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Gut gerüstet in die Energiezukunft

Am 7. September 1962 gründeten die Ruhrgas AG, Essen, die Saarbrückener Saar Ferngas AG und die Luitpoldhütte AG in Amberg als erste Gesellschafter die Ferngas Nordbayern GmbH. Das Ziel war, im nord- und ostbayerischen Raum eine zuverlässige Erdgasversorgung zu schaffen. Heute zählt die FGN mit Sitz in Nürnberg zu den größten Ferngasgesellschaften Deutschlands und ist eigenen Angaben zufolge die zweitgrößte in Bayern.

Mit ihrem über 2 000 Kilometer langen Pipeline-Netz setzte die FGN im Jahre 2001 29,5 Mrd. Kilowattstunden Erdgas ab und erzielte einen Umsatz von über 669 Mio. Euro, eine deutliche Steigerung gegenüber den rund 510 Mio. Euro des Vorjahres. Das Unternehmen beliefert 39 weiterverteilende Unternehmen sowie 124 Industriekunden in Nordbayern. Die Investitionen wurden für 2001 mit rund zehn Mio. Euro beziffert. Anlässlich des Festaktes zum vierzigjährigen Bestehen mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft sprach Geschäftsführer Dr. Kurt Ratzka von einem „jungen und schlanken Unternehmen“, das sich erfolgreich im Wettbewerb behaupte und für eine Energiezukunft im Zeichen von Marktöffnung und Liberalisierung gut gerüstet sei. Ratzka betonte die Kundenbezogenheit der 30 Mitarbeiter in der Nürnberger Zentrale, die zum Erfolg wesentlich mitbeigetragen hätten.

Für den Gesellschafter Ruhrgas AG betonte deren Vorstandsmitglied Dr. Michael Pfingsten, dass die Vertriebspartnerschaft mit Ruhrgas dazu beigetragen habe, Gas zu einem „erstklassigen Markenartikel“ zu machen. Vertriebspartnerschaften würden in Zukunft eine noch wichtigere Rolle im Gasgeschäft spielen.

Die 60er Jahre: Energiemangel als Entwicklungsbremse
Der bayerische Wirtschaftsminister Dr. Otto Wiesheu ging in seiner Festrede auf grundlegende Fragen der Energiepolitik ein, wobei er den Aufbau der Gasversorgung als „gemeinsamen Kraftakt“ von Staat und Wirtschaft hervorhob. Wiesheu betonte, dass die in den frühen 60er Jahren nicht ausreichende Verfügbarkeit, Bezahlbarkeit und Sicherheit von Energie der größte Hemmschuh für die wirtschaftliche Entwicklung Bayerns gewesen sei. Die rund 50 lokalen, isolierten Gaserzeugungsanlagen, die es um 1960 im Freistaat gegeben hat und die auf Kohlebasis betrieben wurden, seien hoffnungslos unwirtschaftlich gewesen und hätten somit einen Ferngasanschluss an die leistungsfähigen Kokereigasversorgungen an Saar und Ruhr nahegelegt. In diesem Sinne sei die Gründung der FGN 1962 der Beginn gemeinsamer Anstrengungen von Staat und Wirtschaft zum Aufbau einer möglichst flächendeckenden Energie-Infrastruktur im Gasbereich. 1969 stieg der Freistaat Bayern konsequenterweise als Gesellschafter in die FGN ein. Gleichzeitig begannen nach Wiesheus Worten erste Sondierungen über die Möglichkeit eines Erdgasbezugs aus russischen Vorkommen, was dann von der Ruhrgas AG in die Hand genommen wurde. Ab 1973 floss das erste russische Erdgas über Waidhaus nach Bayern. Bayern habe, so der Wirtschaftsminister, den Bau überörtlicher Erschließungsleitungen seit Anfang der 70er Jahre systematisch unterstützt. Dabei wurden seinen Angaben zufolge insgesamt über 150 Mio. Euro an öffentlichen Geldern eingesetzt.

Rückzug des Freistaates
Den Anteil des Erdgases am Gesamtenergieverbrauch bezifferte Wiesheu auf rund 15 Prozent. Das Verbund- und Erschließungsnetz habe eine Länge von über 20 000 Kilometern und ermögliche fast 1 000 Städten und Gemeinden mit einem Anteil von über 80 Prozent der bayerischen Bevölkerung einen Zugang zum Erdgas. Der erreichte Ausbaustand habe es gerechtfertigt, die bisherige staatliche Unterstützung der Gaswirtschaft zu beenden, so Wiesheu. Deshalb habe sich der Freistaat im Rahmen der Privatisierung aus beiden bayerischen Ferngasgesellschaften zurückgezogen und das Förderprogramm für den Leitungsbau Ende 2000 abgeschlossen.

Erdgas gilt aus Sicht des bayerischen Wirtschaftsministeriums als der Energieträger mit dem größten Wachstumspotenzial. Dabei stoßen nach Wiesheus Worten die bisher wichtigsten Anwendungen, nämlich Heizung und industrielle Wärme, an Grenzen. Das Wachstum werde vor allem im Verstromungsbereich stattfinden, wobei die EU-Kommission mit einer Verdoppelung des Erdgasanteils bis 2020 auf 40 Prozent rechne. Dies sei aus bayerischer Sicht höchst problematisch und nicht hinnehmbar, da so bei Strom die gleiche preisliche Unkalkulierbarkeit wie bei Heizöl und Kraftstoffen eintrete. Interessanter sei aus seiner Sicht, so Wiesheu, der Erdgaseinsatz im Verkehr, jedoch seien hier noch weitere technische und infrastrukturelle Anstrengungen notwendig, die Bayern politisch unterstütze.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2002, Seite 38

 
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