Telefon: +49 911 1335-1335

Schenkung und Vererbung

Wahre Werte

Wenn der Wert von Immobilien nach dem Bewertungsgesetz ermittelt wird, ergibt sich mitunter eine zu hohe Steuerlast. Wie kann man dem Finanzamt den tatsächlichen Immobilienwert nachweisen? Von Dr. Michael J. Munkert

Nach dem Schenkungs- und Erbschaftssteuerrecht müssen Immobilien an Hand des gemeinen Werts bewertet werden. Dabei sind alle Umstände am Bewertungsstichtag zu berücksichtigen, die den Wert beeinflussen. Dazu gehören beispielsweise die allgemeinen Wertverhältnisse am Grundstücksmarkt und der Zustand des zu bewertenden Grundstücks, nicht jedoch ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse (z.B. nicht marktübliche Mieten für Angehörige).

Maßgeblich für die Ermittlung des gemeinen Werts einer Immobilie ist das Bewertungsgesetz (BewG), das je nach Art der Immobilie verschiedene Bewertungsverfahren vorsieht. So müssen Wohnungs- und Teileigentum sowie Ein- und Zweifamilienhäuser grundsätzlich nach dem Vergleichswertverfahren bewertet werden. Das bedeutet, der Wert wird vom Preis vergleichbarer Grundstücke abgeleitet. Liegt kein Vergleichswert vor, ist der Sachwert maßgeblich. Für Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke wird in der Regel das Ertragswertverfahren angewandt, bei dem auch die zu erwartenden Einnahmen aus der Immobilie in die Berechnung mit einbezogen werden. Lässt sich dafür keine ortsübliche Miete ermitteln, erfolgt auch hier die Bewertung mit dem Sachwert. Bei unbebauten Grundstücken bestimmt sich der Wert in der Regel nach der Fläche und dem Bodenrichtwert. Als Sonderfälle sind im Bewertungsgesetz zudem die Bewertung von Erbbaurechten und -grundstücken, von Gebäuden auf fremden Grund und Boden sowie von Grundstücken im Zustand der Bebauung geregelt.

Weil es viele unterschiedliche Anlässe für die Bewertung gibt, bestimmt das Bewertungsgesetz für die verschiedenen Verfahren, wie die Berechnung vereinfachend erfolgen soll. Dabei legt es insbesondere fest, welche Annahmen für die einzelnen Bewertungsparameter zu treffen sind. Dies kann jedoch dazu führen, dass die ermittelten Werte den gemeinen Wert der Immobilie übersteigen. Dies wiederum würde zur Folge haben, dass die steuerliche Belastung höher ausfällt.

Gutachten meist erforderlich

Damit sich diese vereinfachende Immobilienbewertung nicht nachteilig auswirkt, erlaubt § 198 BewG den betroffenen Steuerpflichtigen, dem Finanzamt einen niedrigeren Wert der Immobilie nachzuweisen. Hierfür gelten grundsätzlich die auf Grund § 199 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) erlassenen Vorschriften. Dies bedeutet, dass der Nachweis seit 1. Juli 2010 auf Grundlage der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) erbracht werden muss, die die Wertermittlungsverordnung (WertV) abgelöst hat. Nach dem von der Finanzverwaltung herausgegebenen Erlass trifft den Steuerpflichtigen eine Nachweislast und nicht nur eine Darlegungslast. Dies bedeutet, dass in aller Regel ein Gutachten des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen erforderlich ist, der für die Bewertung von Grundstücken zugelassen ist.

Zwar orientiert sich die Bewertungsmethodik des Bewertungsgesetzes an dem Vorgänger der ImmoWertV, es bestehen jedoch Unterschiede. Diese lassen sich gegebenenfalls nutzen, um dem Finanzamt einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen. So lässt die ImmoWertV eine größere Flexibilität bei der Wahl der Bewertungsmethode zu. Zudem können bestimmte zukünftige Entwicklungen und objektspezifische Merkmale durch Zu- und Abschläge berücksichtigt werden. Ein zentraler Vorteil: Das Bewertungsgesetz schreibt vor, dass die Restnutzungsdauer einer Immobilie mindestens 30 Prozent ihrer Gesamtnutzungsdauer entspricht. Dies bedeutet z.B. bei einer vermieteten Wohnimmobilie: Es wird unterstellt, dass diese – unabhängig von ihrem Alter – noch mindestens 24 Jahre weiterhin zu gleichen Konditionen vermietet werden kann. Durch die Anwendung der ImmoWertV wird diese Regelung jedoch vermieden, die in aller Regel zu Überbewertungen und damit auch zu einer höheren steuerlichen Belastung führt.

In der Praxis problematisch ist auch, dass das BewG ausschließlich auf die Sollmiete abzielt und somit Leerstand, Staffelmieten und mietfreie Zeiten unberücksichtigt bleiben. Auch dies erhöht die steuerliche Belastung. Durch ein Gutachten eines Sachverständigen können die Typisierungen und Mindestwertregelungen des BewG, die zu überhöhten Werten führen, vermieden werden. Desweiteren werden in einem Gutachten auch Belastungen privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Art berücksichtigt, die negativen Einfluss auf den Immobilienwert haben (z.B. persönliche Nutzungsrechte, Grunddienstbarkeiten und Baulasten).

Wenn der Steuerpflichtige gegenüber dem Finanzamt nachweisen will, dass der Wert der Immobilie niedriger anzusetzen ist, muss er dies für die gesamte wirtschaftliche Einheit tun. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass ein Gutachten, mit dem einzelne Bewertungsgrundlagen des BewG (z.B. nur die Höhe der Bewirtschaftungskosten) angegriffen werden, unzulässig ist. Eine Ausnahme gilt insoweit nur für den Einzelnachweis der üblichen Miete.

Wenn der Steuerpflichtige ein Gutachten eines Sachverständigen vorlegt, mit dem ein geringerer Immobilienwert nachgewiesen werden soll, überprüft das Finanzamt insbesondere, ob Methodik und Wertansätze im Einklang mit den Vorgaben der ImmoWertV stehen. Ist dies nicht der Fall, weist das
Finanzamt das Gutachten als mangelhaft zurück.

Als Alternative zu einem Gutachten gibt es noch eine andere Möglichkeit: Als Nachweis für einen niedrigeren Wert kann auch ein Kaufpreis für die zu bewertende Immobilie herangezogen werden, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Bewertungsstichtag zustande gekommen ist. Ein Kaufpreis, der außerhalb dieses Zeitraums zustande gekommen ist, kann dennoch auch als Nachweis dienen, wenn sich die für die Kaufpreisermittlung maßgeblichen Verhältnisse gegenüber dem Bewertungsstichtag nicht geändert haben.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts nicht immer von Vorteil für den Steuerpflichtigen sein muss. So kann es bei einer betrieblich genutzten Immobilie von Vorteil sein, einen höheren Wert nach dem BewG zu erzielen, um in den Genuss der Verschonungsregeln für Betriebsvermögen zu kommen. In diesen Fällen muss daher die Immobilienbewertung im Zusammenhang der Unternehmensbewertung betrachtet und der jeweilige Einzelfall analysiert werden.

Autor/in: Dr. Michael J. Munkert,ist Geschäftsführender Gesellschafter der Munkert & Partner GbR, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte in Nürnberg (m.munkert@munkert.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2011, Seite 62

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick