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Finanzierung

Entwurf des freiwilligen Berichtsstandards für KMU (VSME)

 

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Ass. jur. Yvonne Stolpmann

Ass. jur. Yvonne Stolpmann

Leiterin Referat Gründung | Nachfolge | Unternehmensförderung Tel: +49 911 1335 1377

In der Praxis müssen sich oft auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit Nachhaltigkeitsberichterstattung auseinandersetzen. Um sie zu entlasten, hat die EU im Januar 2024 einen ersten Entwurf zum "Voluntary SME-Standard" (VSME) vorgelegt. Das freiwillige Instrument soll KMU in die Lage versetzen, ihre Nachhaltigkeitsziele und -projekte einfacher zu dokumentieren.

VSME-Standard könnte KMU entlasten

Ein europaweiter Standard könnte – bei entsprechender Akzeptanz der Geschäftspartner – die Chance bieten, die mittelbare Belastung der nicht direkt berichtspflichtigen KMU einzudämmen. Aus diesem Grund hat die EU-Kommission die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) mit der Erstellung eines solchen Standards beauftragt. Der erste Entwurf wurde am 22. Januar 2024 veröffentlicht.

Der VSME soll nicht verbindlich sein, sondern eine "freiwillige" Alternative zu den individuellen Fragebögen bieten, die viele KMU von berichtspflichtigen Unternehmen erhalten. Wichtig ist nun zu prüfen, ob der VSME-Entwurf einerseits den Informationsbedarf der berichtspflichtigen Geschäftspartner und Finanzinstitute erfüllen kann und andererseits die vom VSME geforderten Informationen den nicht berichtspflichtigen KMU auch vorliegen. Nur wenn beide Voraussetzungen erfüllt sind, könnte ein künftiger VSME-Standard dazu beitragen, die mittelbare Belastung der KMU zu reduzieren.

Zum Inhalt des VSME-Entwurfs

Der VSME-Entwurf bietet drei Module an (für das individuelle Unternehmen oder auf konsolidierter Basis): das Basis Modul, das PAT-Modul  (Policies, Actions and Targets) sowie das Business Partners Module. Sie enthalten Nachhaltigkeitsinformationen zu umweltbezogenen und sozialen Themen sowie zur Unternehmenspolitik.

Ein Unternehmen könnte das Basis Modul allein, das PAT-Modul zusammen mit dem Basis Modul, das Business Partner Modul zusammen mit dem Basis Modul oder alle drei Module gemeinsam anwenden.

Anwendungsmöglichkeiten

Variante 1

Variante 2

Variante 3

Variante 4

Basis-Modul

Basis-Modul

Basis-Modul

Basis-Modul

 

PAT-Modul
(Policies, Actions, Targets)

Business-Partner-Modul

PAT-Modul
(Policies, Actions, Targets)

     

Business-Partner-Modul

Der Bericht nach dem VSME soll jährlich erstellt und unter bestimmten Voraussetzungen als separater Abschnitt im (Konzern-)Lagebericht aufgenommen werden können. Ansonsten ist eine separate Veröffentlichung vorgesehen. Er soll zur gleichen Zeit wie der Jahres-/Konzernabschluss beziehungsweise die Finanzberichterstattung zur Verfügung stehen, soweit diese zu erstellen sind. Bestimmte sensible Informationen darf das Unternehmen weglassen. Ab dem zweiten Jahr sollen Vergleichszahlen zum Vorjahr in den Bericht aufgenommen werden.

Basis-Modul

Das Basis-Modul (Basic Module) richtet sich laut VSME-Entwurf an Kleinstunternehmen im Sinne der Rechnungslegungsrichtlinie (Hierbei beachten Sie bitte die geplanten, aber noch nicht vom deutschen Gesetzgeber beschlossenen, erhöhten Schwellenwerte zur Definition des Kleinstunternehmens. Mehr dazu finden Sie hier (www.dihk.de) und enthält die geringsten Anforderungen. Eine Wesentlichkeitsanalyse ist nicht erforderlich. Die inhaltlichen Angaben des Basis-Moduls gliedern sich auf in die Ziffern B 1 bis B 12 und enthalten insgesamt circa 30 Datenpunkte. Die Angaben nach B 1 und B 2 sind grundsätzlich verpflichtend, die Angaben aus B 3 bis B 12, wenn sie für die Kleinstunternehmen zutreffen. Ergänzend steht ein erläuternder Leitfaden (Seite 20ff. des Standardentwurfs) zur Verfügung, der Berechnungsbeispiele, Formeln et cetera enthält.

Die Angaben in B 1 und B 2 fordern Informationen, welches Modul vom Unternehmen angewendet wird, ob es auf konsolidierter Ebene oder individueller Ebene genutzt wird und die Nennung der Tochtergesellschaften. Zudem soll das Unternehmen kurz spezifische Praktiken beschreiben, die auf eine Transition zu einer nachhaltigeren Wirtschaft abzielen, falls diese vorhanden sind.

Zudem sind der Gesamtenergieverbrauch aufgegliedert nach Energieträgern und die Brutto-THG Emissionen anzugeben. Eine Liste inklusive der Menge an Schadstoffen, die nach anderen gesetzlichen Vorschriften gemeldet werden müssen (oder Verweis auf öffentlich zugängliche Informationen (zum Beispiel Homepage)), Wasserverbrauch und -entnahme, Angaben zum Abfall- und Ressourcenmanagement et cetera sind nach dem aktuellen Entwurf ebenfalls gefordert. Soziale Aspekte werden unter anderem mit der Anzahl der Mitarbeiter aufgegliedert nach Vertragsarten, Geschlecht, Ländern sowie zu den Löhnen verlangt.

Das Unternehmen soll auch darüberhinausgehende Informationen qualitativer und quantitativer Art den Datenpunkten von B 3 – B 13 beifügen können. Möglich wären auch Ergänzungen aus dem PAT- und/oder Business Partner Modul.

PAT-Modul

Das Narrative-Policies, Actions and Targets Module (PAT-Modul) ergänzt das Basis Modul und ist für Unternehmen gedacht, die bereits formalisierte Unternehmensleitlinien, Maßnahmen und Ziele in Bezug auf die Nachhaltigkeit definiert haben (aber nicht berichtspflichtig im Sinne der CSRD sind). Es bedarf einer Wesentlichkeitsanalyse nach dem VSME-Standardentwurf, um die Offenlegung der wesentlichen Nachhaltigkeitsinformationen sicherzustellen; dabei kann Appendix B des VSME-Entwurfs als Leitlinie für das Unternehmen genutzt werden.

Die Erläuterungen zu Unternehmensleitlinien, Maßnahmen und Ziele (= Policies, Actions and Targets (PAT)), sind in N 1 bis N 5 mit circa 25 Be-/Umschreibungen der Leitlinien, Maßnahmen und Ziele vorgesehen. So soll das Unternehmen die wichtigsten Elemente seiner Strategie und seines Geschäftsmodells sowie die wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekte, die sich aus seiner Wesentlichkeitsanalyse ergeben haben, angeben.

Es soll auch erläutern, wie es mit den für ihn wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekten umgeht und welche Maßnahmen es ergriffen hat, um die Energieeffizienz zu verbessern und die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, sowie die damit verbundenen möglichen Auswirkungen in Bezug auf finanzielle Risiken und sofern einschlägig, in Bezug auf die Chancen.

Auch sollen Informationen zu sozialen Aspekten und Informationen über die Bekämpfung von Korruption und Bestechung sowie zur Governance und die Verantwortlichkeiten im Unternehmen gegeben werden. Zudem sollen neben den Angaben von B 1 und B 2 die in B 3 bis B 12 enthaltenen Offenlegungsanforderungen erfüllt werden, soweit sie für das Unternehmen von Bedeutung sind.

Business Partner Modul

Das sogenannte Business-Partner-Modul (BP-Modul) soll in Verbindung mit dem Basis Modul aber auch mit dem Basis- und PAT-Modul genutzt werden können. Es enthält weitere Daten, über die Offenlegungen in B 1 bis B 12 hinausgehend, die von Kreditgebern, Investoren, Geschäftspartnern des Unternehmens benötigt werden.

Es bedarf einer Wesentlichkeitsanalyse nach dem VSME-Standardentwurf, um die Offenlegung der wesentlichen Nachhaltigkeitsinformationen sicherzustellen; dabei kann Appendix B des VSME-Entwurfs als Leitlinie für das Unternehmen genutzt werden. Das Unternehmen soll entsprechend BP 1 bis BP 11 circa 35 Datenpunkte und Beschreibungen angeben. Beispielsweise, ob das Unternehmen in bestimmten Risikosektoren tätig ist, die Geschlechterdiversität im Leitungs- beziehungsweise Kontrollorgan und wenn es Emissionsreduktionsziele für sich festgelegt hat, sollen diese auch aufgenommen werden.

Es soll auch Informationen zu seinem Übergangsplan für die Minderung des Klimawandels und die erwarteten finanziellen Auswirkungen angeben, die sich aus physischen Risiken des Klimawandels auf das Unternehmen ergeben können. Gefährliche und/oder radioaktive Abfälle sollen ebenfalls in den Bericht aufgenommen werden.

Zudem soll angegeben werden, ob die internen Leitlinien des Unternehmens mit den internationalen Leitlinien, wie den UN-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechten, vereinbar sind, das Unternehmen Prozesse eingerichtet hat, die die Einhaltung unter anderem der OECD-Richtlinien für multinationale Unternehmen sichern und ob gegebenenfalls Verstöße im Zusammenhang mit der eigenen Belegschaft vorliegen.

Auch sind Angaben zu Anspruch und Nutzung familienbezogener Freistellungen und zur Anzahl der Auszubildenden vorzunehmen.

Ein Leitfaden steht für die Angabepflichten von BP 1 bis B 11 auf Seite 36ff. zur Verfügung.

Wesentlichkeitsanalyse für das PAT- und Business Partner Modul

Als Grundlage für die Nachhaltigkeitsberichterstattung dient die Wesentlichkeitsanalyse – ein Prozess, in dem die für ein Unternehmen relevanten Nachhaltigkeitsthemen identifiziert und bewertet werden. Die Anforderungen an die Wesentlichkeitsanalyse für das PAT-Modul und das Business Partner Modul sind im Entwurf des VSME umschrieben. Grundsätzlich soll das Ergebnis der Wesentlichkeitsanalyse sowie eine Liste der für das Unternehmen bedeutsamen Themen in den Nachhaltigkeitsbericht aufgenommen werden.

Bei der Wesentlichkeitsanalyse soll das Unternehmen die im Appendix B enthaltene Liste der Nachhaltigkeitsthemen als Leitlinie verwenden können. Wie bei den ESRS (European Sustainability Reporting Standards) für die CSRD-berichtspflichtigen Unternehmen gilt, dass eine sogenannte doppelte Wesentlichkeit zu ermitteln ist: die Auswirkungen des Unternehmens auf Umwelt und Menschen (impact materiality) und die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf das Unternehmen (financial materiality). Dabei sollen grundsätzlich aktuelle und potenzielle Auswirkungen, kurz-, mittel- und langfristig, einbezogen werden, wie auch die Wertschöpfungskette. Einzelheiten zur Wesentlichkeitsanalyse gibt es in Ziffer 42ff. des VSME sowie Ziffer 59 (zum PAT-Modul in N 2) und Ziffer 68 (zum BP-Modul).

Noch keine deutsche Fassung verfügbar

Die VSME liegt (bisher) nicht in einer offiziellen deutschen Übersetzung der Kommission oder der EFRAG vor. Die DIHK hat deshalb im Rahmen eines Pilotprojekts in Zusammenarbeit mit der dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) und dem Deutschen Rechnungslegungsstandards Committee e.V. (DRSC) eine Übersetzung erstellt. Dabei wurde nicht der komplette VSME-Entwurf übersetzt, sondern nur die Datenpunkte aus den drei Modulen. Das Dokument soll als Hilfestellung für das Verständnis des VSME zur Vorbereitung oder zur aktiven Teilnahme an der Konsultation dienen.

Unter www.josucon.de können Sie sich die Datei im Excel-Format herunterladen. 

Den aktuellen VSME-Entwurf finden Sie als PDF zum Download auf der Website von EFRAG.

Konsultation des VSME-Entwurfs – beteiligen Sie sich bis zum 21. Mai 2024!

Der Entwurf für einen VSME steht bis zum 21. Mai 2024 zur Konsultation. Den aktuellen VSME-Entwurf finden Sie als PDF zum Download auf der Website von EFRAG. Weitere Informationen, unter anderem Erläuterungen zur Entwicklung des VSME-Entwurfs und zum Hintergrund sind ebenfalls unter www.efrag.com verfügbar.

Im Rahmen der Konsultation sind die Einschätzungen und Bewertungen der KMU, die den VSME anwenden können, ebenso von Bedeutung wie die der großen Unternehmen und Geschäftspartner, die Daten der KMU anfordern.

Erfragt wird zum einen die Perspektive der Unternehmen, die verpflichtet sind, einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen:

  • Ist der VSME-Entwurf aus ihrer Sicht ausreichend?
  • Welche Informationen fehlen aus Sicht dieser berichtspflichtigen Unternehmen?

Zum anderen möchte EFRAG das Urteil der nicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichteten Unternehmen kennenlernen:

  • Ist der VSME-Entwurf für sie ausreichend, um Anfragen ihrer Geschäftspartner zu beantworten?
  • Können die betroffenen Unternehmen die vom VSME geforderten Informationen erheben und angeben?

Alle Unternehmen können ihre Einschätzungen und Antworten direkt an die DIHK übermitteln. Senden Sie diese bitte bis zum 26. April an vsme@dihk.de. Bitte geben Sie dabei an, in welcher IHK Sie Mitglied sind. Die regionalen IHKs werden über die Einschätzungen und Antworten zum VSME-Entwurf informiert. 

Sie haben auch die Möglichkeit direkt an der Konsultation von EFRAG teilzunehmen. Den direkten Link zum Fragebogen gibt es auf der EFRAG-Website.

Wie geht es weiter?

Nach Abschluss der Konsultation wird EFRAG voraussichtlich den Entwurf des VSME nochmals überarbeiten. Wir werden entsprechende Informationen zum jeweils aktuellen Stand hier aufnehmen.

(Quelle: www.dihk.de, 28.02.2024)

 
 
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