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Qualifizierungsgipfel

Weichenstellungen für bessere Bildung

"Wohlstand für alle" ? das war die große Verheißung der Sozialen Marktwirtschaft, als sie noch in Kinderschuhen steckte. Heute, in Zeiten von Globalisierung und internationaler Arbeitsteilung, bedeutet die Sicherung von Wohlstand vor allem eines: Bildung für alle. Von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel

Bildung und Qualifizierung sind der Schlüssel für die persönlichen Chancen jedes Einzelnen und für die Zukunft unseres Landes. Sie sind das Fundament von wirtschaftlicher Stärke, gesellschaftlichem Zusammenhalt und sozialer Stabilität. Deshalb brauchen wir in Deutschland möglichst viele gut qualifizierte Fachkräfte und kluge Köpfe in Wissenschaft und Wirtschaft, die aus kreativen Ideen innovative und marktfähige Produkte machen. Unser Land muss die Bildungsrepublik Deutschland werden.

Bund und Länder haben am 22. Oktober 2008 in Dresden die "Qualifizierungsinitiative für Deutschland" beschlossen. Diese gemeinsame Vereinbarung über alle Bildungsbereiche hinweg ist einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik. Mit ihr sind wir auf dem Weg der Weiterentwicklung als Wissensgesellschaft einen wichtigen Schritt vorangekommen.

An erster Stelle unserer Vereinbarung steht das ehrgeizige Ziel, bis zum Jahr 2015 zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Bildung und Forschung zu investieren – drei Prozent in Forschung und Entwicklung und sieben Prozent in Bildung.

Forschungsförderung
Die Bundesregierung nimmt ihren Teil der Verantwortung sehr ernst. So haben wir in dieser Wahlperiode die Ausgaben zur Forschungsförderung um mehr als sieben Mrd. Euro erhöht. Bereits Anfang dieses Jahres haben wir Qualifizierungsmaßnahmen und -programme mit einem Gesamtvolumen von rund vier Mrd. Euro für die Jahre 2008 bis 2012 beschlossen. Darüber hinaus stellt der Bund den Ländern bis 2013 vier Mrd. Euro für den Ausbau der Kinderbetreuung zur Verfügung. Auch die Länder haben in den letzten Jahren wichtige Weichenstellungen vorgenommen, um die Qualität unserer Bildungseinrichtungen zu verbessern.

Gleichwohl stehen wir vor großen Herausforderungen. Unser Bildungssystem muss insgesamt durchlässiger werden. Es darf nicht aus Sackgassen bestehen, sondern muss Türen offen halten. Auch junge Menschen mit Migrationshintergrund sollten gleiche Bildungschancen in unserem Land haben. Dazu bedarf es nicht zuletzt einer besseren Sprachförderung. Außerdem müssen wir es schaffen, mehr junge Menschen für naturwissenschaftlich-technische Studiengänge zu gewinnen und die Universitäten in die Lage zu versetzen, Nachwuchskräfte für zukunftsträchtige Berufe bestmöglich auszubilden.

Schließlich muss die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen fester Bestandteil des Alltags werden. Dementsprechend zielt die Qualifizierungsinitiative auf Begabungsförderung auf allen Bildungsstufen ab – von der frühkindlichen Bildung über Schule, Ausbildung und Studium bis hin zur berufsbegleitenden Weiterbildung. Aufstieg durch Bildung – das ist der dahinterstehende zentrale Leitgedanke.

Durch mehr Investitionen in die frühkindliche Bildung verbessern wir die Startchancen aller auf eine erfolgreiche Bildungslaufbahn. Dazu gehören aufeinander abgestimmte Bildungsziele für Kindertagesstätten und Grundschulen ebenso wie eine intensivierte Sprachförderung der Kinder rechtzeitig vor Eintritt in die Schule.

Eine gute Schulbildung und ein erfolgreicher Schul- und Ausbildungsabschluss sind die beste Voraussetzung für einen gelungenen Start in den Beruf und eine eigenverantwortliche Lebensgestaltung. Deshalb ziehen Bund und Länder an einem Strang, um die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss und der jungen Erwachsenen ohne Berufsabschluss zu verringern. So sollen etwa an allen Schulen, die zu einem Hauptschulabschluss führen, Praxisangebote eine bessere Orientierung hinsichtlich des künftigen Berufs geben, damit der Übergang von der Schule in die Ausbildung möglichst reibungslos gelingt.

Mehr Durchlässigkeit brauchen wir auch zwischen Beruf und Studium. Deshalb wollen wir die Hochschulen für beruflich Qualifizierte öffnen. Dazu forciert die Bundesregierung den Ausbau der im letzten Herbst erfolgreich eingeführten Aufstiegsstipendien für Begabte aus der beruflichen Bildung, die ein Hochschulstudium aufnehmen. Zudem wird das "Meister-BAföG" um über 60 Prozent aufgestockt. So können wir den Kreis der Förderberechtigten und der förderfähigen Aufstiegsfortbildungen ausweiten, gezielte Leistungsanreize setzen und Familien noch besser unterstützen. Beruflich Qualifizierten wird nach dreijähriger Berufstätigkeit der fachgebundene Hochschulzugang eröffnet. Die Länder werden bis 2010 länderübergreifend die Voraussetzungen formulieren, unter denen Meister, Techniker und Fachwirte die Möglichkeit des allgemeinen Hochschulzugangs erhalten.

Hochschulpakt
Gemeinsames Ziel von Bund und Ländern ist, die Studienanfängerquote auf 40 Prozent eines Jahrgangs zu steigern. Dazu werden wir den Hochschulpakt 2020 konsequent fortsetzen. Besondere Anreize schaffen wir damit für Studienplätze in den sogenannten MINT-Fächern – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.

Außerdem hat die Bundesregierung in diesem Herbst das BAföG um zehn Prozent bei den Leistungssätzen und um acht Prozent bei den Freibeträgen erhöht. Dies ist nicht nur die erste Anhebung seit 2001, sondern zugleich eine der größten in der Geschichte des BAföG. Auch die Begabtenförderung weitet die Bundesregierung massiv aus, um mehr Studierende mit einem Stipendium zu unterstützen.

Bund und Länder werden außerdem die Exzellenzinitiative sowie den Pakt für Forschung und Innovation über das Jahr 2010 hinaus weiterführen und -entwickeln. Denn der Nachwuchs in Deutschland braucht international konkurrenzfähige Bedingungen.

Qualifizierung ist längst nicht mehr nur eine Frage im vorberuflichen Leben. Niemand kann heute noch davon ausgehen, einmal einen Beruf gelernt zu haben und sich dann nicht mehr weiterbilden zu müssen. Bund und Länder wollen deshalb bis zum Jahr 2015 die Weiterbildungsquote von 43 auf 50 Prozent der Erwerbsbevölkerung erhöhen. Dazu werden die Beratungsangebote und Infrastrukturen zur Weiterbildung gemeinsam mit den Kommunen und der Bundesagentur für Arbeit ausgebaut. Mit der Einführung des Bildungssparens schafft die Bundesregierung auch neue Möglichkeiten zur Finanzierung von Weiterbildung und lebenslangem Lernen.

Für ein erfolgreiches Bildungssystem trägt jedoch nicht allein der Staat die Verantwortung. Bildung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie betrifft Bund, Länder und Kommunen ebenso wie Wirtschaft, Gewerkschaften, Stiftungen und in der Bildungsarbeit tätige Menschen und letztlich jeden Einzelnen.

Die "Qualifizierungsinitiative für Deutschland" soll deshalb Schwung in ein breites gesellschaftliches Bestreben nach besserer Bildung und Qualifizierung geben. Nur wenn alle zusammenarbeiten, die in unserem Land für Bildung Verantwortung tragen, können wir wirklich eine Bildungsrepublik Deutschland werden – ein Ziel, das jegliche Anstrengung lohnt.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2008, Seite 10

 
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