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Expertenforum

Hat der Euro Zukunft?

Finanzielle Schieflage mehrerer Euro-Staaten und Rettungsschirm für Griechenland: Die Bayerischen Mittelstandsgespräche fragten vor diesem Hintergrund nach der Zukunft der Gemeinschaftswährung.

Aktueller hätten IHK und Bayerische Beteiligungsgesellschaft BayBG nicht sein können, als sie zu den diesjährigen Bayerischen Mittelstandsgesprächen in den Historischen Rathaussaal in Nürnberg einluden, um das Thema ,,Perspektive des Euro: Kurze Vergangenheit, keine Zukunft?“ zu erörtern. Zusätzliche Brisanz gewann die Gesprächsrunde auch deshalb, weil einer der Podiumsgäste, der Ökonomie-Professor Dr. Joachim Starbatty, tags zuvor vor dem Bundesverfassungsgericht Klage gegen den EU-Rettungsfonds mit eingereicht hatte.

In seiner Begrüßung erinnerte BayBG-Chef Peter Pauli an die Stärke der Gemeinschaftswährung, die seit ihrer Einführung sowohl gegenüber dem Dollar als auch gegenüber dem Pfund an Wert gewonnen habe. IHK-Präsident Dirk von Vopelius diagnostizierte, dass sich trotz aller wirtschaftlichen Vorteile des Euro die Hoffnung auf eine ökonomische Angleichung der Euro-Staaten nicht erfüllt habe: „Es ist eine Traumvorstellung, dass es der Euro allein es schon richten wird.“

Leistungsfähigkeit zu unterschiedlich

Ökonom Starbatty, Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft e.V., warnte vor der Gefahr einer Transfer-Union. Der Euro sei zwar „keine schlechte Sache“, aber die derzeitige Währungsunion könne nicht funktionieren, weil die Leistungsfähigkeit ihrer Mitgliedsstaaten völlig unterschiedlich sei. Angesichts von Überschuldung, Strukturproblemen und der insgesamt nicht konkurrenzfähigen Volkswirtschaft von Griechenland stellte er sich gegen eine politische Lösung der EU-Gemeinschaft. Sein Gegenrezept: Griechenland müsse ökonomisch abwerten und das gehe nur außerhalb des Euros. Mit den Sparvorgaben, die an die Finanzhilfen geknüpft sind, werde jetzt die griechische Realwirtschaft ruiniert. Starbatty wittert in der Griechenland-Hilfe ein europäisches Eigeninteresse: „Wir helfen unseren eigenen Banken.“

Dieser radikalen Position wollten sich die beiden anderen Gäste auf dem Podium, Prof. Dr. Michael Heise, Chef-Volkswirt der Allianz, und Dr. Jörg Krämer, Chef-Volkswirt der Commerzbank, nicht anschließen. Für Heise ist die Transfer-Union noch nicht erreicht, man habe sich mit Krediten erst einmal Zeit gekauft. Nachdem das griechische Leistungsbilanzdefizit zurückgeht, hofft er für das nächste Jahr auf die ersten Früchte der dortigen Wirtschaftsreformen. Bei der Finanzierung des europäischen Rettungsschirms will Heise auch die Privatwirtschaft mit 30 Mrd. Euro in die Pflicht nehmen. Zugleich mahnte er, sich nicht von den amerikanischen Rating-Agenturen treiben zu lassen: „Die Finanzmarkte sind kein guter Indikator für den Zustand einer Volkswirtschaft.“

Kommt die Transfer-Union?

Einen schnellen Umbau der griechischen Wirtschaft forderte Dr. Jörg Krämer von der Commerzbank, denn bislang komme dort nicht der Tüchtige voran, sondern der mit den besten Beziehungen. Aus seiner Sicht befindet sich Europa bereits auf dem Marsch in die Transfer-Union, da mit den Rettungspaketen die griechische Zinslast subventioniert werde. Dieser Schritt sei allerdings alternativlos, denn bei einem möglichen Ausstieg aus dem Euro würden die Griechen massenhaft ihre Konten in Euro-Währung plündern. Diesen Ansturm auf die Banken könne kein Bankensektor verkraften. Zuviel Optimismus wollte aber auch Krämer nicht verbreiten. Gelingt die Rettung und Sanierung der griechischen Wirtschaft nicht, werde es in zehn Jahren nur noch eine Union der Euro-Kernländer geben.

Die Unternehmer verließen den Rathaussaal mit einer Gewissheit: Die Probleme Griechenlands und weiterer angeschlagener Länder lassen sich nicht so einfach wie gewünscht lösen. So berechtigt die Kritik an einzelnen Euro-Ländern der ersten Stunde ist, die Entscheidung für den Euro lässt sich nicht zurückdrehen. Außerdem haben nicht nur Kreditinstitute, sondern auch produzierende und exportierende Unternehmen ein starkes Interesse an einer einheitlichen Währung. Trotz der vielen skizzierten Lösungsansätze gab es noch eine weitere Erkenntnis: Die Rettung wird ein teures Milliardenunternehmen – mit ungewissem Ausgang.

Autor/in: 
tt.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 08|2011, Seite 18

 
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