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Reden

Die Macht der Worte

Wie hält man einen packenden Vortrag, der die Zuhörer beeindruckt und im Gedächtnis bleibt? Was muss man beim Schreiben beachten? Von Claudius Kroker

Zwei Politiker unterhalten sich. „Herr Kollege, was sagten Sie doch neulich in ihrer großartigen Rede über die Jugendarbeitslosigkeit?“ „Ich? Nichts.“ „Das ist mir schon klar. Ich wollte wissen, wie Sie es formuliert haben.“ Viele Politiker lassen sich ihre Reden schreiben oder zumindest Formulierungsvorschläge vorbereiten von Profis, die ein Gespür für Aufbau, Struktur und Wirkung einer erfolgreichen Rede haben. Das ist kein Geheimnis, die Arbeit von Redenschreiben ist sogar eine anerkannte Dienstleistung. Dass die Rede in Industrie, Handel und Wirtschaft mindestens eine ebenso große Bedeutung hat wie in der Politik, wird vielfach übersehen. Denn auch Geschäftsführer mittelständischer Unternehmen möchten ihre Mitarbeiter bestmöglich motivieren. Vorstandsvorsitzende großer Konzerne müssen auf Hauptversammlungen Aktionäre von ihrer Geschäftsstrategie überzeugen.

Wie ihre Rede zu verfassen ist, hängt unter anderem von der Zielgruppe und dem Ziel der Rede ab. Eine Rede zu entwerfen, heißt daher Grundlagen und Regeln zu berücksichtigen, wie sie auch für andere Maßnahmen der Unternehmenskommunikation gelten, für Pressemitteilungen etwa, für Imagebroschüren oder Geschäftsberichte.

Gerade die Rede an die eigenen Mitarbeiter ist weit mehr als nur ein Kommunikationsmittel, sie ist auch ein Führungsinstrument. Der Weg zur guten Unternehmer-Rede verläuft dabei in drei Etappen: recherchieren, strukturieren und formulieren.

Recherchieren: Im ersten Schritt werden die Inhalte der Rede zusammengetragen. Auch wird festgehalten, wann, wo, aus welchem Anlass und vor welchem Publikum geredet werden soll. Wichtig ist zu klären, was vor und nach einer Rede passiert. Wartet das Büffet auf eine Schar hungriger Angestellter oder findet der Anlass abends nach Betriebsschluss statt, so sollte man sich kurz fassen, da naturgemäß Hunger und Müdigkeit ein gewisses Aufmerksamkeitsdefizit begründen können.

Zu fragen ist auch, ob die Nachricht, die die Mitarbeiter erreichen soll, und der Anlass sowie die Rahmenbedingungen und Gestaltung des Redevortrags zusammenpassen. Werden schlechte Unternehmenszahlen, personelle Einschnitte oder Kurzarbeit angekündigt, so bedarf es eines anderen Rahmens als bei der Feier eines Firmenjubiläums.

Strukturieren: Gerade schlechte Nachrichten sollen aber nicht Trübsal und Blockade, sondern im Gegenteil Motivation und Engagement bei den Mitarbeitern auslösen. Die Motivationsrede ist ohnehin ein Rede-Modell, das von zu vielen Unternehmensleitern vernachlässigt wird – oft aus Unwissenheit, dass auch in schlechten Zeiten vor allem die eigenen Mitarbeiter das Unternehmen am Laufen halten, wenn man ihnen nur nachvollziehbar erklären kann, wo Ursachen liegen, was sie leisten müssten und was sie langfristig davon haben. Eine gut strukturierte Rede lässt die Mitarbeiter notwendige Maßnahmen der Unternehmensführung besser verstehen, nachvollziehen und akzeptieren.

Beispiel: 1. So (schlecht) ist die Situation jetzt, 2. diese gute Situation wollen wir erreichen, 3. das ist der Weg dahin. Diese in drei Abschnitte aufgeteilte Gesamtbotschaft muss sich auch in der Struktur der Rede wiederfinden.

Formulieren: Ein Text kann schön geschrieben sein – und dennoch nicht zur Rede taugen. Alles Geschriebene können wir ein zweites Mal lesen, wir können einen Satz zurückspringen, sehen Absätze, erkennen eine Gliederung mit bloßem Auge. Bei der vorgetragenen Rede gibt es diese Möglichkeiten nicht. Es gilt also darauf zu achten, dass eine Rede nicht klingt, als würde jemand das Editorial aus dem Geschäftsbericht vortragen. Eine Rede muss mehr sein, als die Auflistung von Bilanzen, Verkaufszahlen und Begründungen – sie muss eine direkte Ansprache sein.

Erfahrene Redner und Redenschreiber bedienen sich dabei oft einer bilderreichen Sprache. Den nüchternen Sachverhalt von Auf- und Abschwung in eine gemeinsame Bergtour zu übersetzen oder die Umorganisation des Unternehmens mit der Neustimmung eines Musikinstrumentes zu vergleichen, macht den Inhalt verständlicher und lässt auch in der Krise leichter Chancen erkennen.

Start und Landung

Die benutzten Bilder müssen dabei im gesamten Redeverlauf stimmig sein. Das gilt auch und gerade für Beginn und Schluss der Rede. Eine schöne Rede bleibt kaum in guter Erinnerung, wenn sie mit einer Bruchlandung endet, sich der Redner verhaspelt oder nicht deutlich wird, dass und wann die Rede zu Ende ist. Die Kernbotschaft gerät in einem solchen Fall in Vergessenheit, die Motivation der Mitarbeiter ist dahin, die Bildersprache verliert ihre Wirkung.

Umgekehrt ist es mindestens ebenso schwierig, die Aufmerksamkeit der Zuhörer zu gewinnen, wenn es beim Start holpert. Wenn inhaltsleere Phrasen am Beginn stehen oder bei Eigenlob und schlechten Witzen. Daher gilt es, bei der Vorbereitung einer Rede besondere Sorgfalt auf die Gestaltung von Einstieg und Schluss zu legen – und auf den roten Faden, der Anfang und Ende möglichst knapp verbindet, ohne dabei an Spannung zu verlieren.

Das klingt einfach, ist aber für ungeübte Redner an der Spitze von Verbänden und Wirtschaftsunternehmen oftmals eine große Herausforderung. Da helfen nur zwei Dinge: Vorbereiten und Üben.

Schließlich: Jede Rede hat eine Botschaft, die Redner ihren Zuhörern vermitteln wollen. Gibt es keine Botschaft, sollte es auch keine Rede geben. In diesem Punkt gibt es sicherlich noch Beratungsbedarf – in Politik, Mittelstand und Konzernen gleichermaßen.

Autor/in: Claudius Kroker, ist freier Journalist und Autor in Bonn. Er ist Vorstandsmitglied und Sprecher des Verbandes der Redenschreiber deutscher Sprache (VRdS).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2011, Seite 33

 
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