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Sprachförderung

Am Arbeitsplatz Deutsch lernen

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Mentoren-Programm startet in Mittelfranken: Mitarbeiter unterstützen Kollegen mit Migrationshintergrund beim Deutschlernen.

Ohne hinreichende Sprachkenntnisse sind der Erwerb von Ausbildungsabschlüssen und innerbetriebliche Aufstiege kaum möglich." Zu dieser Einschätzung gelangt eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zur Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten. Die Experten der Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit haben in einer Befragung von Arbeitsmarktagenturen und Jobcentern untersucht, welche Barrieren den Weg auf den Arbeitsmarkt blockieren. "Geringe Sprachkenntnisse" werden dabei als die größte Hürde genannt.

Insofern mag der Satz "Sprache ist der Schlüssel zur Integration" zutreffen. Dennoch lässt sich diese teilweise mantramäßig wiederholte Formel leicht fehlinterpretieren, wenn eine vereinfachte Wenn-Dann-Verknüpfung unterstellt wird. In dieser Lesart eignet sich der Nicht-Deutsche-Muttersprachler zuerst Wortschatz und Grammatik auf dem Niveau B1 des "Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen" an und löst damit das Ticket für die Integration. Dieses simple Modell funktioniert jedoch nicht: "Um erfolgreich zu kommunizieren, müssen wir uns sprachlich verständigen können. Um uns erfolgreich sprachlich verständigen zu können, müssen wir untereinander kommunizieren", so der Germanist Prof. Dr. Volker Hinnenkamp von der Hochschule Fulda.

Das heißt, Sprachkurse sind zwar ein notwendiges, aber kein hinreichendes Mittel, um sich Deutsch als Zweitsprache anzueignen. Wenn die Kommunikation außerhalb des Klassenzimmers fehlt, wird das Sprachenlernen ausgebremst. Umgekehrt wird das Einleben in der Zweitsprache Deutsch jedoch enorm beschleunigt durch ein Arbeitsumfeld, das Anlässe für die Kommunikation bietet und einfordert. So bedingen sich Sprachenlernen und berufliche Teilhabe gegenseitig.

Sprachpraxis macht den Meister

Auf dieser Wechselwirkung basiert das Sprachmentoring-Programm des MigraNet – IQ Landesnetzwerk Bayern, das zum bundesweiten Förderprogramm "Integration durch Qualifizierung" gehört. "Theorie lernt man in der Schule, Praxis im Betrieb" – dieser Grundsatz der dualen Ausbildung ist auch der Leitgedanke hinter dem Konzept des Sprachmentoring, das von MigraNet initiiert wurde und nun auch in Mittelfranken startet. 

Auslöser war die Erfahrung, dass es bei Betrieben durchaus die Bereitschaft gibt, Menschen mit Fluchthintergrund zu beschäftigen oder auszubilden, sich die Sprachbarriere aber in vielen Fällen als unüberwindbar erwies. Zugleich zeigte sich, dass die Integrationskurse häufig nicht in der Lage waren, auf die Berufssprache einzugehen. "Vor diesem Hintergrund haben wir uns gefragt, wie man ein Mentoring-Programm gestalten kann, das sprachliche Aspekte integriert", erklärt Andrea Pufahl. Sie verantwortet bei MigraNet das Projekt Sprachmentoring, das seine Testphase nach einem Jahr Laufzeit Ende 2018 erfolgreich abgeschlossen hat und jetzt auf ganz Bayern ausgeweitet wird.

Schauplatz der Projektpremiere war ein privater Briefdienstleister im Regierungsbezirk Schwaben mit rund 150 Beschäftigten. Nachdem Andrea Pufahl das Sprachmentoring-Programm bei einer Betriebsversammlung vorgestellt hatte, nahm das Unternehmen eine Vorauswahl der Mentoren und Mentees vor. So bildeten sich mit Unterstützung von MigraNet vier Tandems, die sich während des Projektjahres einmal pro Woche für eine Stunde zusammengesetzt haben. "Regelmäßige Treffen sind wichtig für die Konstanz und die Verbindlichkeit", unterstreicht Andrea Pufahl. Sie stellt klar, dass diese Begegnungen ganz anders ablaufen als herkömmlicher Sprachunterricht: "Geredet wird in der Regel über Themen aus dem Kontext des Unternehmens." Wie die Projektleiterin betont, bleibt die konkrete Ausgestaltung des Sprachmentorings den Unternehmen überlassen. "Unser Selbstverständnis als Projektpartner ist, dass wir beraten, schulen und begleiten." Dazu gehören Schulungen der Mentoren zum Auftakt des Programms, bis zu drei Reflexionstreffen mit den Beteiligten sowie ein Abschlussgespräch.

Das Fazit des Pilotprojekts fällt rundum positiv aus, wobei Andrea Pufahl das "enorme Engagement" aller Beteiligten hervorhebt. Die Projektleiterin freut sich über die Fortschritte der Mentees: "Alle haben viel Mut und Freude gewonnen, Deutsch zu sprechen." Und die Tandems wollten sich auch nach dem offiziellen Schlusspunkt des Projekts nicht trennen, sondern treffen sich weiterhin in ihrer Freizeit.

Externer Kontakt:

MigraNet, Andrea Pufahl
Tel. 0821 207193-10, diversity@tuerantuer.de

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 01|2019, Seite 36

 
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