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Kammergespräch

Berufsbildung hat Zukunft

IHK_Kammergespraech_Wanka_0532 © Kurt Fuchs/ IHK

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka bei ihrem Vortrag im Historischen Rathaussaal.

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka war die Referentin beim 155. IHK Kammergespräch im Historischen Rathaussaal.

Berufsbildung mit Zukunft“ – so war der Vortrag der Ministerin überschrieben. Deren Stellenwert unterstrich IHK-Präsident Dirk von Vopelius auch in seiner Begrüßung: „Berufliche Bildung ist keine Sackgasse, sondern die Überholspur, auf der man Gas geben kann.“ Allerdings biegen immer weniger Jugendliche und junge Erwachsene auf diese Überholspur ab: „Wir haben in Deutschland einen Mangel an Auszubildenden. Es gibt inzwischen mehr unbesetzte Stellen als unversorgte Bewerber“, bedauerte Ministerin Wanka im Historischen Rathaussaal. So waren beispielsweise zum Stichtag 30. September 2016 im Bezirk der Agentur für Arbeit Nürnberg 152 unversorgte Bewerber gemeldet, denen 860 unbesetzte Ausbildungsstellen gegenüber standen.

Das System der dualen Ausbildung mit der Kombination aus betrieblicher Praxis und Berufsschule gehört längst zum Markenkern des Standorts Deutschland und gilt als ökonomischer Erfolgsfaktor. Inzwischen entwickelt es sich sogar zum „Exportschlager“, wie die Ministerin erklärte: Andere Länder übernehmen Elemente der dualen Berufsausbildung, um ihren Fachkräftenachwuchs zu sichern. So kooperiert das Bundesbildungsministerium u. a. mit Indien, China, Südkorea, Brasilien, Mexiko, Ecuador, Costa Rica und Südafrika.

Wanka stellte klar, dass ein polarisierender Konkurrenzkampf mit Hochschulen und Universitäten – Stichwort „Akademisierungswahn“ – keine zielführende Strategie sei, um Jugendliche für eine Berufsausbildung zu begeistern. Stattdessen setzt die Ministerin auf einen Mix aus Imagebildung, Beratung und Unterstützung für Jugendliche und Betriebe. Mit der Kampagne „Du + Deine Ausbildung = praktisch unschlagbar“ will das Bundesbildungsministerium in Kinospots und auf Großplakaten Jugendlichen die Attraktivität einer Berufsausbildung verdeutlichen. Das selbe Ziel verfolgt die Image-Kampagne „Elternstolz“, ein Gemeinschaftsprojekt der bayerischen IHKs, der Handwerkskammern und des Bayerischen Wirtschaftsministeriums.

Eltern spielen nach wie vor eine wichtige Rolle bei der Berufsentscheidung. „Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir diese Zielgruppe erreichen und über das System der dualen Ausbildung informieren“, betonte Wanka. Viele Eltern wünschten sich in Hinblick auf Einkommens- und Aufstiegsperspektive eine Akademikerlaufbahn für ihren Nachwuchs, ohne die Chancen einer Berufsausbildung zur Kenntnis zu nehmen, so die Ministerin. Hier soll Aufklärungsarbeit Abhilfe schaffen – beispielsweise auch über die zunehmende Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung. Wanka forderte, sich vom „Kästchendenken“ zu verabschieden: Der Berufsweg dürfe nicht allein durch die Startposition vorgezeichnet sein. Vielmehr gelte es, begabten Ausbildungsabsolventen auch ohne Abitur nach einigen Jahren Berufspraxis den Weg an die Hochschulen zu ebnen. Der Gesetzgeber habe diese Möglichkeit geschaffen, in der Praxis zeigten sich jedoch noch Hürden auf diesem Pfad.

Ein wichtiges Anliegen der Bildungspolitik ist nach Worten Wankas, den Anteil der jungen Erwachsenen ohne Berufsausbildung weiter zu senken. Dafür hat das Bundesbildungsministerium das Berufsorientierungsprogramm aufgelegt, das auf individuelle und präventive Beratung setzt. In der 7. und 8. Klasse erfahren Jugendliche mithilfe von Coaches mehr über ihre Neigungen, Kompetenzen und Stärken. Nach dieser Potenzialanalyse können die Teenager praktische Erfahrungen in mindestens drei Berufsfeldern sammeln.

Die Bundesbildungsministerin ging beim Kammergespräch auch auf die Nöte ein, die insbesondere kleine und mittlere Betriebe bei der Nachwuchsgewinnung haben. Diese Klientel unterstützt Wankas Ministerium mit der Initiative „Jobstarter – Für die Zukunft ausbilden“. Unternehmen auf Nachwuchssuche empfahl die Ministerin auch, sich neuen Zielgruppen zuzuwenden, wozu sie auch Studienabbrecher zählt: „Das sind keine Versager, sondern häufig pfiffige junge Menschen, die zum Teil mit unrealistischen Vorstellungen an die Uni gegangen sind.“

Johanna Wanka ließ keinen Zweifel daran, dass sich auch ein bewährtes Modell wie die duale Berufsbildung weiterentwickeln muss: „Die Digitalisierung wird Berufsbilder verändern.“ Allerdings sei eine Berufsausbildung auch in der Ära der Digitalisierung nach wie vor ein solides Fundament für eine gesicherte Erwerbsperspektive. Die Ministerin streifte in diesem Zusammenhang auch das Thema lebenslanges Lernen und plädierte für „Weiterbildungsinitiativen im Job, nicht erst bei Arbeitslosigkeit“. Diesen Appell unterstrich Johanna Wanka mit einem Zitat des antiken Athener Staatsmanns Perikles: „Es ist nicht unsere Aufgabe, die Zukunft vorauszusagen, sondern auf sie gut vorbereitet zu sein.“

Autor/in: 

aw.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2017, Seite 56

 
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