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Ein weites Feld

Die Energiepreise haben ein volkswirtschaftlich bedenkliches Niveau erreicht. Die Politik feilt deshalb an Konzepten für mehr Wettbewerb.

Die Energiepreise in Deutschland haben ein Niveau erreicht, das mit der Entwicklung der Primärenergie- bzw. Rohstoffkosten nicht mehr begründbar erscheint. Dies gilt insbesondere für den Strommarkt, in dem die Preise laut einer Reihe von wissenschaftlichen Studien beträchtlich über den Kosten für Produktion und Bereitstellung liegen. Nach Einschätzungen von Bundeskartellamt, Monopolkommission sowie zahlreicher weiterer Experten sind strukturelle Defizite im Wettbewerb – wie die zunehmende Konzentration auf der Stromerzeugungs- und übertragungsebene – die Hauptursache hierfür.

In den letzten Jahren hat allerdings auch der Staat kräftig an der Energie-Preisschraube gedreht: Die staatliche Belastung am Strompreis ist heute fünfmal so hoch wie vor acht Jahren. Im Bereich der Haushaltskunden entfallen mittlerweile rund 40 Prozent des Strompreises auf Steuern und Abgaben wie Stromsteuer, Umsatzsteuer, Konzessionsabgaben sowie Umlagen für erneuerbare Energieträger und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Besonders gravierende Auswirkungen für die Industrie resultieren aus dem EU-Emissionshandel mit Kohlendioxid-Zertifikaten.

Eine im Auftrag der EU-Kommission durchgeführte Studie kam zu der Einschätzung, dass in Deutschland die Großhandelspreise für Strom ohne den Emissionshandel um rund 30 Prozent niedriger liegen würden. Die bislang gleichrangig definierten Ziele einer sicheren, preisgünstigen und umweltverträglichen Energieversorgung werden von der Politik zunehmend unter das Primat des Klimaschutzes gestellt. Vor diesem Hintergrund sind ein Abbau der staatlichen Belastungen und damit verbundene Senkungen des Strom- bzw. Erdgaspreises nicht zu erwarten. Die politischen Konzepte für Preissenkungen und mehr Wettbewerb konzentrieren sich daher auf strukturelle Änderungen im Strom- und Gasmarkt, auf einen Ausbau der Netzentgeltregulierung sowie auf Änderungen im Wettbewerbsrecht.

Pläne der Europäischen Union
Die EU hat einen Vorschlag zum sogenannten 3. Binnenmarktpaket für den Energiesektor vorgelegt, nach dem Unternehmen, die Energie erzeugen oder verkaufen, nicht gleichzeitig Eigentümer von Übertragungsnetzen für Strom und Gas sein können. Als Reaktion auf die massive Gegenwehr von neun EU-Mitgliedsstaaten – darunter Deutschland – gegen dieses „Ownership-Unbundling“ hat die EU-Kommission alternativ die Schaffung eines unabhängigen Netzbetreibers in ihren Vorschlag aufgenommen. Bei dieser Option können vertikal integrierte Versorger Eigentümer ihrer Netze bleiben, müssen jedoch deren Betrieb an unabhängige Unternehmen bzw. Stellen übertragen. Flankierend soll der Aufbau eines europäischen Netzwerkes der Übertragungsnetzbetreiber forciert werden. Die EU-Kommission erhofft sich dadurch eine Stärkung der Netzinvestitionen und eine Intensivierung des europäischen Wettbewerbs.

Deutschland will mit einem nationalen „Energiepaket“, das vier Maßnahmen umfasst, die Wettbewerbssituation verbessern. Bereits beschlossen ist die Kraftwerks-Anschluss-Verordnung, die Bestimmungen zu den Anschlussbedingungen großer Kraftwerke an das Hoch- und Höchstspannungsnetz regelt und neue Kraftwerksprojekt erleichtern soll. Für Kraftwerksinvestoren, die sich bis Ende 2007 auf ein konkretes Netzanschlussbegehren festgelegt haben und bis 2012 am Netz sind, gilt eine begrenzte Durchleitungsgarantie bei Engpässen.

Weiter hat das Bundeskabinett einen Verordnungsentwurf zur Anreizregulierung der Strom- und Gasnetze beschlossen. Hier soll der bisherige kostenbasierte Ansatz für die Netzregulierung ersetzt werden durch ein System, das den Betreibern echte Anreize für einen effizienten Netzbetrieb gibt. Dazu werden den Netzbetreibern ab 2009 Obergrenzen für ihre Erlöse vorgegeben, die auf Grundlage eines bundesweiten Effizienzvergleichs ermittelt werden. Die Unternehmen haben zehn Jahre Zeit, die Effizienzziele zu erreichen. Gelingt es den Unternehmen, diese Ziele zu übertreffen, können sie einen überdurchschnittlichen Gewinn erzielen.

Im April 2007 hat die Bundesregierung zudem eine verschärfte Missbrauchsaufsicht für den Energiebereich im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen verabschiedet, die bis 2012 befristet werden soll. Als verfahrensrechtliche Erleichterungen sollen die Beweislast zu Lasten der Energieversorger umgekehrt und die kartellrechtliche Missbrauchsverfügungen sofort vollzogen werden können. Künftig soll es marktbeherrschenden Energieversorgern verboten sein, Entgelte oder Konditionen zu fordern, die ungünstiger sind als diejenigen anderer Versorger auf vergleichbaren Märkten. Zudem dürfen die Entgelte die Kosten nicht „unangemessen“ überschreiten. Auch dürfen Kosten, die in einem Wettbewerbsmarkt nicht entstünden, nicht berücksichtigt werden.

Im Zweifel muss also der betroffene Energieversorger nachweisen, dass die geforderten Konditionen gerechtfertigt sind. Kann er das nicht, erhalten kartellrechtliche Missbrauchsverfügungen den Status der sofortigen Vollziehbarkeit. Die verfahrensrechtlichen Erleichterungen werden von der IHK-Organisation befürwortet.

Preiskontrollen sieht die IHK skeptisch: Hierdurch dürfte der Wettbewerb eher gebremst als beflügelt werden. Entgelte, die nicht ungünstiger sein dürfen als die von anderen Unternehmen, senken beispielsweise die Anreize zur Unterbietung von Wettbewerbern erheblich. Letztendlich bekämpfen diese Instrumente nur Symptome des unzureichenden Wettbewerbs, nicht aber die Ursachen, die vor allem in der Anbieterkonzentration bei der Stromerzeugung bzw. beim Erdgasimport liegen.

Aktivitäten der IHK
Der IHK-Ausschuss „Energie und Umwelt“ weist – in Kopperation mit dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) – bereits seit Jahren auf die Notwendigkeit von wettbewerbsfähigen Strom- und Gaspreisen hin und setzt sich für mehr Wettbewerb ein. Die IHK hält eine Aufstellung von bundesweiten Anbietern auf dem Strom- und Gasmarkt bereit.

Seit rund sieben Jahren bietet die IHK einen Strom-Rahmenvertrag mit wichtigen regionalen Versorgern an, der günstige Konditionen für kleine IHK-Mitglieder sichert. Rund 600 Unternehmen, die bis Ende Juli 2006 beigetreten sind (siehe WiM 4/2006), profitieren durch deutlich bessere Konditionen im Vergleich zum Markt. Kleine Sondervertragskunden können nach wie vor einen Rabatt von zwei Prozent auf Standardsonderverträge erhalten.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2007, Seite 22

 
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