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Mietrecht

So schauen Vermieter nicht in die Röhre

Vermieter von Gewerbeimmobilien können Ausfälle und Verzug bei den Mietzahlungen vermeiden, wenn sie einige wichtige Grundregeln beachten.

Ein Schreckgespenst geistert durch die Medien und einschlägige Internet-Foren – der Mietnomade. Diesem personifizierten Alptraum des Haus- und Wohneigentümers widmet ein Privatsender sogar eine „Real-Life-Doku“. Als Mietnomaden werden Personen bezeichnet, die mit der festen Absicht, keine oder zumindest keine vollständige Miete zu zahlen, von einer Wohnung zur nächsten ziehen. Anders als die üppige Berichterstattung vermuten lässt, ist dieses Phänomen allerdings immer noch die absolute Ausnahme von der Regel: Die große Masse der Mietverhältnisse in Deutschland läuft störungsfrei. Und bei Gewerbeimmobilien sind vorsätzliche Mietpreller ohnehin extrem seltene Sonderfälle.

Aber dennoch warten auch Vermieter von Büros, Lagerhallen, Läden oder Werkstätten manchmal vergeblich auf die Überweisung der Miete. In solchen Fällen bleibt dem Vermieter meist nur noch die Schadensbegrenzung. Dabei ist eine Vorbeugung gegen sogenannte notleidende Mietverhältnisse möglich, wenn einige Regeln beachtet werden.

„Die beste Prävention ist größtmögliche Sorgfalt bei der Auswahl des Mieters“, betont Joachim König, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht von der Nürnberger Kanzlei Zimmermann König Singer. Er erlebt in der Praxis immer wieder, dass Vermieter in erster Linie auf ihre Menschenkenntnis setzen, statt die Angaben des potenziellen Mieters systematisch zu überprüfen. Den Satz „Das war doch so ein seriöser und netter Mann“ hat er in seiner Kanzlei in der Nürnberger Altstadt schon oft gehört, wenn Mandanten gegen hartnäckige Mietschuldner vorgehen wollen.

Bonität gründlich prüfen

Joachim König empfiehlt vor allem eine gründliche Bonitätsprüfung: „Der Vermieter sollte alles tun, um Klarheit über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu erhalten.“ Neben der Konsultation einschlägiger Wirtschaftsauskünfte rät König Vermietern, im Rahmen der Mieterselbstauskunft wichtige Informationen einzuholen – und zu überprüfen. Dazu kann der Blick in die Bilanz oder in die Einnahmen-Überschuss-Rechnung gehören, um einen Eindruck von der Geschäftsentwicklung zu gewinnen. Auch sei es hilfreich, Referenzen der Vorvermieter einzuholen. Sollen die Gewerberäume von einer juristischen Person gemietet werden, hält es der Fachanwalt für entscheidend, dass sich Vermieter ein genaues Bild ihres potenziellen Vertragspartners machen: Der Handelsregisterauszug schafft Klarheit über das Stammkapital, den Sitz und Handlungsbevollmächtigte.

Als Instrument der Risikominderung kann auch die Kaution dienen. Anders als im Wohnmietrecht ist ihre Höhe bei Gewerbeimmobilien frei festsetzbar. Die Grenze nach oben bestimmt allein die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bzw. die Zahlungsbereitschaft des Mieters. Theoretisch, so König, wären bis zu zwölf Monatsmieten Kaution denkbar. In der Praxis empfiehlt der Fachanwalt normalerweise den Betrag von drei bis sechs Monatsmieten, wobei es die Zahlungsfähigkeit des Mieters und die Risikoeinschätzung des Vermieters auszubalancieren gelte. Ein entscheidendes Prinzip ist aber stets „keine Schlüsselübergabe ohne Kaution“.

Dass einige Vermieter solche Grundregeln nicht beachten, liegt nicht zwangsläufig an ihrer Blauäugigkeit oder mangelnden Sorgfalt. Nicht selten ist eine falsche Risikoabschätzung die Ursache für Fehlgriffe bei der Auswahl der Mieter: Die Opportunitätskosten des Leerstandes werden zu hoch bewertet, während der potenzielle Schaden eines notleidenden Mietverhältnisses als zu gering taxiert wird. Angenommen, für (fiktive) Büroräume wird eine Nettomonatsmiete von 2 000 Euro fällig. Bei zwei Monaten Leerstand würden dem Vermieter Einnahmen in Höhe von 4 000 Euro entgehen. Im Worst-Case-Szenario – mehrmonatiger Mietverzug, Räumungsklage, Titel, Vollstreckung und Zwangsräumung – wäre der materielle Schaden dagegen zehn Mal so groß, denn zu den Mieteinbußen kommen noch Gerichtskosten und Auslagen für den mit der Zwangsräumung beauftragten Gerichtsvollzieher dazu, die der Vermieter vorschießen muss.

Doch selbst bei größter Sorgfalt sind die Eigentümer von Gewerbeimmobilien nicht vor Mietausfall und -verzug gefeit. Vor allem in der Wirtschaftsflaute 2008/2009 mussten Vermieter erleben, dass aus bislang zuverlässigen Unternehmen säumige Mietzahler wurden. Der Verhaltenskodex ehrbarer Kaufleute würde dann zwar vorsehen, dass ein Mieter im Liquiditätsengpass seinen Vermieter anspricht und nach einer Lösung für sein akutes Zahlungsproblem sucht. Dieses Verhalten hat jedoch eher Seltenheitswert. In der Regel ist es der Vermieter, der sich um eine Lösung bemühen muss. Joachim König rät seinen Mandanten in solchen Fällen zu einer klaren Vereinbarung: „Geben Sie dem Mieter zunächst eine Chance, aber die muss er dann wahrnehmen.“ Falls nicht, empfiehlt der Fach-anwalt eine zweigleisige Strategie aus Kommunikationsbereitschaft und Entschlossenheit: „Einerseits sollte der Vermieter den Gesprächsfaden mit dem Mieter nicht abreißen lassen und eine Lösung auf dem Verhandlungsweg anstreben. Parallel dazu sollte er jedoch die fristlose Kündigung aussprechen und eine gerichtliche Räumungsklage erwirken.“

Verfahren dauern oft lange

In der Praxis erlebt König jedoch immer wieder, dass erst ein paar Monate lang erfolglos verhandelt wird, ehe rechtliche Schritte folgen. Und damit verlängert sich die Zeitschiene: Die normale Verfahrensdauer von der Einreichung der Klage bis zur Räumung dauert ohnehin schon bis zu neun Monate – vorausgesetzt, der Mieter leistet keine juristische Gegenwehr. Im Durchschnitt sind für die Verfahrensdauer ein bis eineinhalb Jahre zu veranschlagen, im Extremfall gehen bis zu drei Jahre ins Land. Und Zeit ist Geld, denn jeder Monat ohne Mieteinnahmen erhöht den Schaden des Vermieters./p>

Mancher Vermieter mag deshalb in Versuchung geraten, zur Selbsthilfe zu greifen. Davor kann jedoch nur eindringlich gewarnt werden – nimmt der Vermieter die Immobilie ohne gerichtlichen Räumungstitel in Besitz, macht er sich strafbar und haftet für die Schäden.

Um ihre Zahlungsschwierigkeiten zu kaschieren, führen Mietschuldner nicht selten Mängel der Mietsache ins Feld und legitimieren damit eine willkürliche Kürzung der Miete. Dieses Vorgehen kann für Vermieter juristische Fallstricke bergen: Eine fristlose Kündigung wegen Mietverzugs hat rechtlich nur bei „schuldhafter Nichtzahlung“ Bestand. Wenn aber tatsächlich Mietmängel vorliegen, dann erfüllt eine Mietminderung diesen Tatbestand nicht. Das bedeutet, dass eine fristlose Kündigung – und damit die Grundlage der Räumungsklage – unwirksam wäre. Vor diesem Hintergrund legt Joachim König seinen Mandanten nahe, Mängeleinwände intensiv zu prüfen, ehe sie eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses aussprechen.

Autor/in: 
aw.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2011, Seite 60

 
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