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Management

Mehr Frauen-Power!

Frauen unternehmen Wirtschaft © Vanessa Mund

Mutmacherinnen: Eva Didion (IHK), Kerstin Brkasic-Bauer (Blond!), Marion Endres (Ideenhaus), IHK-Vizepräsidentin Christine Bruchmann (Fürst-Gruppe), Dr. Maike Müller-Klier (IHK), Ingrid Hofmann (I.K. Hofmann) und Dr. Alexandra Latteier (RA Röder Automobile).

Unternehmerinnen und Frauen in Führungspositionen: IHK baut Netzwerk für den Erfahrungsaustausch auf.

Nur jedes dritte Unternehmen in Deutschland wird von einer Frau gegründet. Die Selbstständigenquote – der Anteil der Selbstständigen an allen Erwerbstätigen – ist bei Frauen mit sieben Prozent nur halb so hoch wie bei Männern. Im Durchschnitt verdienen Frauen quer durch alle Branchen etwa sechs Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Es gibt also noch viel zu tun auf dem Weg zur Gleichberechtigung in der Berufswelt.

Vor diesem Hintergrund hat die IHK Nürnberg für Mittelfranken erstmals zu einer Netzwerkveranstaltung exklusiv für Frauen eingeladen. Unter dem Motto „Frauen unternehmen Wirtschaft“ hatten Unternehmerinnen und Frauen in Führungspositionen vor Kurzem Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen und Erfahrungen auszutauschen. „Unser Ziel war es, Frauen aus unterschiedlichen Branchen miteinander ins Gespräch zu bringen“, erklärte Dr. Maike Müller-Klier, Leiterin der IHK-Geschäftsstelle Fürth. „Die Veranstaltung ist als Auftakt gedacht. Wir wollen ein nachhaltiges Netzwerk schaffen, in dem sich Frauen regelmäßig auf Augenhöhe zu unterschiedlichen Themen austauschen können.“

IHK-Vizepräsidentin Christine Bruchmann freute sich über die positive Resonanz auf dieses Angebot: Statt der erwarteten 100 kamen fast 170 Frauen in die IHK-Akademie Mittelfranken. „Sie haben heute alles richtig gemacht und den ersten Schritt in ein Netzwerk getan“, begrüßte Bruchmann die Teilnehmerinnen. Die Geschäftsführende Gesellschafterin der Moritz Fürst GmbH & Co. KG betonte: „Ohne Eigeninitiative geht gar nichts.“

Diese Erkenntnis bestätigten Kerstin Brkasic-Bauer, Ingrid Hofmann, Dr. Alexandra Latteier und Marion Endres bei der Podiumsdiskussion. Die vier Unternehmerinnen kommen aus verschiedenen Branchen, haben aber eine Gemeinsamkeit, wie in der Talkrunde deutlich wurde: Alle wollten ihre eigenen Ideen umsetzen. Alle gelangten zu der Überzeugung, dass sie diesen Anspruch besser verwirklichen können, wenn sie ihre eigene Chefin werden 

Kerstin Brkasic-Bauer ist Inhaberin der Firma „Blond!“ Made in Nürnberg“ mit 15 Beschäftigten. Sie produziert Kinderkleidung in Nürnberg, die auf regionalen Märkten und Messen sowie im eigenen Laden verkauft wird. Als alleinerziehende Mutter von vier Kindern bekam sie seinerzeit bei der Arbeitsagentur zu hören: „Wir haben nicht mal Jobs für Leute, die arbeiten müssen. Geschweige denn für Frauen, die mit vier Kindern arbeiten wollen.“  

Den Frust über solche Sprüche verwandelte Brkasic-Bauer in Energie: Sie machte ihr Hobby Nähen zum Beruf, gründete 2011 ihr Unternehmen und wurde dafür auch mit einem der IHK-Gründerpreise 2016 prämiert. „Rollenmodelle“ für den Sprung in die Selbstständigkeit hatte sie in der eigenen Familie: „Meine Oma und meine Mutter haben schon eigene Firmen geführt.“

Ingrid Hofmann, damals 31 Jahre alt, gründete 1985 die I. K. Hofmann GmbH mit einem Startkapital von 30 000 DM und hat daraus eines der führenden Zeitarbeitsunternehmen geformt. Im vergangenen Jahr setzte die Firmengruppe mit Sitz in Nürnberg 926 Mio. Euro um und gehört damit zu den fünf größten Personaldienstleistern in Deutschland. Ein zentrales Motiv für die Gründung der eigenen Firma war für Ingrid Hofmann, dass sie seinerzeit als Angestellte in einer Männerdomäne keine Aufstiegschancen sah. „Es gab keine Perspektive auf eine Führungsposition“, so die Unternehmerin im Rückblick. „Da habe ich mir gedacht, dann mache ich es eben selbst.“

Für Dr. Alexandra Latteier verlief der Weg in die Selbstständigkeit nicht geradlinig: Die Geschäftsführerin und Verkaufsleiterin der RA Röder Automobile GmbH & Co. KG in Fürth musste erst die Skepsis ihres Vaters überwinden, ehe sie den Familienbetrieb weiterführen konnte. So studierte sie zunächst „auf Lehramt“ und Psychologie. „Manchmal muss man einen Umweg gehen, aber dabei lernt man auch“, so ihre Einschätzung bei der Talkrunde. Außerdem gab sie den Teilnehmerinnen der Netzwerkveranstaltung noch einen Rat: „Wir müssen nicht aussehen und uns benehmen wie Männer, um erfolgreich zu sein.“ Die Geschäftsführerin legte Frauen außerdem ans Herz, mehr den weiblichen Schulterschluss zu suchen und die oft beklagte „Stutenbissigkeit“ abzulegen.

Marion Endres, Inhaberin der Nürnberger Markenagentur Ideenhaus, empfahl Frauen in der Berufswelt, ihre Zurückhaltung aufzugeben: „Frauen können mehr und dürfen mehr.“ Allerdings mache der Stress, im Job Spitzenleistung zu bringen und zuhause das perfekte Familienleben zu organisieren, viele Frauen mürbe. Die Unternehmerin beklagte, dass die Arbeitswelt in Deutschland noch sehr weit von „skandinavischen Verhältnissen“ entfernt sei. Die nordischen Staaten gelten als „Musterländer“, wenn es darum geht, die Erwerbsarbeit von Frauen zu fördern. Maßnahmen wie großzügige Elternzeit- und Teilzeitregelungen sowie subventionierte Kitaplätze haben dazu beigetragen, die Beschäftigungsquote von Frauen zu steigern. Während im Schnitt der OECD-Länder 60 Prozent der Frauen erwerbstätig sind, liegt dieser Anteil in Schweden und Island bei etwa 80 Prozent.

Wenige Frauen in den Chefetagen

In Deutschland ist rund die Hälfte der Bevölkerung weiblich. Frauen stellen 46,5 Prozent der Erwerbstätigen. Mehr als die Hälfte der Abiturienten, rund 50 Prozent der Hochschulabsolventen und etwa 45 Prozent der Promovierenden sind weiblich. Trotz dieser guten Ausgangsbasis kehrt sich das Geschlechterverhältnis bei Führungspositionen in Wissenschaft und Wirtschaft um. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums werden etwa 88 Prozent aller C4-Professuren mit Männern besetzt. Von 185 Aufsichtsräten der Aktiengesellschaften, die in den Indizes Dax, MDax, SDax und TecDax gelistet sind, sowie in 25 voll mitbestimmten Unternehmen hätten lediglich sechs Prozent eine Frau als Vorsitzende.

Ingrid Hofmann mag sich nicht damit abfinden, dass Frauen in Chefetagen der deutschen Wirtschaft eine Ausnahmeerscheinung bleiben. In ihrem Unternehmen will sie gegensteuern und möglichst viele Frauen als Führungskräfte gewinnen. Ein Ansatz dafür seien kreative Arbeitszeitmodelle. „Man muss allerdings auch akzeptieren, wenn Beschäftigte wieder in die zweite Reihe zurücktreten, etwa weil sie mehr Zeit für ihre Kinder oder die Pflege der Eltern aufbringen wollen“, so Hofmanns Überzeugung.

Die Teilnehmerinnen konnten ihre Wünsche für künftige Treffen formulieren. Auf den Pinnwänden waren die Stichworte Mentoring, Führung und neue Arbeitsmodelle besonders stark vertreten. Diese Themenfelder will die IHK Nürnberg für Mittelfranken nun weiter bearbeiten. „Wir werden gemeinsam mit dem Ehrenamt konkrete Formate ausarbeiten und dem Netzwerk eine Plattform geben“, kündigte Dr. Maike Müller-Klier an. „Schließlich soll das Frauennetzwerk der IHK keine Eintagsfliege werden“, so Christine Bruchmann.

Autor/in: 

aw.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2019, Seite 26

 
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