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Wirtschaftsmediation

Verhandeln statt streiten

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Kooperationsprojekt Wirtschaftsmediation: Komplexe Rechtsstreitigkeiten ausgleichend lösen, statt vor Gericht zu streiten.

Viele Zivilverfahren zu hoch komplexen Sachverhalten ziehen sich in die Länge. Denn oft müssen Gutachten eingeholt, ergänzt und durch Obergutachten verifiziert werden. Deshalb haben die IHK Nürnberg für Mittelfranken, die Rechtsanwaltskammer Nürnberg und die Nürnberger Justiz nun gemeinsam einen alternativen Weg entwickelt, um auch komplizierte, wirtschaftlich geprägte Verfahren rasch und interessengerecht zu lösen. Anfang Mai wurde das "Kooperationsprojekt Wirtschaftsmediation" bei einer Auftaktveranstaltung im "Haus der Wirtschaft" der IHK vorgestellt, die vom früheren IHK-Präsidenten Dirk von Vopelius und von Dr. Thomas Dickert, Präsident des Oberlandesgerichts Nürnberg, eröffnet wurde.

Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen u.a. diese Fragen: Wie lassen sich die Möglichkeiten einer außergerichtlichen Streitbeilegung (nach § 278a Zivilprozessordnung) in wirtschaftlich geprägten Zivilprozessen noch besser nutzen? Wie kann dieser Weg einer interessenorientierten Konfliktlösung künftig von Gerichten, Parteien und Prozessbevollmächtigten ausgestaltet und erfolgreich begangen werden?

Die Möglichkeit der Streitbeilegung gemäß § 278a ZPO gibt es schon seit vielen Jahren, aber die Partner des Projekts "Wirtschaftsmediation" sind sich einig, dass sie in der Praxis bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Deshalb wollen sie diesen auch gesetzlich vorgezeichneten Weg mit Leben füllen. Das Grundprinzip der Mediation: Ein bei einem Gericht anhängiger Zivilprozess kann auch mit Hilfe eines Vermittlers, der nicht Richter ist, beigelegt werden. Die Parteien können sich dafür selbst einen Experten aussuchen, der besonders für solche Vermittlungsgespräche ausgebildet ist. Idealerweise bringt dieser auch Spezialkenntnisse in dem entsprechenden Thema mit.

Verlauf einer Mediation

Die Parteien, deren Rechtsanwälte und der Vermittler treffen sich zu einem Gespräch am "runden Tisch" außerhalb des Gerichts. Zunächst werden alle Bedürfnisse und Interessen erörtert. Danach geht es daran, gemeinsam Lösungen zu finden. Dabei hilft der Vermittler mit Geschick und Fingerspitzengefühl, ein maßgeschneidertes Verhandlungsergebnis zu erreichen. Die Anwälte achten darauf, dass die Rechte ihrer Mandanten gewahrt bleiben. Der Zivilprozess vor dem Gericht wird so lange auf "Stand-by" gestellt. Einigen sich die Parteien, wird das Ergebnis in einem rechtsverbindlichen Vertrag schriftlich festgehalten. Damit endet dann auch das gerichtliche Verfahren. Sollte es auf diesem Wege zu keiner Einigung kommen, wird der Prozess vor Gericht fortgesetzt.

Vorteile der Mediation

Diese Verhandlungsform hat viele Vorteile: In einem Gerichtsverfahren beschränken sich die Erörterungen auf die einmal eingenommenen Rechtspositionen. Dagegen fließen in Vertragsverhandlungen alle Bedürfnisse und individuellen Ansprüche der Parteien ein. Mit einem Vertrag bestimmen die Kontrahenten das Ergebnis selbst. Gerade in den von den Gerichten als besonders komplex eingeschätzten Verfahren können die Parteien mit erheblich weniger Aufwand und deutlich schneller zu einem Ergebnis kommen.

Mit einem Gerichtsurteil kehrt dagegen nicht immer Frieden ein: Oft streiten die Parteien danach weiter. Demgegenüber können die Probleme im Vermittlungsgespräch an der Wurzel gepackt werden und sich die Parteien – im wahrsten Sinne – wieder richtig "vertragen". Dies kann vor allem dann sinnvoll sein, wenn die Parteien noch länger miteinander auskommen müssen oder eine längere Geschäftsbeziehung fortgesetzt werden soll.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2023, Seite 20

 
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