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Das können Sie halten, wie Du willst

Baut das Duzen im Unternehmen Hierarchien ab und verbessert es die Arbeitsatmosphäre?

Wer ungewollt geduzt wird, ist in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Das erklären Arbeitsrechtler. Wenn allerdings das Duzen zum Unternehmenskonzept gehört, stehen sich Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und das Interesse des Arbeitgebers an seinem Unternehmen entgegen. Duzen sich z.B. alle Mitarbeiter eines Unternehmens, das junge Mode verkauft, soll durch das Duzen der Verkauf gesteigert werden. Die Mitarbeiter übermitteln den Kunden durch das Duzen ein junges Lebensgefühl, so die Absicht. Wenn das aufgeht, wollen sich die Kunden auch so jung fühlen und kaufen die Produkte des Unternehmens vielleicht eher. In solch einem Fall geht das Interesse des Arbeitgebers vor.

Bundesweit Schlagzeilen gemacht hat die ehemalige Nürnberger norisbank, als sie Anfang dieses Jahres mit der Umfirmierung zur TeamBank auch das Duzen als Angebot für alle Mitarbeiter eingeführt hat. Seitdem wird selbst Vorstandschef Theophil Graband von Pförtner und Fahrer mit „Guten Morgen, Theophil" begrüßt. Graband hat nach Vorbild des englischen Business-Du allen die formlose Anrede angeboten. „Wir sind aber nicht auf internen Schmusekurs gegangen, sondern wollten eine klare und direkte Kommunikation kultivieren. Das ist uns gelungen", so Graband. Mehr als zuvor gelte etwa in den Besprechungen der Wettbewerb von Ideen und Argumenten und weniger das hierarchische Machtwort.

Bis in die 60er Jahre wurde in bürgerlichen Kreisen klar getrennt: Man duzte, so Werner Kallmeyer, Soziolinguist am Institut für Deutsche Sprache in Mannheim, allein seine Familie und enge Freunde. Kallmeyer: „Selbst Studenten haben sich damals gegenseitig gesiezt. Mit den 68ern wurde das ,proletarische’ Du, bis dato ein Kennzeichen des kleinen Mannes, auch in akademischen Kreisen populär.“ Es sollte einen Gesinnungswandel markieren, die sozialen Grenzen niederreißen zwischen Institutsdirektor und Hausmeister. Eine Weile sah es dann so aus, als würde sich in Deutschland das „Du" als die allgemeine gegenseitige Anredeform immer mehr ausbreiten. Der Trend in diese Richtung, der in den 80er und frühen 90er Jahren zu beobachten war, hat sich inzwischen aber wieder gewendet.

Geändert hatte das gegenseitige Duzen an den Hierarchien ohnehin nicht viel. Kallmeyer: „Das haben wir in Studien belegt. Wir haben Computer- und Webdesign-Firmen, in denen Duzen die Regel ist, mit traditionellen Siez-Betrieben verglichen.“ Das Ergebnis: Ob Du oder Sie, Krawattenzwang oder Jeans – die innerbetriebliche Hierarchie bleibt stabil. Menschen haben ein sehr sensibles Gespür für Machtgefüge. Jeder Mitarbeiter weiß, auf welcher Stufe der Hierarchie er steht, die Signale werden nur subtiler: Wer darf wem jovial auf die Schulter klopfen? Wer lädt den anderen ein, gemeinsam Mittag zu essen? „Es dürfte auch keinem Chef gelingen, allein mit dem Du miserable Arbeitsbedingungen schönzufärben“, so Kallmeyer.

Autor/in: 
hpw.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2007, Seite 38

 
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