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IHK-Konjunkturklima Mittelfranken

Stimmung verfinstert sich

MARKT_Stimmung-verfinstert-sich-WiM-11-22-Foto-GettyImages-Daniel Balakov-1372140162 © Daniel Balakov/GettyImages.de

Krieg in der Ukraine, Energiekrise und Lieferkettenprobleme lassen den IHK-Konjunkturklima-Index abstürzen.

Die aktuellen weltwirtschaftlichen Unsicherheiten trüben die Stimmung in allen Branchen massiv ein, so das Ergebnis der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage. Die Investitions- und Beschäftigungspläne werden zurückgefahren. Der IHK-Konjunkturklima-Index bricht um fast 30 Punkte ein und ist nun wieder bei 85 Punkten angelangt. Dieses niedrige Niveau hatte er zuletzt Anfang 2021, als die Corona-Pandemie einen neuen Höhepunkt erreicht hatte. Damit hat die leichte konjunkturelle Erholung, die sich bei der letzten IHK-Befragung im Frühjahr abgezeichnet hatte, ein abruptes Ende gefunden. "Durch die explodierenden Energiepreise und die Zweifel an der Versorgungssicherheit sehen sich viele Unternehmen existenziell gefährdet", so IHK-Präsident Dr. Armin Zitzmann zu den Umfrageergebnissen.

Geschäftslage und Erwartungen

Besonders bemerkbar machen sich die Entwicklungen in Industrie und Handel, in denen sich die Geschäftslage seit dem Sommer deutlich verschlechterte. Nur die personenbezogenen Dienstleistungen melden noch gute Geschäfte, weil sie seit dem Wegfall der Corona-Restriktionen eine starke Nachfrage ihrer Kunden registrieren. Beim Blick auf die nächsten Monate greift jedoch über alle Branchen hinweg eine pessimistische Stimmung um sich. Die Erwartungen sinken deutlich, der entsprechende Index bricht regelrecht ein und liegt jetzt bei minus 42 Punkten. Das sind 43 Punkte weniger als bei der letzten IHK-Konjunkturumfrage im Frühjahr.

Die bis vor Kurzem noch gute Auftragslage dürfte bald der Vergangenheit angehören, denn die steigenden Kosten und die sinkende Kaufkraft schränken die Betriebe und die Verbraucher gleichermaßen ein. 85 Prozent der teilnehmenden Unternehmen planen, die steigenden Kosten mindestens teilweise an die Kunden weiterzugeben. Deshalb ist es wahrscheinlich, dass die Nachfrage immer weiter sinkt. "Das sind klare Anzeichen, dass sich die gesamte mittelfränkische Wirtschaft mit großen Herausforderungen konfrontiert sieht, die sich weiter verschlimmern", so IHK-Präsident Zitzmann.

Die starken Preissteigerungen sind derzeit der bedeutendste Grund für den Abwärtstrend: So gaben 57 Prozent der Unternehmen an, dass die Teuerungen bei der Energie ihr Geschäft erheblich hemmen, bei weiteren 29 Prozent ist dies teilweise der Fall. Als bedeutende Risiken werden zudem die extremen Preissteigerungen bei Waren und Rohstoffen einerseits sowie Material- und Rohstoffknappheit andererseits eingestuft. Sorgen bereiten den Unternehmen auch die schwache Inlandsnachfrage, der Fachkräftemangel, die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und die steigenden Arbeitskosten.

Investitionen und Personalplanung

Zahlreiche Unternehmen zehrten in letzter Zeit noch von den gut gefüllten Auftragsbüchern. Doch nun sehen sie sich wegen der trüben Aussichten für die nächsten Monate veranlasst, ihre Investitionspläne zusammenzustreichen. Dies gilt derzeit für fast alle Branchen. Ernüchterung auch beim Thema Personalplanung: Noch im Sommerhalbjahr hatten viele Unternehmen angesichts gut gefüllter Auftragsbücher und der weggefallenen Corona-Restriktionen mit zusätzlichen Arbeitsplätzen geplant, doch jetzt werden Personaleinstellungen erst einmal aufgeschoben.

Energiepreise

Vor allem die explodierenden Energiepreise sorgen dafür, dass betriebliche Vorhaben kaum noch planbar sind und die Preisgestaltung schwierig ist. Wichtige Betriebsstoffe und Vorprodukte lassen die Preise in allen Branchen steigen. So führen die hohen Preise etwa für Mineralölerzeugnisse, Düngemittel und Stickstoffverbindungen sowie Futtermittel für Nutztiere dazu, dass die Preise für Lebensmittel und andere wichtige Verbrauchsgüter seit einigen Monaten besonders stark anziehen. Das schränkt die Kaufkraft ein und sorgt für eine weitere Dämpfung der Konjunktur.

IHK-Konjunkturklima nach Wirtschaftssektoren

Industrie: Schon seit längerer Zeit plagt sich die Industrie mit Kostensteigerungen und Lieferschwierigkeiten. Weil sich die Lage in den letzten Monaten weiter kontinuierlich zugespitzt hat, sehen die Industriebetriebe auch deutlich pessimistischer in die nächsten Monate. Deshalb machen sowohl die Einschätzungen zur aktuellen Lage als auch zu den Erwartungen einen deutlichen Satz nach unten. Dementsprechend werden auch Personal- und Investitionsplanungen aufgeschoben.

Bauwirtschaft: Der Einbruch der Baubranche hat sich in den letzten Monaten nicht weiter fortgesetzt. Zwar sinkt der Index der Branche ein wenig, die Geschäftslage verbesserte sich in den vergangenen Monaten allerdings deutlich. Die hohe Kapazitätsauslastung wird aber auch in dieser Branche überschattet von weiteren Preissteigerungen und der Gefahr rückläufiger Aufträge. Daher herrscht auch Zurückhaltung bei Beschäftigungsplänen und Investitionen. Trotzdem zeigt sich das Baugewerbe robust und weist von allen Branchen den geringsten Einbruch auf.

Handel: Dagegen hat sich die Geschäftslage im Handel in den letzten Monaten nicht weiter erholt. Preissteigerungen und Versorgungsunsicherheit bremsen den Konsum aus und lassen befürchten, dass die Nachfrage trotz hoher Warenbestände weiter sinkt. Deshalb gehen die Handelsbetriebe deutlich pessimistischer in die nächsten Monate und streichen ihre Investitions- und Personalplanungen zusammen. Beim Konjunkturklima-Index weist der Handel den niedrigsten Wert aller mittelfränkischen Branchen auf.

unternehmensnahe Dienstleistungen: Deutlich besser ist die Situation bei den unternehmensnahen Dienstleistungen, die sich weiter in stabiler Verfassung präsentieren. Zwar verschlechtert sich die Geschäftslage etwas, hält sich aber trotzdem noch auf hohem Niveau, während die Erwartungen weiter nach unten gehen. Die Unternehmen der Branche planen in den nächsten Monaten vorsichtiger, die Investitionen sollen aber immerhin auf gleichem Niveau bleiben und der Personalbedarf noch leicht steigen.

verbrauchernahe Dienstleistungen: Noch recht positiv stellt sich die Lage bei den verbrauchernahen Dienstleistungen dar. Allerdings dürfte sich dies in den nächsten Monaten ändern, denn die bislang große Zuversicht kehrt sich in eine ebenso große Skepsis um. Das deutet sich schon jetzt durch Abstriche bei den Personal- und Investitionsplanungen an. Dies gilt vor allem für die Betriebe des Hotel- und Gaststättengewerbes, die sich überdurchschnittlich häufig Sorgen wegen einer Verschlechterung der Geschäfte machen.

Die Erschwernisse durch steigende Preise für Energie, Rohstoffe und Produkte haben sich seit längerer Zeit angekündigt und stetig verstärkt, wie der Rückblick auf die IHK-Konjunkturumfragen dieses Jahres zeigt. Energiekrise und Preissteigerungen beeinflussen die wirtschaftliche Entwicklung der mittelfränkischen Unternehmen bereits sehr stark. Die sinkende Kaufkraft der Verbraucher und die deshalb unsichere Nachfrageentwicklung sorgen außerdem für Pessimismus. Versorgungsengpässe, instabile Lieferketten und der Fachkräftemangel drücken die Stimmung weiter. Die Folge: Nachdem sich die mittelfränkische Wirtschaft nach den einschneidenden Pandemie-Maßnahmen wieder zurückkämpfen konnte, folgt nun fast nahtlos die nächste Krise.

"All diese Entwicklungen machen es wahrscheinlich, dass wir vor der größten und härtesten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg stehen. Es drohen Wohlstandsverluste in bisher ungekanntem Ausmaß", so IHK-Präsident Zitzmann. Da viele Unternehmen existenziell gefährdet seien, müssten nun dringend über die bereits angekündigten Programme hinaus weitere Entlastungen für die Unternehmen kommen. Die Politik sei gefordert, für die Versorgungssicherheit mit Energie und Rohstoffen zu sorgen und sich dabei an den vor Kurzem vorgelegten Vorschlägen der Gaspreis-Kommission zu orientieren. Das Konzept sehe eine einfach ausgestaltete Preisbremse und Entlastungen für Betriebe aller Größen vor, biete aber weiter Anreize für Energieeinsparungen, die für die Bewältigung der Energiekrise unverzichtbar seien. Zitzmann verwies in diesem Zusammenhang auch auf das vor Kurzem von IHK-Präsidium und Vollversammlung vorgestellte Forderungspapier, in dem es insbesondere um die Senkung der hohen Energiepreise geht.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2022, Seite 24

 
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