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Finanzverwaltung hat direkten Zugriff auf die Steuerdaten

Seit dem 1. Januar 2002 darf die Finanzverwaltung im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung Einsicht in die EDV der Steuerpflichtigen nehmen. Nach der Abgabenordnung (§§ 146, 147) sind alle Steuerpflichtigen, die ihre Buchhaltung mit EDV-Unterstützung erstellen, verpflichtet, dem Betriebsprüfer alle steuerlich relevanten Daten unverzüglich lesbar und maschinell auswertbar zur Verfügung zu stellen. Diese Regelung, die von der Finanzverwaltung in einem Erlass über die „Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen“ (GDPdU; www.bundesfinanzministerium.de) konkretisiert wurde, hat für die EDV-Systeme weit reichende Folgen.

Drei Arten des Datenzugriffs
Der Zugriff der Finanzverwaltung erfolgt nur im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung, entweder durch einen Nur-Lesezugriff des Finanzbeamten in das EDV-System des Steuerpflichtigen (unmittelbarer Datenzugriff) oder auf Anweisung durch einen Mitarbeiter des Steuerpflichtigen (mittelbarer Datenzugriff) oder durch Überlassung der steuerlich relevanten Daten auf einem Datenträger (Datenträgerüberlassung). Dabei entscheidet die Finanzverwaltung darüber, welche Zugriffsform sie im konkreten Fall wählt. Da die Finanzverwaltung eine spezielle Prüfersoftware verwendet, ist davon auszugehen, dass die Datenträgerüberlassung der Regelfall des Datenzugriffs sein wird.

Was sind steuerlich relevante Daten?
Dabei darf die Finanzverwaltung nur auf die steuerlich relevante Daten zugreifen. Allerdings ist es Aufgabe des Steuerpflichtigen, steuerlich relevante von irrelevanten oder gar geschützten Daten zu trennen. Welche Daten steuerlich relevant sind, ist heftig umstritten. Sicher gehören hierzu die Daten der Finanzbuchhaltung, der Lohnbuchhaltung und der Anlagenbuchhaltung. Aber ob und in welchem Umfang auch Warenwirtschaftssysteme, Controllingsysteme, Management-Informationssysteme, e-mails und Intranet steuerlich relevante Daten enthalten und damit dem Datenzugriff der Finanzverwaltung unterliegen, ist unklar. Die Finanzverwaltung bejaht zumindest die Möglichkeit, dass auch außerhalb der Buchhaltung steuerlich relevante Daten gesucht werden können. Eine allgemeine Entscheidung trifft die Finanzverwaltung nicht, sondern verweist auf den Einzelfall. Daher erfolgt auch keine Zertifizierung von Software als „GDPdU konform“. Im Rahmen des Datenmanagements muss also gewährleistet werden, dass steuerlich relevante Daten markiert und von den anderen Daten getrennt zugreifbar sind, ohne dass dem Betriebsprüfer ein Zugriff auf den nicht relevanten Datenbestand möglich ist. Dabei sind die Geschäftsprozesse so zu ändern, dass steuerlich relevante Daten überhaupt als solche erkannt und getrennt werden können.

Die steuerlich relevanten Daten müssen maschinell auswertbar zur Verfügung gestellt werden. Darunter versteht die Finanzverwaltung den wahlfreien Zugriff auf alle gespeicherten Daten einschließlich Stammdaten und Verknüpfung mit Sortier- und Filterfunktionen, wobei die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben soll. Die Finanzverwaltung erwartet alle Auswertungsfunktionen, die auch der Steuerpflichtige hat, für jeden historischen Stand des Datenbestandes.

Maschinell auswertbare Daten
Nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger, DV-gestützter Buchführungssysteme (Bundessteuerblatt BStBl. 95, 738) musste der Steuerpflichtige alle Daten der EDV-Buchhaltung mit Belegcharakter zehn Jahre lang auf Bild- oder anderen Datenträgern aufbewahren. Es reichte aus, wenn die Daten lesbar gemacht werden konnten. Nun verlangt die Finanzverwaltung, dass die Daten nicht nur lesbar, sondern maschinell auswertbar sind. Eine optische Archivierung reicht somit nicht mehr aus.

Die beschriebenen Anforderungen an die EDV werfen erhebliche Probleme auf. Zum einen muss jedes EDV-System über genügend Speicherkapazität verfügen, um alle Daten für zehn Jahre auswertbar aufbewahren zu können. Darüber hinaus müssen neben den Daten alle zur Auswertung notwendigen Strukturangaben wie Formatangaben, Dateistruktur, Datenfelder und Verknüpfungen archiviert werden. Steuerlich relevante Daten müssen technisch von anderen Daten trennbar sein, das EDV-System sollte einen flexiblen Datenzugriff erlauben, damit während der Betriebsprüfung konkret entschieden werden kann, welche Daten nun wirklich steuerlich relevant sind. Bei Migrationen (Versionsänderungen, Updates, Plattformwechsel usw.) müssen alle Datenaltbestände maschinell auswertbar bleiben.

Die neuen Möglichkeiten der Finanzverwaltung erfordern vom Steuerpflichtigen seit dem 1. Januar 2002 das Erfassen der steuerlich relevanten Unterlagen im Unternehmen, die Identifizierung der Daten, die diese Unterlagen in der EDV-Welt repräsentieren und die detaillierte Verfahrensaufnahme, welche EDV-Anwendungen steuerlich relevante Daten erzeugen und verarbeiten.

RA Eva Storch
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2003, Seite 12

 
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