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Hafen Nürnberg

Klar Schiff gemacht

50 Jahre nach Unterzeichnung des Hafenvertrags präsentiert sich der Hafen Nürnberg als moderner Standort für Logistik und Dienstleistungen.

Das Nürnberger Hafengebiet ist eineinhalbmal so groß ist wie die Lorenzer und Sebalder Altstadt zusammen. Mit diesem Vergleich wies der scheidende Hafen-Geschäftsführer Harald Leupold bei seiner Verabschiedung auf die Bedeutung dieses Logistikzentrums hin. Der Logistik-Fachmann, der sich auch als Vizepräsident der IHK Nürnberg für Mittelfranken engagiert und nun in den Ruhestand geht, hat großen Anteil daran, dass der Hafen seine heute Größe erreicht hat. Auf einer Fläche von 450 Fußballfeldern sind mehr als 200 Unternehmen angesiedelt – ihr Spektrum reicht von Transport- und Speditionsunternehmen über Lagerlogistik und Kurierdienste bis zu Spezialunternehmen für Schwergutumschlag oder Papierrecycling.

Auch die Infrastruktur ist beeindruckend: Die Kai-Anlagen haben eine Länge von 5 500 Metern und werden von zahlreichen Kränen und Umschlaggeräten bedient. Das Litzenhubsystem im südlichen Hafenbereich ermöglicht in Kombination mit der Schwergut-Trasse, für die die Stadt Nürnberg verantwortlich zeichnet, den Umschlag von Schwergewichten wie z. B. Transformatoren der Siemens AG aus dem nahegelegenen Trafowerk in der Katzwanger Straße. „Wäre diese Infrastruktur nicht in Nürnberg vorhanden, hätte diese Industrie längst in Küstennähe abwandern müssen“, erklärte Leupold und machte an diesem Beispiel deutlich, dass ein enger Zusammenhang zwischen leistungsfähiger Infrastruktur und der Sicherung von Arbeitsplätzen besteht.

Ein wichtiger Baustein der Infrastruktur am Hafen ist das im Jahr 2006 eröffnete und seitdem mehrfach erweiterte Containerterminal. Im Zusammenspiel mit 54 Kilometern Gleisananlagen auf dem Hafengelände sowie dem Hafenbahnhof macht sie den Nürnberger Bayernhafen zu einem Schienenknotenpunkt mit weitreichender Strahlkraft. „Unsere Zugverbindung nach Südchina mag von der Einzeltonnage her zunächst wenig beeindruckend wirken“, so Leupold. Doch der Hafen erfülle damit auch eine Funktion als Türöffner.

Überhaupt hält Leupold nicht viel davon, die Leistung von Binnenhäfen stets nur in Tonnage zu messen: „Entscheidend für die Verlagerung hin zu den umweltfreundlicheren Verkehrsträgern wie Binnenschiff und Bahn ist deren Verkehrsleistung.“ Während die umgeschlagene Tonnage stets nur eine Momentaufnahme biete, sei die Reichweite der entsprechenden Tonnage ein Kriterium, das meist vernachlässigt werde. „Der Umschlag ist nur die Schnittstelle, die wahre Verkehrsleistung aber wird über Tonnenkilometer abgebildet“, sagt Leupold. So werde den konventionellen Verkehren laut Leupold u. a. deswegen oft der Löwenanteil des Umschlags zugerechnet, weil sie die letzte Meile der Belieferung abbilden – beispielsweise vom Hafen in die Stadt hinein. Das andere Extrem sei hier das Binnenschiff, auf das zwar auf den ersten Blick nur etwa ein Zehntel des konventionellen Umschlags entfalle. Dafür hätten Binnenschiffe mit einer durchschnittlichen Lieferstrecke von fast 1 000 Kilometern aber auch die zehnfache Reichweite der konventionellen Verkehre, die im direkten Vergleich unter 100 Kilometern rangieren. „Die Tonnage ist eben nur ein sehr relativer Wert“, so Leupold.

Die Bedeutung der Wertschöpfungsketten im Hafen erläuterte Leupold am Beispiel der Papierlogistik und der Position Nürnbergs als ein wichtiger Standort der Druckindustrie mit einem hohen Bedarf an Papier. Dessen Weg führt von der skandinavischen Papierfabrik über einen Ostseehafen und das trimodale Containerterminal zum Dienstleister im Hafen, wo die tonnenschweren Papierrollen eingelagert oder von hier aus gleich an die Druckereien geliefert werden. Doch damit nicht genug: In Zeiten des E-Commerce erleben Verpackungsmaterialien aus Altpapier einen Boom, von dem weitere im Hafen angesiedelte Spezialisten profitieren.

Eine Befragung, die die Bayernhafen-Gruppe unlängst unter den Unternehmen am Hafen durchgeführt hat, liefert weitere Hinweise über die wirtschaftlichen Impulse, die von diesem Logistikstandort ausgehen. Im Hafengebiet selbst sind demnach rund 6 700 Personen beschäftigt, in einem Radius von 75 Kilometern sind über 10 000 Arbeitsplätze mit dem Hafen verbunden. Zählt man noch Vorleistungen oder Investitionen hinzu, so sind laut der Untersuchung sogar rund 21 000 Arbeitsplätze mit dem Nürnberger Hafen in Verbindung zu bringen.

Auch was die Aufteilung der Arbeitsplätze angeht, die direkt am Hafen angesiedelt sind, brachte die Umfrage Erkenntnisse: Das weitaus größte Segment stellen mit 55 Prozent qualifizierte Fachkräfte, gefolgt von Spezialisten und Arbeitsplätzen im Managementbereich, auf die 16 Prozent entfallen. 25 Prozent der Mitarbeiter sind ungelernte Helfer, insbesondere bei den Kurier- und Expressdiensten. Absolute Experten mit hohem Spezialisierungsgraf machen vier Prozent der Arbeitsplätze aus.

Würdigung für Harald Leupold

15 Jahre lang hat Harald Leupold „seinen“ Hafen geführt. Bei seiner Verabschiedung würdigte Nürnbergs Wirtschaftsreferent Dr. Michael Fraas seine Verdienste als Geschäftsführer der Hafen Nürnberg-Roth GmbH und bezeichnete ihn als Brückenbauer. Leupold (Jahrgang 1953) startete 1970 in Oberfranken in das Berufsleben. Über verschiedene Leitungspositionen kam er 1982 zum ersten Mal an den Nürnberger Hafen, damals noch als Mieter. Es folgten einige internationale Stationen, bevor er im Jahr 2001 den Chefsessel im Lotsenturm der Rotterdamer Straße übernahm.

In seine Amtszeit fielen wichtige Meilensteine des Hafens, u. a. die Ansiedelung des trimodalen Conainerterminals und des Nürnberg Hauptzollamtes. Zu seinen wenigen Rückschlägen zählt er die Entscheidung des Nürnberger Stadtrates, die ursprünglich vorgesehene Erweiterungsfläche im südlichen Hafengebiet nicht für diese Nutzung freizugeben. Ein Anliegen war Leupold, die Konzentration von Logistikbetrieben im Hafen voranzutreiben und auf diese Weise unnötige Querverkehre zu vermeiden. Fraas unterstrich, dass Spitzenplätze in deutschen und europäischen Hafen-Rankings das erfolgreiche Wirken Leupolds dokumentieren. Er wünschte seinem Nachfolger Alexander Ochs, der seit 1999 für die Bayernhafen-Gruppe tätig ist, ebenfalls viel Erfolg.

Die Grundlage für die Erfolgsgeschichte des Nürnberger Hafens wurde im November 1966 – also vor genau 50 Jahren gelegt – als der Hafenvertrag zwischen dem Freistaat Bayern und der Stadt Nürnberg unterzeichnet wurde. Anlässlich dieses Jubiläums sprach Bayerns Finanzminister Dr. Markus Söder von einer „einzigartigen Erfolgsstory“. Der Freistaat Bayern als Bayernhafen-Gesellschafter werde die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die bayerischen Hafenstandorte auch künftig zu den Vorreitern gehören.

Hohe Investitionen

Seit 1966 haben über 36 000 Schiffe mit über 31 Mio. Tonnen Gütern an Bord den Bayernhafen Nürnberg angelaufen. Allein in den vergangenen zehn Jahren seien über 250 Mio. Euro in den Hafen Nürnberg investiert werden, so Söder. Weitere 58 Mio. Euro hätten die Bayernhafen Gruppe und die DB Netz AG in das Container-Terminal investiert. Heute ist der Nürnberger Hafen nach Angaben Söders eine der größten und bedeutendsten Güterverkehrs- und Logistikdrehscheiben in Süddeutschland und Europa. Seit seinem Bestehen habe sich der Standort vom reinen Massenguthafen zum modernen Dienstleistungshafen entwickelt.

Autor/in: 

sl.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2016, Seite 18

 
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