Telefon: +49 911 1335-1335

GmbH-Reform

Alte Rechtsform im Höhenflug

Illu_WiM_1208 ©

Die GmbH-Reform ist nach zweijährigem Gesetzgebungsverfahren am 1. November 2008 endlich in Kraft getreten. Es handelt sich um die wichtigste Reform des Gesellschafts- und Insolvenzrechts in den letzten 28 Jahren. Illustration: Petra Herberger

Für Gründer brechen ganz neue Zeiten an. Das Stammkapital kann bei der neu eingeführten "Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)" – abgekürzte offizielle Schreibweise "UG (haftungsbeschränkt)" – frei gewählt werden. Daneben hat das GmbH-Recht etliche weitere Änderungen erfahren, die für Geschäftsführer und Gesellschafter von entscheidender Wichtigkeit sind.

Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)
Die neue Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) ermöglicht es Existenzgründern, ihr Stammkapital frei festzulegen. Je nach geplanter Tätigkeit kann das Kapital zwischen einem Euro und 24 999 Euro frei bestimmt werden. Allerdings ist dieses Kapital in jedem Fall bar und in voller Höhe zu erbringen. Sacheinlagen sind bei dieser Sonderform nicht möglich.

Um ein Anwachsen des Kapitals zu ermöglichen, muss die UG (haftungsbeschränkt) aber jedes Jahr in ihrer Bilanz eine gesetzliche Rücklage bilden. Jeweils 25 Prozent des um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschusses sind zu thesaurieren, also in diese Rücklage einzustellen. Diese Rücklage darf nur dazu verwendet werden, eine Kapitalerhöhung durchzuführen oder unter bestimmten Voraussetzungen einen Jahresfehlbetrag oder Verlustvortrag auszugleichen.

Diese Rücklagepflicht endet erst dann, wenn ein Kapitalerhöhungsbeschluss auf 25 000 Euro vorgenommen und dieser im Handelsregister eingetragen wird. Die UG (haftungsbeschränkt) kann dann auch entscheiden, ob sie die Umfirmierung mit den Rechtsformzusatz GmbH beschließt.

Eine weitere Erleichterung ist, dass sowohl für die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) als auch für die reguläre GmbH ein Gründungsset (Musterprotokoll und Mustersatzung) verwendet werden kann, was zu einer weiteren Kosteneinsparung bei der Gründung führt. Dieses Gründungsset kann verwendet werden, wenn nicht mehr als drei Gesellschafter und nicht mehr als ein Geschäftsführer vorhanden sind.

Ob diese Muster – insbesondere bei mehreren Gründern – immer interessengerecht sind, ist stets vorab in einer Beratung zu klären. Dafür steht der IHK-Geschäftsbereich Recht|Steuern gerne zur Verfügung. Soll vom Mustertext abgewichen werden, so muss der geänderte oder ergänzte Text notariell beurkundet werden. Die Gesellschaft muss immer unter der Bezeichnung Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) oder UG (haftungsbeschränkt) auftreten. Weitere Abkürzungen sind nicht zulässig. Insbesondere darf sie nicht als GmbH firmieren, da sonst die persönliche Haftung der Gründer eintreten kann.

Die UG (haftungsbeschränkt) ist buchführungs- und bilanzierungspflichtig wie die GmbH. Sie muss auch ihre Bilanz offen legen. Auch ansonsten gelten die Vorschriften aus dem GmbH-Gesetz und Handelsgesetzbuch.

Zu den ersten UG-Gründern in Nürnberg gehören Michael Kubens und Eugen Sobolewski. Sie haben bereits am 3. November 2008 das Unternehmen "designenlassen.de – Marktplatz für Kreativ-dienstleistungen UG (haftungsbeschränkt)" gegründet (www.designenlassen.de). Die UG betreibt eine Webseite, auf der Auftraggeber Designleistungen – wie beispielsweise die Gestaltung eines Logos – ausschreiben können. Designer können sich dann online an der Ausschreibung beteiligen und daraufhin ihre Vorschläge einreichen. Die Motivation, eine UG zu gründen, resultierte aus der Möglichkeit der Kombination von flexiblem Stammkapital und Haftungsbeschränkung. Anfangs hätten sie mit der englischen Limited geliebäugelt, bei näherem Hinsehen hätten jedoch bei der Limited die Bedenken wegen der Mischung deutschen und englischen Rechts überwogen, so Michael Kubens. Sowohl beim Notar, als auch beim Ordnungsamt und bei der Bank seien sie mit ihrer Unternehmergesellschaft jeweils als Erste vorstellig geworden. Auf Anraten des Notars haben Kubens und Sobolewski einen individuellen Gesellschaftsvertrag abgeschlossen.

Die GmbH muss zwar auch weiterhin ihren Satzungssitz in Deutschland unterhalten, kann aber künftig ihren Verwaltungssitz auch ins Ausland verlegen. Das erleichtert es insbesondere Konzernen, ihre Tochterunternehmen alle nach deutschem Recht zu gründen und zu führen, obwohl diese ihren tatsächlichen Sitz im Ausland haben.

Im Handelsregister ist eine inländische Geschäftsanschrift verbindlich zu hinterlegen, die online abrufbar ist und unter der die GmbH erreichbar ist. Es ist daher darauf zu achten, dass die GmbH unter der dem Register mitgeteilten Adresse auch erreichbar ist. Daneben können auch Nicht-Gesellschafter, wie z.B. Rechtsanwalt oder Steuerberater als zusätzliche zustellungsfähige Adresse im Handelsregister eingetragen werden. Ist eine "normale" Zustellung nicht möglich, steht künftig eine öffentliche Zustellung zur Verfügung.

Die Gründer haben auch bei der GmbH die Wahl, ob sie eine individuelle, notariell zu beurkundende Satzung erstellen oder das neue vereinfachte (notarielle) Verfahren nutzen (siehe oben).

Erlaubnispflichtige Tätigkeiten
Für gewisse Tätigkeiten benötigt die GmbH bzw. UG (haftungsbeschränkt) eine gewerberechtliche Erlaubnis, so z.B. für die Versicherungsvermittlung, für Finanzdienstleistungen, Wach- und Sicherheitsgewerbe usw. Damit das Gründungsverfahren in Zukunft noch schneller vollzogen werden kann, müssen derartige Genehmigungen zukünftig nicht mehr zum Zeitpunkt der Eintragung dem Registergericht vorgelegt werden. Allerdings gilt auch weiterhin: Erlaubnispflichtige Tätigkeiten dürfen erst dann von der Gesellschaft ausgeübt werden, wenn die entsprechende Erlaubnis vorliegt.

Erschwerung von Missbrauch
Die Ausschlussgründe für Geschäftsführer werden erweitert. So ist eine Person, die z.B. wegen Betruges, Untreue, Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt etc. zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurde, von der Geschäftsführung für fünf Jahre ausgeschlossen. Gesellschafter, die vorsätzlich oder grob fahrlässig einen Geschäftsführer bestellen, der nach dem GmbHG ein solcher nicht sein kann, haften für etwaigen Schaden.

Ist die Gesellschaft führungslos, können ab sofort auch die Gesellschafter in die Pflicht genommen werden. Dies gilt für die Stellung des Insolvenzantrages ebenso wie für die Entgegennahme von Willenserklärungen und Zustellungen. Es liegt also im Interesse jedes Gesellschafters, die Führungslosigkeit alsbald zu beseitigen.

Weitere Neuregelungen
Die GmbH-Reform enthält weiterhin neue Formulierungen zur Einlagepflicht und zum "Hin- und Herzahlen", zur verdeckten Sacheinlage, zum genehmigten Kapital, zu Gesellschafterdarlehen, zum Cash-Pooling usw. Die bisher im GmbHG enthaltenden insolvenzrechtlichen Regelungen wurden in die Insolvenzordnung integriert.

Insgesamt werden durch die Änderungen das GmbH-Recht entrümpelt, Unternehmensgründungen beschleunigt und die Attraktivität der GmbH als Rechtsform insbesondere gegenüber der britischen Limited weiter erhöht. Missbräuche (Stichwort "GmbH-Bestattungen") werden eingedämmt und die Verhaltenspflichten im Vorfeld der Insolvenz für alle Rechtsformen mit beschränkter Haftung vereinheitlicht.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2008, Seite 22

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick