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Mittelfranken gestaltet die neue IT-Welt mit

In diesem Jahr hatte sich die weltweite Computer-Leitmesse CeBIT in Hannover die neuen digitalen Lebens- und Arbeitswelten auf die Fahnen geschrieben. Mit 6 270 Ausstellern (Vorjahr 6 109) aus 69 Ländern konnte die Messe erstmals wieder ein leichtes Plus verbuchen. Der Zuwachs resultierte auch aus einer weiter gestiegenen Auslandsbeteiligung – mehr als die Hälfte der Aussteller reiste aus dem Ausland an. Die Region Mittelfranken war mit 50 Unternehmen und Institutionen in Hannover präsent.

Im Vorfeld der CeBIT machte der Branchenverband Bitkom (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V., http://www.bitkom.org) den Unternehmen Mut. Seit dem Minus in 2002 geht es in der Informationswirtschaft und Telekommunikation wieder kontinuierlich bergauf. In Westeuropa legte der Branchenumsatz um drei Prozent auf 594 Mrd. Euro zu, für 2005 und 2006 rechnet der Verband mit Zuwächsen von jeweils knapp vier Prozent. „Dank dieser Schübe nimmt unsere Branche ihre Position als Konjunkturmotor wieder ein“, resümierte Bitkom-Chef Willi Berchtold zufrieden. Man halte weiter an dem Ziel fest, in Zukunft etwa doppelt so stark zu wachsen wie die Gesamtwirtschaft. Berchtold hob hervor, dass nicht einmal mehr ein Viertel des Geschäfts auf Hardware entfalle, obwohl die Gerätehersteller wieder ein Plus vermelden konnten. Die Segmente Software und Services legten deutlich stärker zu. Die frühere Bedeutung der Fertigungsindustrie wurde längst von IT-Dienstleistungen abgelöst.

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit wachse der e-commerce geradezu explosionsartig. „Auf den B2B-Marktplätzen brummt es gewaltig.“ Rund 680 Mrd. Euro wurden im vergangenen Jahr in Westeuropa per Mausklick umgesetzt, fast jeder dritte Euro davon in Deutschland. Damit ist Deutschland Europameister, der heimische e-commerce-Markt ist so groß wie die Märkte von Frankreich, Italien und Spanien zusammen.

„Die mittelfränkischen Firmen zeigen Kompetenz in Sachen Datensicherheit, Sprachtechnologie und Telekommunikation“, sagte Michael Nordschild, Geschäftsführer der Nürnberger Initiative für die Kommunikationswirtschaft (NIK) e.V. (http://www.nik-nbg.de). Damit lagen sie ganz im Trend der Messe, die einen besonderen Fokus auf Lösungen und Dienstleistungen für IT-gestützte Geschäftsabläufe und Kommunikationstechnologien setzte. Ein großes Thema seien zudem neue Speichertechnologien, Prozessoren und die gesamte Palette der digitalen Unterhaltung.

Novell stärkt „Linux Valley Nürnberg“
Überaus erfreulich für den Standort Nürnberg ist die auf der CeBIT verkündete Entscheidung von Novell (http://www.novell.com/de-de, http://www.suse.de), rund eine Mio. Euro in zwei neue Center vor Ort zu investieren. Die Mutter der Linux-Softwareschmiede SuSE will jetzt im April ein so genanntes „Porting & Migration Center“ aufbauen. In diesem können Novell/Suse-Kunden und -Partner ihre Produkte auf Linux-Basis unter Laborbedingungen testen, zertifizieren oder individuell konfigurieren lassen. Damit wird der Standort Nürnberg, der sich gegen Frankfurt und Amsterdam durchsetzen konnte, als europaweites Zentrum gestärkt und der Ruf der Region als „Linux Valley“ weiter unterfüttert. Novell sichert damit nicht nur die Arbeitsplätze der rund 400 SuSE-Mitarbeiter, sondern entfaltet auch eine spürbare Sogwirkung für andere Ansiedlungen. „Nürnberg wird im Linux-Bereich eine globale Bedeutung bekommen“, ist sich der europäische Novell-Chef Richard Seibt sicher. Laut NIK-Geschäftsführer Nordschild haben bereits erste Firmen mit Ansiedlungsplänen angeklopft.

Außerdem sollen von einem zweiten Center in Nürnberg aus (so genanntes „Executive Briefing“) die Top-Entscheider in Wirtschaft und Verwaltung zu einem Wechsel des Betriebssystems bewegt werden. Ausdrücklich lobte Seibt das unterstützende Engagement der Stadt Nürnberg, die unter anderem mit dazu beigetragen habe, dass die Bayerische Staatsregierung den Großraum als Linux-Zentrum in ihre Cluster-Planungen aufgenommen habe.

Um die Linux-Welt weiter auf Trab zu bringen hat Novell mit 28 weiteren Firmen den Verein Linux Solution Group (LiSoG e.V.; http://www.lisog.de) gegründet. Ziel der neuen Kooperations-Plattform ist es, den Einsatz von linuxbasierten Lösungen in Unternehmen und Behörden zu fördern und die Marktakzeptanz in einer breiteren Anwenderschaft zu erhöhen. Zu den Referenzanwendern eines Linux-Betriebssystems gehören u.a. die Städte München und Schwäbisch Hall sowie Apollo-Optik und der Finanzdienstleister MLP.

COI zieht nach Nürnberg um
Den Besuchern aus Mittelstand, Großindustrie und Verwaltung zeigten die Experten der Herzogenauracher COI (http://www.coi.de), wie ihre Geschäftsprozesse mit COI-BusinessFlow abgebildet und die Zusammenarbeit über unterschiedliche Standorte hinweg effektiv unterstützt werden kann. So stellt ein zentrales Dokumentenmanagementsystem (DMS) einen Lösungsansatz dar, um beispielsweise für das Rating im Rahmen von Basel II unternehmensweit Informationen strukturiert und aktuell vorzuhalten. COI war Ende der 80-er Jahre als Ausgründung der INA-Gruppe entstanden und gehört seit Ende letzten Jahres zur Münchner Certina Holding. Der neue Eigentümer Giovanni Santamaria gab zudem in Hannover bekannt, dass COI mit seinen 60 Mitarbeitern voraussichtlich noch im April nach Nürnberg umziehe werde. Der Vorjahresumsatz von rund acht Mio. Euro werde moderat zulegen, 2006 werde für COI „das erste Jahr des Wachstums“ unter neuer Führung werden.

Die Nürnberger Ancud IT Beratung (http://www.ancud.de) war einer von acht mittelfränkischen Newcomern auf der CeBIT. Das vor fünf Jahren gegründete Unternehmen hat sich auf das Dokumenten- und Informationsmanagement in Unternehmen spezialisiert. Derzeit, so weiß Ancud-Berater Hürcan Bulut, würden etwa eingehende Rechnungen eingescannt und vielfach nur nach einem individuellen System abgespeichert. Sein Dokumentenmanagement erfasse automatisch einen Dokumenteninhalt nach bestimmten Schlagworten und Verknüpfungen und lege die Dateien automatisch ab. Auf diese Weise könne man auch etwa e-mails zur Archivierung vorsortieren lassen. Außerdem ließen sich problemlos 10 000 Files an ein bestimmtes System anbinden. Bulut war mit dem Engagement auf der CeBIT zufrieden: „Es gibt nichts Vergleichbares.“

Weitere CeBIT-Neulinge waren die drei Fürther Unternehmen Softwerk (http://daum-electronic.de) und LT-ec services & solutions aus Fürth (http://www.lt-ec.de), die Schwabacher Alpha Technologies (http://www.alpha.com) sowie die Erlanger Sigma (portamundi (http://www.portamundi.de), eine Ausgründung aus der Nürnberger Unternehmensfamilie Müller Medien, sieht sich als einer der marktführenden deutschen Anbieter für Microsoft .NET basierte Content Management Systeme. Für Internet-Agenturen und Systemhäuser wurde ein Partnerprogramm entsprechend ausgebaut. Es bietet diesen die Möglichkeit, mit einer vollständig Microsoft .NET basierten Lösung ihr Portfolio abzurunden. Auch die österreichische H&S Heilig und Schubert InformationsManagement (http://www.hs-soft.com) hatte sich entschieden, erstmals auf der CeBIT das Dokumentenmanagement ihres Tochterunternehmens in Schwabach vorzustellen. Hier liegt der Fokus auf speziellen Archivierungslösungen von e-mails, die aus dem Outlook-Programm inklusive Anlagen nachvollziehbar abgelegt werden. Dadurch lasse sich etwa der gesamte Datenverkehr bis zu einem gemailten Vertrag nachvollziehen und entspreche den Anforderungen zur Dokumentation, Verträge rechtssicher abzulegen. Werden nachträglich Änderungen am Dokument vorgenommen, wird automatisch eine neue Version geschaffen, ohne die Ursprungsversion zu verändern.

Die H+BEDV Datentechnik hat mit der Nürnberger AntiVir PersonalProducts (http://www.antivir-pp.de) im vergangenen Herbst eigens eine eigene Tochter gegründet, in der Angebote und Services für Privatanwender gebündelt sind. Zur Messe brachten die 15 Sicherheitsspezialisten zusätzlich zur bekannten Freeware eine Kaufversion der AntiVir PersonalEdition auf den Markt. Diese ergänzt den umfassenden Schutz der kostenfreien Software um verschiedene leistungsfähige Features, wie z. B. einen Pop3 Scanner. Mit diesem Schritt, so der Geschäftsführer des Tochter-Unternehmens, Robert Sturm, soll für mehr Schutz und Sicherheit gesorgt werden – in der virtuellen und realen Welt. Aus jedem Online-Verkauf der AntiVir PersonalEdition Premium gehen fünf Euro direkt an die vom Hauptgesellschafter Auerbach neu ins Leben gerufene gleichnamige Stiftung.

Viel Flagge zeigten wieder die verschiedenen Bereiche von Siemens, darunter die Siemens Business Services (SBS) (http://www.siemens.de), die unter anderem ihr komplettes Angebot für die Finanzdienstleistungsbranche oder für die Fertigungsindustrie eine Supply-Chain-Management-Lösung mit integrierter RFID-(Radio Frequency Identification) Lösung vorstellte. Exemplarisch für die Aktivitäten im e-government (elektronische Abwicklung von Verwaltungsvorgängen) wurde das Leistungsspektrum des Berliner e-government-Labors präsentiert. Hier werden nach industriellem Vorbild beispielsweise Gesamtprozesse von Behörden und Institutionen systematisch nachgebildet, um Akten durchgängig digital bearbeitbar zu machen. So wurden bislang für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg rund eine Mio. Akten und Dokumente digitalisiert. „Maris Online“ („Migrations-, Asyl, Reintegrations- und Integrations-System“) steht für den sicheren Austausch zwischen den Ausländerämtern der Länder, den Verwaltungsgerichten und anderen Bundes- und Landesbehörden. Das Pilotverfahren sorgte für eine schnellere und einfachere Aktenbearbeitung, beschleunigte Verfahren bei Ämtern und Gerichten sowie den rechtssicheren Austausch von Vorgängen und Dokumenten.

Die Nürnberger Funkwerk Enterprise Communication (FEC; http://www.funkwerk-ec.de) zeigte Produktneuheiten der Marken Artem, Bintec und Elmeg. Unter dem Dach der Funkwerk AG wurden im vergangenen Jahr Artem und die Nürnberger Bintec Access Networks zur Funkwerk Enterprise Communications verschmolzen. Zu Jahresbeginn wurde zudem die Elmeg integriert. Die neue Einheit soll einen Vertrieb mit einem breiteren Produktportfolio ermöglichen und im Back Office Optimierungen in Einkauf, Logistik, Finanzen und Personalmanagement erleichtern. FEC sieht sich als europaweit führender Hersteller von professionellen Netzwerkzugangs- und IT-Lösungen. Die drei Marken stehen etwa für Technologien in den Bereichen Wireles LAN, IP-basiertes Routing oder Voice over IP. Im Fokus stehen Lösungen im Bereich Sprach-Daten-Konvergenz. So wurde eine erste gemeinsam entwickelte Konvergenz-Lösung mit Elmeg und Bintec-Technologie vorgestellt.

Im Rahmen ihrer Partnerschaft mit Microsoft stellte die Nürnberger evosoft (http://www.evosoft.de) mit evoPharma und evoEnergy zwei neue Customer Relationship Management Branchen-Lösungen vor. Sie ergänzen die Basis-Funktionalitäten von Microsoft CRM um weitere Features, verbessern die Interaktion mit den Kunden, optimieren interne Prozesse und sind einfach und schnell an die spezifischen Gegebenheiten des Energiesektors sowie der Pharmaindustrie anpassbar. Das Branchen-Template Pharma ist zugeschnitten auf die Bedürfnisse des pharmazeutischen Außendienstes, um etwa Aufträge online aufzunehmen und schneller ausliefern zu können. Mit evoEnergy für die Strom- und Gas-Energieversorgungsindustrie können Energieversorger z.B. Großkunden, Sondervertragskunden oder Tarifkunden mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen aus einem Tool heraus betreuen.

Für mehr Sicherheit bei Datenübertragung und Zugang will weiterhin die Nürnberger NCP Secure Communications (http://www.ncp.de) sorgen. Sie schützt das zentrale Datennetz vor unerwünschten Eindringlingen, dichtet die Übertragungsleitung gegen unerlaubte Lauscher ab und schirmt auch das Notebook, den digitalen Planer oder das internetfähige Handy vor Angreifern ab. Nach wie vor, so weiß NCP-Chef Peter Söll aus Erfahrung, gehen Anwender viel zu sorglos mit ihren Daten um. „Geheimdienste oder Wettbewerber greifen Daten gern auch von Mittelständlern ab, die besonders nachlässig mit firmeninternen Informationen umgehen.“ NCP peilt für dieses Jahr ein Umsatzwachstum auf über zehn Mio. Euro an und will nach ersten Engagements in Übersee und Westeuropa nun die Märkte in Osteuropa verstärkt bedienen.

Für mehr anwenderbezogene Sicherheit präsentierte die Nürnberg Datev (http://datev.de) ein technisch marktführendes Produkt, mIDEntity. Der ausgeklügelte USB-Stick dient als universaler und dennoch sicherer Passwort-Speicher. Nach dem Single-Sign-On-Verfahren genügt ein einziger Einlog-Vorgang und der Nutzer hat Zugriff auf alle gewünschten Ressourcen und Dienste, deren unterschiedliche Passwörter auf dem Stick hinterlegt sind. Zudem ist die digitale Identität für elektronische Signaturen hinterlegt. Darüber hinaus lassen sich auf Computer-Festplatten auch leicht verschlüsselte Laufwerke für sensible Daten anlegen. Die Datev, die als Softwarehaus, IT-Dienstleister für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte sowie als Trust-Center-Betreiber tätig ist, wird diesen digitalen Sicherheitsschlüssel ausschließlich über ihre Mitglieder an deren Mandanten vertreiben.

Risikomanagement ist ein bedeutsames Thema, das rund 95 Prozent für wichtig oder sehr wichtig halten. Knapp 84 Prozent behaupteten von sich sogar, das Thema gut oder sehr gut zu kennen. Das ist ein Ergebnis der auf der CeBIT vorgestellten Risikomanagementstudie der Erlanger Astrum IT (http://www.astrum.de) an der insgesamt 180 Unternehmer teilnahmen. Als Ziele stehen die „Früherkennung“ und das „Ergreifen von Gegenmaßnahmen“ sowie die „Risikominimierung und –vermeidung“ an der Spitze der Nennungen. Deutlich wurde auch, dass bei den Anwendern der Begriff des „Risikos“ sehr unterschiedlich definiert wird. Auf der CeBIT unterzeichnete Astrum auch einen Vertrag mit der hessischen Polizei: Bis zu 18 000 Polizeibeamte des Bundeslandes erhalten ihre Dienstpläne in Zukunft über die Software „SP-Expert“ des Erlanger Unternehmens.

Den mit 5 000 Euro dotierten „BestPractice-IT Award 2005“, der von der G+F Verlags- und Beratungs-GmbH in Forbach ausgeschrieben wurde, konnte Joachim Weiß, Geschäftsführer der malerweiß GmbH in Schwabach (http://www.malerweiss.de), entgegen nehmen. Das Unternehmen mit 40 Mitarbeitern wurde für das durchgängige IT-Konzept gelobt, das unter anderem auch Dokumentenmanagement und mobile Kommunikation beinhaltet.

Die Sikom Software GmbH, Heidelberg/Erlangen (http://www.sikom.de), wurde am Rande der CeBIT mit dem „Teletalk Best of CeBIT Award“ für Spracherkennung ausgezeichnet. Prämiert wurde von der Zeitschrift „Teletalk“ eine Sprachportal-Technologie, die nach Firmenangaben die erste multimodale Telekommunikationsplattform in Europa darstellt.

Der Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik III der Uni Erlangen-Nürnberg (http://www.wi3.uni-erlangen.de) erläuterte auf dem Gemeinschaftsstand von Bayern Innovativ (http://www.bayern-innovativ.de) die Einsatzmöglichkeiten von PersoKomp, einem webbasierten Kompetenzmanagementsystem zur Unterstützung der Bewerbervorauswahl. Einsatzgebiet des modularen Systems ist beispielsweise die Mitarbeiterauswahl in kleinen und mittleren Unternehmen sowie die Eignungsberatung von Studierenden. So werde in Kürze die Freie Uni Berlin den angehenden Studierenden dieses Tool zur Verfügung stellen, um die Zahl der Studienabbrecher oder -wechsler zu minimieren. Entwickelt wurde PersoKomp gemeinsam mit der Nürnberger Willmy Media Group (http://www.willmy.de). Außerdem hat der Lehrstuhl zur CeBIT den MigrationNavigator freigeschaltet (http://www.migrationnavigator.org), der internetbasiert bei der Auswahl von Open-Source-Migrationsstudien unterstützt. In einer detaillierten Bedarfserhebung werden etwa Kosten für Software oder Support abgefragt, um am Ende eine passende Studie präsentiert so bekommen, so Lehrstuhl-Mitglied Shota Okujava.

Thomas Tjiang
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2005, Seite 44

 
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