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Brisante Mischung aus Kunststoffen

Nicht selten wenn Lagerhallen und Produktionsstätten in Brand geraten, wird die Bevölkerung aufgefordert, wegen des starken Rauchs und der befürchteten giftigen Gase Fenster und Türen zu schließen. Schulen, Kindergärten und andere Einrichtungen werden vorsorglich geschlossen.

Der bvfa – Bundesverband Technischer Brandschutz e. V., Würzburg, nennt Autoreifen als ein Beispiel für die große Gruppe der in ihrem Brandverhalten zum Teil sehr unterschiedlichen Kunststoffe. Kunststoffe sind künstlich hergestellte, organische Stoffe, die im Wesentlichen aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff bestehen. Ihre Eigenschaften können durch die Art der Herstellung und die Beigabe von Additiven beeinflusst und so für verschiedenste Anwendungszwecke optimiert werden.

Nach ihren physikalischen, chemischen und thermischen Eigenschaften lassen sich die auf petrochemischer Basis hergestellten Kunststoffe in drei große Gruppen unterteilen. Thermoplaste werden bei Erwärmung weich und können verformt werden. Dazu gehören Folien, Schaumstoffe und Verpackungsmaterialien ebenso wie Kunstfasern, Rohre, Bodenbeläge, Kabelmäntel und Getränkeflaschen. Duroplaste werden dagegen nach dem Erkalten starr und lassen sich durch eine spätere Erwärmung nicht mehr verformen. Sie werden für Schläuche und Boote sowie für Geräte- und Formteile der Elektroindustrie genutzt. Elastomere schließlich bleiben elastisch und liefern den Rohstoff der Gummi- und Kautschukindustrie.

Da sich die einzelnen Kunststoffe trotz der ihnen gemeinsamen Kohlenstoffstruktur in ihrem chemischen Aufbau zum Teil sehr deutlich unterscheiden, können auch die thermischen und mechanischen Eigenschaften sowie ihr Brandverhalten stark differieren. Einfluss darauf haben aber auch Form und Oberfläche. Am Beispiel von Holz lässt sich dieses Phänomen sehr gut aufzeigen. So ist es außerst schwierig, einen Holzbalken zu entzünden, der dann auch nur langsam abbrennt, während Holzwolle sehr leicht zündet und Sägespäne sogar explosionsfähig sein können. Die Entzündbarkeit eines Stoffes und die Brandentwicklung in der Anfangsphase sind somit wichtige Parameter für die Brandentstehung und den Brandverlauf.

Häufig höhere Heizwerte als Kohle und Öl
Entscheidender Faktor zur Beurteilung des baulichen und anlagentechnischen Brandschutzes ist die Höhe der Brandlast. Grundlage für eine Berechnung sind zunächst Nutzungsfläche und Rauminhalt. Ausschlaggebend ist aber letztlich die Verbrennungsenergie – jene Energie, die bei einem Brand von den dort gelagerten Stoffen pro Gewichts- oder Volumeneinheit abgegeben wird. Da die Heizwerte von Massenkunststoffen zum Teil über denen mancher Energieträger liegen, ist die Brandgefahr nicht zu unterschätzen. Während Holz beispielsweise einen Heizwert von 18 MegaJoule pro Kilogramm (MJ/kg) und Kohle Heizwerte zwischen 27 und 33 MJ/kg erzielt, liegen Polypropylen (PP) und Polyethylen (PE) – Kunststoffe, die bevorzugt für Folien und Verpackungen genutzt werden – mit bis zu 46 MJ/kg weit darüber. Selbst Heizöl kommt nur auf 42,8 MJ/kg. Grundsätzlich birgt zudem die gemeinsame Lagerung unterschiedlicher Kunststoffe eine größere Gefahr.

Die Brandschützer stellen vielfach fest, dass es in den Betrieben zwar eine Sprinkleranlage gibt, diese aber nicht an neue Nutzungen (z. B. als Lager mit einer sehr viel höheren Brandlast) angepasst wird. Ein integriertes Schaumlöschsystem könnte viele Brände löschen. Sprinkleranlagen mit Schaumzumischung werden vorrangig für Gefahrstofflager mit brennbaren Flüssigkeiten oder einem hohen Kunststoffanteil eingesetzt. Wasser und Schaum bilden dabei das Löschmittel, aus dem durch gezielte Luftzufuhr Schaumblasen entstehen. Der Schaum legt sich dann als stabiler Teppich über das brennende Material, trennt die Flammen von der Sauerstoffzufuhr ab und unterdrückt so die Entwicklung toxischer Brandgase zum Schutz von Mensch und Umwelt.

Peter Hager, bvfa
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2004, Seite 19

 
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