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Datenschutz

Verschlossene Briefkästen

Der Gesetzgeber will den Datenschutz so verschärfen, dass Direktmarketing-Aktionen fast unmöglich würden. Die IHK-Organisation lehnt den Wegfall des sogenannten Listenprivilegs mit Nachdruck ab.

Ob Videoüberwachung, Verkauf von Kontodaten oder der Vergleich von Mitarbeiter- und Lieferantendaten: Die Fälle, die in der letzten Zeit Schlagzeilen gemacht haben, widersprechen bereits jetzt ohne Zweifel den bestehenden Gesetzen. Denn das Datenschutzrecht ist eigentlich "ganz einfach": Die Nutzung personenbezogener Daten ist schlichtweg verboten, außer sie ist für bestimmte Fälle ausdrücklich erlaubt. Die Verarbeitung persönlicher Daten kann auch dadurch möglich werden, dass die Betroffenen ihr selbst zustimmen. Dabei ist nicht nur das Bundesdatenschutzgesetz zu beachten, Vorrang haben immer die Datenschutzregelungen vieler bereichsspezifischer Gesetze (z.B. Telemediengesetz oder Sozialgesetze etc.).

Auch wird vielfach von den Unternehmen, die die Daten ihrer Kunden oder Mitarbeiter verwenden möchten, eine Abwägung der unterschiedlichen Interessenlagen verlangt. Ist das sogenannte "schutzwürdige Interesse" des Betroffenen höher zu bewerten als das des eigenen Unternehmens? Damit wird schnell klar, dass Kontodaten zwar zur Abwicklung von Zahlungen zwischen Kunde und Lieferant verwendet werden dürfen, darüber hinaus aber sicherlich nicht.

Die prominenten Fällen missbräuchlicher Datenverwendung haben dazu geführt, dass über eine Verschärfung der Gesetze diskutiert wird. Vor allem der Handel mit personenbezogenen Daten soll noch stärker geregelt werden. Eine Intensivierung der Kontrollen steht dabei nicht im Mittelpunkt.

Das Beispiel der Briefwerbung zeigt die Problematik auf: Briefwerbung an Privatkunden gehört für viele Unternehmen zum täglichen Geschäft. Nur so lassen sich Neukunden gewinnen und über aktuelle Aktionen informieren. In Deutschland ist die Nutzung und Weitergabe von personenbezogenen Daten in Listenform zum Zwecke der Werbung nach bestimmten Vorgaben zulässig. Name, Adresse, Geburtsjahr und Gruppenzugehörigkeit (z.B. Personen mit Interesse für Gartenartikel) sind in dem sogenannten Listenprivileg (§ 28 Absatz 3 Bundesdatenschutz BDSG) aufgeführt. Kontodaten gehören selbstverständlich nicht zu den Daten, deren Weitergabe erlaubt ist.

Firmen können über Adresshändler Daten kaufen oder mieten oder gleich über Agenturen komplette Marketing-Aktionen durchführen lassen. Der Vorteil: Die Streuverluste halten sich durch die Gruppenzugehörigkeit in Grenzen.

Das Listenprivileg steht nun auf der Abschussliste. Da dabei Adressdaten gehandelt werden, gehört es in die Kategorie "gefährlich". Der Gesetzentwurf sieht für die Nutzung von privaten Adressen die explizite Zustimmung des Betroffenen vor. Damit wäre der Weg zu den Neukunden für die Unternehmen aufwändig und teuer. Da erfahrungsgemäß nur fünf Prozent eine aktive Zustimmung abgeben, sprechen Datenschutzexperten bereits vom "Briefkastenentlastungsgesetz". Unternehmen aus dem Direktmarketing-Bereich sehen sich dadurch existenziell bedroht.

Derzeit wird die Gesetzesänderung nach erfolgter Stellungnahme des Bundesrates im März 2009 im Bundestag zur Aussprache erwartet. In Kraft treten soll sie bereits im Juli 2009. Die IHK-Organisation spricht sich strikt für den Beibehalt des Listenprivilegs aus, denn die Daten-Skandale der letzten Monate hätten sich auch mit einem Verbot des Datenhandels nicht ausschließen lassen.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2009, Seite 34

 
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