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Innerbetriebliche Konflikte

Wenn zwei sich streiten, vermittelt der Mediator

Bei Konflikten am Arbeitsplatz kann die Mediation für ein konstruktives Miteinander der Mitarbeiter sorgen. Ein Beispiel aus der Praxis. Von Beate Reinhart

In einem mittelständischen Industrieunternehmen schwelt seit Wochen ein Konflikt zwischen Brigitte Huber (30 Jahre) und Martin Müller (26 Jahre), zwei Mitarbeitern der Finanzabteilung. Müller wurde erst vor wenigen Monaten nach Abschluss seines BWL-Studiums eingestellt. Huber, eine erfahrene Mitarbeiterin, ist für seine Einarbeitung zuständig, kann in der Hektik ihres Arbeitsalltags hierfür aber nur wenig Zeit aufbringen. Müller, dem die praktische Erfahrung fehlt, unterlaufen einige gravierende Fehler, die Frau Müller nicht nur zeitaufwändig korrigieren, sondern auch gegenüber dem Abteilungsleiter, Robert Arnold, vertreten muss.

Sie ärgert sich über Müller und wirft ihm fachliche Inkompetenz und mangelndes Engagement vor. Er kontert, sie sei nicht in der Lage, ihre Arbeit richtig zu organisieren, wodurch die fachliche Unterstützung für ihn zu kurz komme. Die Situation eskaliert. In den nächsten Tagen folgen noch einige böse Wortwechsel, danach ist Funkstille. Weil die Arbeitsergebnisse von Müller nicht Arnolds Erwartungen entsprechen, führt er mit ihm ein Gespräch und erfährt so von dem Konflikt. Er versucht, die Streitigkeit mit beiden Mitarbeitern zu klären, was allerdings nicht gelingt. Da er eine disziplinarische Maßnahme zunächst vermeiden möchte, schlägt er Huber und Müller eine Mediation vor. Beide Mitarbeiter stimmen dem Verfahren zu.

Klärung des Sachverhalts

Nachdem die Mediatorin von Abteilungsleiter Arnold bereits einen groben Überblick über die Situation erhalten hat, beginnt sie die Mediation, indem sie zunächst Einzelgespräche mit Huber und Müller führt. Aus deren Schilderungen verschafft sie sich ein erstes Bild über den Konflikt und kann ihr weiteres Vorgehen entsprechend abstimmen. Im Einzelgespräch erzählt Huber, dass sie für die Unternehmensgruppe sämtliche Steuererklärungen erstellt und seit Kurzem auch für die steuerlichen Belange der Auslandstöchter verantwortlich ist. Da dies ohnehin nur mit Überstunden zu bewältigen ist, ist die Einarbeitung eines Berufsanfängers für sie eine zusätzliche Belastung. Sie lässt durchblicken, dass sie sich in ihrer Freizeit seit einigen Monaten auf die Steuerberaterprüfung vorbereitet, was sie ebenfalls strapaziert. Eigentlich wünscht sie sich, mehr Steuererklärungen an Müller abgeben zu können, um sich so einen größeren Freiraum für das neue Aufgabengebiet und die Prüfungsvorbereitung zu schaffen. In dem Gespräch mit Müller erfährt die Mediatorin, dass ihm von Arnold bei der Einstellung eine umfassende Einarbeitung in die steuerlichen Angelegenheiten des Betriebs versprochen wurde. Er ist verärgert, weil diese im Prinzip nicht stattfindet. Er vermutet, dass seine Kollegin ihn deshalb nicht unterstützt, weil sie in ihm einen Konkurrenten sieht. Dass ihm aber trotz seiner guten Ausbildung die nötige fachliche Fertigkeit fehlt, enttäuscht ihn. Er wünscht sich deshalb umgehend eine intensivere fachliche Schulung. Schließlich bringen beide Mitarbeiter zum Ausdruck, dass die momentane Arbeitssituation sehr belastend ist und sie sich durch die Mediation ein Ende ihres Streits und eine Normalisierung ihrer Arbeitsbeziehung erhoffen.

Damit ist die Basis für eine gemeinsame Verhandlung geschaffen. Im weiteren Verlauf des Verfahrens erarbeiten Müller und Huber zunächst folgende gemeinsame Themenliste: Arbeitsentlastung Frau Huber, fachliche Weiterentwicklung Herr Müller und Verbesserung der Arbeitsatmosphäre. In der anschließenden Lösungsphase erklärt sich Müller bereit, sich ab sofort auch in Eigeninitiative fachlich weiterzubilden und schrittweise Arbeiten von Huber zu übernehmen. Im Gegenzug wird sie in der täglichen Arbeit kurze fachliche Fragen zeitnah beantworten, um ihm ein sicheres, zügiges Arbeiten zu ermöglichen. Zusätzlich vereinbaren sie, dass sie sich in den nächsten vier Monaten wöchentlich jeweils für eine Stunde treffen, um bestimmte steuerliche Themen detailliert zu besprechen. Sie sagen auch zu, dass sie sich künftig mit Respekt und einem freundlichen Ton begegnen und auftretende Probleme sofort besprechen werden.

Schriftliche Vereinbarung 

Dieses Ergebnis der Mediation, das die Beteiligten an einem Vormittag erzielen, wird von der Mediatorin noch am gleichen Tag in einer schriftlichen Abschlussvereinbarung festgehalten und den beiden Beteiligten zur Korrektur und Ergänzung übersandt. Um sicher zu stellen, dass die getroffene Vereinbarung auch in der täglichen Arbeit umgesetzt und gelebt wird, werden Müller und Huber von der Mediatorin noch über einige Wochen hinweg begleitet. Während dieser Nachbetreuungsphase findet in vierzehntägigem Abstand eine gemeinsame Besprechungsstunde statt. Diese bietet den Mitarbeitern die Möglichkeit, ihre Vereinbarung auf Praxistauglichkeit zu prüfen. Neben den Bereichen, die sich positiv verändert haben, können vor allem diejenigen Punkte, die nach wie vor problematisch sind, gemeinsam identifiziert, reflektiert und gezielt bearbeitet werden.

Das Praxisbeispiel macht deutlich, dass Mediation einen wichtigen Beitrag leistet, das tägliche Miteinander im Team wirkungsvoll zu verbessern und nachhaltige Lösungen zu schaffen. Dies wirkt sich nicht nur positiv auf das Betriebsklima aus, auch die Arbeitsleistung der Mitarbeiter steigt. Mediation und strategisches Konfliktmanagement tragen so dazu bei, den Erfolg und langfristigen Bestand des Unternehmens zu sichern.

Externer Kontakt:

Beate Reinhart, Kompetenz Mensch, Zirndorf, www.kompetenz-mensch.com, beate.reinhart@kompetenz-mensch.com

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2010, Seite 12

 
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