bestanden, der in aufgesägten Bierfässern vor sich hin gärte. Stretz legt Wert auf die Gostenhofer Wurzeln in der Bärenschanzstraße – schließlich sind sie für sein Bier identitätsstiftend: „Schanzenbräu – Gostenhof“ prangt nach wie vor auf jeder Flasche. Ab 2007 verfügte die zunehmend professioneller agierende Mannschaft dann über eine erste kleine Brauanlage in der Adam-Klein-Straße. „Aber die war auch ganz schnell wieder überlastet“, sagt Stretz. Die Lösung: Spezialsude und Bierspezialitäten in Gostenhof brauen, die große Masse der Sorten Schanze Rot und Hell in vertraglicher Abstimmung bei befreundeten Landbrauereien.

Diese Arbeitsteilung gehört der Vergangenheit an: Am 13. Januar lief der erste, rote Sud durch die Innereien des neuen Sudhauses, das noch zwei Monate zuvor ein Hingucker auf der Messe Brau Beviale in Nürnberg gewesen war. Gut erinnert sich Stretz an die Nervosität. „So ein neues Sudhaus ist eine komplette Umstellung, das kann auch erst mal in die Hose gehen.“ Doch der Premieren-Sud gelang: „Wir haben erstaunlicherweise auf Anhieb eine ziemliche Punktlandung hinbekommen“, sagt Stretz.

Den Anfang eines guten Bieres macht das Malz. Stretz führt durch zwei Feuerschutztüren in einen Nebenraum, in dem das Malz in großen Beuteln – sogenannten Bigbacks – in einer Malzmühle geschrotet wird. Der Brauer nimmt ein paar Körnchen heraus und zerkaut sie: „Diese Süße, da will ich als Brauer ran!“ Das geschrotete Malz wird über sogenannte Rohrkettenförderer in das Sudhaus  transportiert. Danach wird es mit Wasser vermischt und im Maischebottich eingemaischt. Weil die malzeigenen Enzyme – sogenannte Amylasen – unterschiedliche Temperaturoptima haben, durchläuft die Maische verschiedene Temperaturstufen, erklärt Stretz. Die Reise beginnt bei 55 Grad und steigert sich über verschiedene Stufen bis auf 78 Grad Celsius – ein Vorgang, der etwa eine Stunde in Anspruch nimmt. „Nun müssen die Spelzen entfernt werden“, sagt Stretz und fischt sich einen kleinen Spelzenrest aus dem Mundwinkel. Dafür wird die Maische in den Läuterbottich gepumpt, wo sich die schweren Bestandteile absetzen. Der dabei entstehende Treberkuchen ist ein Abfallprodukt, der in der Futtermittelindustrie seine Abnehmer findet.

Ab diesem Vorgang, dem Läutern der Maische, spricht der Brauer von der Würze. Unter Zugabe der Hopfengabe – einer exakt dosierten Menge bestimmter Hopfen – wird sie in einem nächsten Arbeitsschritt in der Würzepfanne gekocht. Wie viel von welchem Hopfen hinzugegeben und wie lange gekocht wird, das sind die Geheimnisse des Brauers. „Gekocht wird das Bier, um die Stammwürze – also den Zuckergehalt – einzustellen. Und damit es für die Gärung steril wird“, erklärt Stretz.

Unterhalb der Würzepfanne befindet sich der sogenannte Whirlpool, eine weitere tankähnliche Apparatur. Um unlösliche Hopfenbestandteile und Eiweißreste herauszufiltern, wird die Würze tangential eingeschossen. Dabei entsteht ein Effekt wie beim Umrühren einer Teetasse: Die festen Bestandteile sammeln sich in der Mitte, das klare Bier kann am Rand abgezogen werden. Danach wird das 95 Grad heiße Gebräu von Plattenkühlern durch einen Kaltwasserstrom auf zehn Grad heruntergekühlt.

Das vom Abkühlungsprozess aufgeheizte Wasser wird in moderne Brauanlagen wie der von Schanzenbräu aufgefangen, um erneut zum Einmaischen verwendet zu werden – das spart Energiekosten. Der abgekühlte Sud wird mit Hefe versetzt und vergärt eine Woche im Gärtank. „Ist der Sud vergoren, landet er für weitere drei Wochen im Lagertank.“ Hier hat Stretz verschiedene Möglichkeiten: Ein Sud umfasst jeweils 20 Hektoliter, in seine größten Lagertanks passen sechs Sude. Für Spezialbiere wie Kellerpils oder Roter Bock stehen kleinere Lagertanks parat. Das moderne Brauhaus schafft bis zu sechs Sude am Tag und kann dabei komplett ferngesteuert werden. Aus den Lagertanks fließt das Bier entweder direkt vor Ort in das KEG-Fass für die Gastronomie oder mit einem Umweg über eine Flaschenabfüllerei in Oberfranken in die Halbliter- oder Drittelliter-Flaschen.

Neben dem Sudhaus verfügt die neue Brauerei auch über Lagermöglichkeiten und das Kühlhaus, das aus den Hallen „Auf AEG“ nach Nürnberg-Höfen umgezogen ist. Auch den Direktverkauf wickeln die sieben Mitarbeiter vor Ort ab. „Wir wollen keine geschlossene Brauerei sein“, sagt Stretz. Gerne würde er die Brauerei als Eventlocation sehen, in der Veranstaltungen für Firmen und andere Gäste stattfinden. Eine entsprechende Schanklizenz ist bereits beantragt. Das 500. Jubiläum des Reinheitsgebots kann also kommen.

Autor/in: 

lin.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2016, Seite 70

 
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