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Markt für Gewerbeimmobilien

Widersprüchliche Signale

Die Mieten für Büroimmobilien in Mittelfranken zeigen einen Trend nach oben. Die Projektentwickler und Makler registrieren aber dennoch eine gewisse Zurückhaltung bei Mietern und Käufern.

Laut aktuellen Erhebungen des Immobilienverbandes Deutschland IVD Süd stiegen die Büromieten in der Region Nürnberg zwischen Herbst 2010 und Frühjahr 2011 um knapp zwei Prozent – etwas langsamer als im bayerischen Gesamtmarkt. Erlangen, Fürth und Nürnberg verbuchten allerdings unterschiedliche Trends. Während die Hugenottenstadt in diesem Zeitraum beim erzielbaren Mietpreis ein Plus von fast zehn Prozent Euro registrierte, stagnierten in Fürth die Preise. In Nürnberg ging das Mietniveau geringfügig um etwa ein Prozent zurück, so Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts.

Der leichte Rückgang bei den Büromieten in Nürnberg ist laut Kippes auf das große Angebot in diesem Segment zurückzuführen. Einerseits werde viel gebaut, andererseits gebe es zahlreiche Objekte, die nach der Sanierung wieder auf den Markt kommen. Diese Entwicklung dürfe aber nicht über die tatsächlich attraktive Lage hinwegtäuschen: „Die Nachfrage ist vor dem Hintergrund der gesamtwirtschaftlichen Lage positiv.“ Nürnberg verfüge über ausreichende Büroflächen, neue reine Büroimmobilien würden nur in sehr überschaubarer Anzahl geplant. Dagegen sei das Angebot in Erlangen und Fürth eher begrenzt.

Nürnberg verfügt aus Sicht der Frankfurter DekaBank über ein attraktives Merkmal: „Der Markt ist wenig volatil“, diagnostiziert Immobilienexpertin Jael Dumm, zuständig für die Standort- und qualitative Analyse der DekaBank. Im nationalen und internationalen Vergleich für institutionelle Anleger ließen zwar Nachvermietbarkeit und schnelle Verkaufbarkeit zu wünschen übrig. Aber derzeit stehe häufig auch die „Stabilität in der Rendite“ im Blick. „Das macht den Nürnberger Markt per se interessant“, so Dumm.

Neubauten in Nürnberg

Als „zufriedenstellend bis gut“ beurteilt auch die Münchner Dibag Industriebau den Nürnberger Standort. Aktuell wird das Milchhof-Areal am Wöhrder See entwickelt, ein Gebiet, das sich zehn Jahre im Dornröschenschlaf befunden habe, wie Dibag-Planer Jörg Fricke erklärt. Die Neubauten für die Telekom oder das Software-Haus MID sind bereits bezogen, die beiden neuen Bürotürme für die Zentrale der VR Bank Nürnberg sowie die Mercedes-Benz Niederlassung entstehen gerade. Die Dibag, die u.a. auch den Erlanger Büropark von Areva oder den Nürnberger Herkules Park entwickelt hat, betreibt laut Fricke keinen Vorratsbau für Spekulationsobjekte. Vielmehr werde zunächst für Ankermieter ein Maßanzug aus Beton, Glas und Stahl konzipiert, der Rest eines Geländes sollte dann in drei bis fünf Jahren verwertet sein. Fricke sieht auch weiterhin in Nürnberg Bedarf: „Es gibt zwar keine Traumrenditen, es ist aber ein guter Markt.“

Für Markus Machatschke, Chef der Nürnberger Dr. Machatschke Immobilien, „konsolidiert die Nachfrage zurzeit auf hohen Niveau“. Als größten Treiber und Investor macht er aktuell die öffentliche Hand aus, die Qualität der Nachfragen von Unternehmensseite sei derzeit nicht zufriedenstellend. Damit meint der Diplom-Kaufmann häufige Anfragen, die kaum zum Abschluss führen. Große Neuansiedlungen registriert er nur selten. Bei vielen kleinen Unternehmen bis 20 Mitarbeitern sieht er eine Zurückhaltung, während beispielsweise exportorientierte Betriebe ihre Immobiliensituation komplett überdenken. Galt in der Finanzmarktkrise und danach die Regel „wer nicht musste, hat sich nicht bewegt“, zeichnet sich jetzt wieder ein Trend zur eigenen Immobilie ab. Das war früher verpönt, jetzt liegt die eigene Betriebsstätte bei Familienunternehmen wieder höher im Kurs – auch weil die weltwirtschaftlichen Unsicherheiten den Vorteil von „Betongold“ wieder hervorheben.

Selbst wenn die eigene Immobilie wieder im Trend liegt: Goldgräberstimmung kommt bei Machatschke nicht auf. Einen Durchbruch erwartet er dann, wenn der wirtschaftliche Aufschwung weiter anhält. Ungeachtet dessen entfaltet Nürnberg weiterhin eine große Sogwirkung in der ganzen Metropolregion. Bei repräsentativen Büros, aber auch bei Produktionsgebäuden und Lagerhallen tun sich die kleineren Städte schwer und können oft nur mit einem günstigen Preis werben.

Tatsächlich entwickelt sich der Industrie- und Gewerbepark Gollhofen-Ippesheim „Gollipp“ „etwas zäh“, räumt Geschäftsführer Herbert Preininger ein. Anfragen kämen zwar immer wieder, aber es „ist ein steiniger Weg“. Immerhin liegt der westmittelfränkische Gewerbepark direkt an der Autobahn A7, Ausfahrt Gollhofen, zwischen den beiden Kreuzen Biebelried (A3) und Feuchtwangen (A6). Von den verfügbaren 62 Hektar Grundfläche ist bereits mehr als die Hälfte erschlossen und zu wesentlichen Teilen bebaut. Jüngste Ansiedlung ist Claas Main-Donau, der neben dem Verkauf von Traktoren und Landmaschinen auch eine Werkstatt und ein großes Ersatzteillager errichtet. Außerdem geht in diesem Monat eine industrielle Bioerdgasanlage mit einer Leistung von 50 Mio. Kilowatt auf dem Areal in Betrieb. „Wir haben zahlreiche Alleinstellungsmerkmale“ wirbt Preininger. Nicht zuletzt das standortübergreifende Modell mit acht Mitgliedsgemeinden ist für ihn ein „Erfolgsmodell für kleine Kommunen“. Denn keine der Gemeinden könne allein so ein Projekt stemmen.

Häufig liegt es nicht an einer schlechten Lage oder einem ungünstigen Umfeld, dass sich die Nachfrage nach Gewerbeflächen in Grenzen hält: Diese Erfahrung hat die Stadt Herrieden gemacht. Zwar liegt die Kommune verkehrsgünstig mit eigener Ausfahrt und eigenem Gewerbepark direkt an der A6, aber das Fehlen einer leistungsfähigen Datenautobahn erwies sich als abschreckend für potenzielle Investoren. Die schnellen und leistungsfähigsten Glasfaserleitungen werden von den großen Telekommunikationsunternehmen nur dorthin verlegt, wo es sich für sie rechnet, also nicht in kleine Ortsteile des ländlichen Raums, weiß Bürgermeister Alfons Brandl aus eigener Erfahrung. Er schritt deshalb ohne Förderung von Bund und Land zur Tat, um das Defizit zu beseitigen: „Wir müssen den Bau unseres Glasfasernetzes selber in die Hand nehmen.” Die entsprechende Bürgergenossenschaft zur Breitbandversorgung in Herrieden, die FWR Breitband Herrieden eG, wurde bereits gegründet. „Davon profitieren die Bürger und die Unternehmen“, freut sich Karin Bucher, Geschäftsführerin der IHK-Geschäftsstelle Ansbach. „Der ländliche Raum wächst so dichter an die Städte heran.“

Das andere Großprojekt von Herrieden wird dagegen weit über die Grenzen der Stadt hinaus mit Argusaugen beobachtet: Für den Herbst wird eine Entscheidung des Bayerischen Wirtschaftsministeriums und des Innenministeriums in Sachen Zielabweichungsverfahren für das geplante Factory Outlet Center (FOC) erwartet. Auch wenn das Gewerbegroßprojekt für die Ansiedlungsbilanz in Herrieden viele Impulse geben würde: In den umliegenden Städten wie Ansbach oder Rothenburg wird ein empfindlicher Abfluss von Kaufkraft befürchtet. „Daher kann es nur eine Ablehnung geben“, sagt der mittelfränkische Handelsverbandssprecher Uwe Werner. Sonst könne man „Städtebauförderung, Raumordnungsverfahren und Landesplanung in die Tonne klopfen“.

Aktuell freut sich der Handelsverband über ein wachsendes Geschäft im Handel, das nicht aus einem Flächenwachstum resultiert. Nach wie vor hält Werner das Quelle-Areal für ein „heißes Eisen“, bei einer Revitalisierung dürfe nicht mehr als 20 000 Quadratmeter Verkaufsfläche entstehen. Alles andere würde sowohl der Fürther Innenstadt als auch der Nürnberger Südstadt das Wasser abgraben. In Fürth hat gerade der Berliner Immobilienentwickler MIB, der auch das AEG-Areal erfolgreich revitalisiert, den Zuschlag für die „Neue Mitte“ bekommen, das neu zu entwickelnde Einkaufsareal links und rechts der Rudolf-Breitscheid-Straße. Und in der Nürnberger Südstadt wird über ein neues Nutzungskonzept für das bereits seit langem erwartete Aus des Kaufhofs am Aufseßplatz im kommenden Jahr gebrütet. Werner könnte sich dort ein Nahversorgungszentrum nach dem Vorbild der Sebalder Höfe vorstellen.

"Nicht mehr zeitgemäß"

Auch Wolfgang Küspert, Chef der Nürnberger Küspert & Küspert Immobiliengruppe, die sich ausschließlich auf Gewerbeimmobilien spezialisiert hat, hält das Warenhausangebot des einstigen Horten-Standorts auf mehreren Ebenen für „nicht mehr zeitgemäß“. Dagegen scheint die Nürnberger Innenstadt bei Anlegern gefragt wie noch nie. „Wir könnten einen dreistelligen Millionenbetrag von privaten Interessenten in der Altstadt anlegen, aber es findet sich kein Verkäufer.“

Im Trend sieht Küspert das nachhaltige Bauen, wie es etwa durch eine Zertifizierung nach dem US-Green-Building-Standard Leadership in Energy and Environmental Design (LEED) bei der Revitalisierung des alten Foto-Quelle-Areals in Langwasser dokumentiert ist. Der Komplex TM50 (Thomas-Mann-Straße 50) setzt etwa auf umweltfreundliche und regionale Baustoffe und hoch effiziente energetische Bauteilaktivierung durch Heizen oder Kühlen der Betondecken. So wird der Primärenergiebedarf minimiert, der in diesem Fall durch Geothermie statt durch Öl, Gas oder Kohle gedeckt wird. Bei Investoren hat sich das Thema nachhaltiges Bauen bereits durchgesetzt, auf der Mieterseite gehört es bei nationalen und internationalen Konzernen oftmals bereits zum Standard. Mittelständler seien dagegen noch nicht so weit.

Langfristige Planung

Wer langfristig denkt, also 20 bis 30 Jahre, für den führt kein Weg an einer Green Building-Immobilie vorbei. „Für andere Mieter ist dieses Thema erst ganz langsam im Kommen“, bestätigt auch KIB-Geschäftsführer Norbert Grund. Deshalb will er im ausgebuchten FrankenCampus auf dem ehemaligen MAN-Areal das nächste Gebäude in Angriff nehmen. Und erstmals sollen die neuen 4 000 Quadratmeter Bürofläche nach LEED zertifiziert werden. Dafür ist dann zwar eine Neubaumiete von 12 bis 13 Euro je Quadratmeter vorgesehen, aber 30 Prozent der Flächen sind bereits durch Vorverträge unter Dach und Fach gebracht.

Eine Nische scheint auch der Hansa-Park am Nürnberger Fernsehturm zu schließen. „Das Besondere ist hier die Kombination von Büros und Hallen“, erklärt Carsten Rüstig, Geschäftsführer der Röthenbacher CV Immobilien Gruppe. „Das bekommt man kaum mehr, weder zum Mieten noch zum Kaufen.“ Deshalb entwickle sich die Vermarktung „höchst erfreulich“. Rüstig rechnet damit, dass bis zum Jahreswechsel bereits 40 000 Quadratmeter verkauft sind. Gerade kleine und mittlere Betriebe zeigen großes Interesse, sich Büros mit Lager- oder Produktionsflächen zu sichern. Die Interessenten kommen zwar aus allen Branchen, der Hansa-Park scheint aber besonders für Maschinenbaubetriebe attraktiv zu sein. Zudem übt auch der Fernsehturm, mit knapp 300 Metern das höchste Bauwerk in Bayern, eine besondere Anziehungskraft auf. Die ersten Firmen haben den Turm in ihr Firmenlogo aufgenommen, wie Rüstig berichtet.

Der vorhandene Bürokomplex mit seinen 10 000 Quadratmetern ist bereits komplett vermietet. Teils hat die Telekom als früherer Besitzer Büroflächen angemietet, teils haben sich neue Firmen Platz gesichert. Für NME National Machinery wird gerade eine Halle im Hansa-Park gebaut, die zum Jahreswechsel bezogen werden soll. Insgesamt verfügt die CV Immobilien Gruppe über acht Hektar am Fuße des Fernsehturms, die in den nächsten Monaten baulich noch besser erschlossen werden sollen. Ziel sei es, ein ökologisch nachhaltig entwickeltes Business-Quartier zu entwickeln.

Autor/in: 
Thomas Tjiang
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2011, Seite 36

 
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