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Kommunikations-Controlling

Was kommt beim Empfänger an?

Um den Erfolg der Unternehmenskommunikation messen zu können, stehen spezielle Instrumente zur Verfügung. Ein Modell der Branchenverbände unterstützt bei der praktischen Umsetzung. Von Christoph Naucke; Illustration: Anton Atzenhofer

Fünfzig Prozent bei der Werbung sind immer rausgeworfen. Man weiß aber nicht, welche Hälfte das ist“, sagte Henry Ford zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Seitdem ist im Kommunikations-Controlling eine Menge geschehen. Wir können heute schon ziemlich kräftige Scheinwerfer in den vermeintlichen Nebel richten. Um allerdings Messgrößen zu bestimmen, die in der Praxis wirklich weiterhelfen, muss das Unternehmen seine Kommunikationsziele genau bestimmen.

„Aida“ als Patin

Wer kennt sie nicht, die Ur-Formel des Marketings: „Aida“, also Attraction, Interest, Desire, Action. Etwas weiter gefasst: Was will ein Unternehmen mit seiner Kommunikation erreichen? Es will bei den relevanten Zielgruppen Wahrnehmung, Erwartung, (gemeinsame) Interessen und Handeln auslösen. Die Unternehmenskommunikation bezieht sich nicht nur auf den Verkauf, also auf den Absatzmarkt, sondern auch auf weitere Märkte: Beispiele sind der Beschaffungsmarkt, zu dem auch der Personalmarkt gehört, der Finanzmarkt und der Akzeptanzmarkt (also die Frage, wie das öffentliche Urteil über das Unternehmen ausfällt). Im Kommunikations-Controlling geht es nun darum, die Unternehmenskommunikation für diese Märkte zu steuern (und nicht „zu kontrollieren“, wie oft missverstanden wird). Das betrifft alle Instrumente der Kommunikation: Presse- und Medienarbeit, Social Media-Strategien, Event-Kommunikation, interne Kommunikation, Unternehmenspublikationen und vieles mehr.

Das Wirkungsstufenmodell

Die Branchenverbände Internationaler Controller Verein (ICV) und Deutsche Public Relations Gesellschaft (DPRG) haben gemeinsam ein Grundmodell für das Management der Unternehmenskommunikation erarbeitet, das 2010 veröffentlicht wurde. Der Weg von den Kosten für Kommunikation („Input“) zu betriebswirtschaftlichen Erfolgsgrößen („Outflow“) führt über die Stufen „Output“ und „Outcome“: Unter dem internen Output versteht man die Kommunikationsprodukte, die das Unternehmen selbst produziert oder als Agenturleistung zukauft. Beispiele sind das Unternehmens-Blog, eine Pressemeldung, ein Event oder auch die Hauszeitschrift. Die Medienresonanz, die durch diese Aktivitäten erzielt wird, bezeichnet man als externen Output.

Der Outcome beschreibt die Wirkung, die diese Inhalte bei der Zielgruppe erzielen. Der direkte Outcome bezeichnet die Wahrnehmung der Kommunikation (vergleichbar mit „Attraction“ und „Interest“ in der „Aida“-Formel), der indirekte Outcome die Veränderung von Meinungen und Einstellungen (vergleichbar mit „Desire“). Messgrößen des Outcome sind typische Controlling-Kennzahlen wie Absatzentwicklung oder Anzahl von Bewerbungen pro offener Stelle, wenn es um die Wirkung der Kommunikation gegenüber potenziellen Mitarbeitern geht.

Was bringt die Messung?

In der Vergangenheit ist die Kommunikation – also beispielsweise die „Pressestelle“ – im Unternehmen oft als Stabsstelle gesehen worden, die keinen direkten Anteil an der betrieblichen Wertschöpfung hat. Das kann unbeabsichtigt dazu führen, dass Kommunikationsarbeit nur danach gesteuert wird, was im Tagesgeschäft für wichtig gehalten wird. Die scheinbar undurchsichtigen Zusammenhänge zwischen der Öffentlichkeitsarbeit und deren Wirkung halten viele davon ab, neben der Budgettreue auch die Zielerreichung zu messen. Dabei kann man schon mit einfachen Mitteln viel erreichen.

Als Einstieg bietet sich an, eine einzelne Aktivität, ein einzelnes Projekt oder eine einzelne Kampagne über alle Stufen hinweg zu untersuchen (vgl. Praxisbeispiel im Kasten). Dabei gewinnt man konkrete Hinweise, wie dieses – und womöglich auch ähnliche – Projekte laufend verbessert werden können.

Presse- und Medienarbeit kann viel vom Kundenbeziehungsmanagement (Customer Relationship Management CRM) lernen. Denn was sind Journalisten oder Meinungsführer in sozialen Netzwerken anderes als wichtige Kunden (Key Accounts) auf dem Informations- und Meinungsmarkt? Wenn man Meldungen an große Verteiler versendet, heißt das noch nicht, dass auch viel davon in den Medien erscheint. An wen sendet man wann, auf welchem Kanal und vor allem warum welche Informationen? Wer den internen und den externen Output systematisch misst, gewinnt nützliche Erkenntnisse darüber, wer auf welche Weise angesprochen werden sollte.

Verwertbare Kennzahlen gewinnen

Input-Größen in Form von Kostenrechnung oder Budgetplanung sind klassische Steuerungskennzahlen. Dasselbe gilt für die Messung des Outflows. Zu diesen beiden Kategorien dürften überall zahlreiche nutzbare Kennzahlen vorhanden sein. Naheliegende Messgrößen für den internen Output sind beispielsweise Stückkosten und Preis-Qualitäts-Kennzahlen. Das können die Budget-treue, Durchlaufzeiten (z.B. Geschwindigkeit, mit der Presseanfragen beantwortet werden) oder die Output-Menge sein (z.B. Anzahl der Ausgaben der Hauszeitschrift). Der externe Output kann gemessen werden über die Reichweite der Medienresonanz (z.B. Abdrucke in Print-Medien oder Zahl der Seitenaufrufe im Web). Bei der Messung sollten auch die in den Artikeln genannten Themen, die Qualität der Medien (wurde die richtige „Medien-Zielgruppe“ erreicht?) und die Tendenz der Beiträge berücksichtigt werden. Aus der Analyse kann abgeleitet werden, welche Autoren Meinungsführer für spezielle Themen sind und deshalb besonders angesprochen werden sollten.

Ein Ziel der Kommunikation ist es, das Wissen und die Meinungen bei der Zielgruppe zu verändern. Oder anders ausgedrückt: Was verändert sich in den Köpfen der Personen, die man mit seinen Kommunikationsaktivitäten ansprechen will. Für die Messung dieses Outcomes sind die Instrumente der Markt- und Meinungsforschung gefragt. Diese reichen von eigenen Untersuchungen und Beobachtungen, z.B. im Web, bis hin zu eigens konzipierten Befragungen, die in festgelegten Abständen durchgeführt werden. Je genauer diese Messung die Zielgruppe einer bestimmten Kampagne erreicht, umso klarer kann den Kosten anschließend ein konkreter Nutzen zugeordnet werden. Achtung: Aus der Innensicht des Unternehmens unterschätzt man häufig die erforderliche Zeit dafür, dass eine Kommunikation in den Köpfen der Zielgruppe „ankommt“ und dort wirkt.

Keine Steuerung ohne Klarheit über die Ziele

Wer die Kommunikation als ein Instrument ansieht, um seine unternehmerischen Ziele zu erreichen, muss die Kommunikationsziele benennen und möglichst auch quantifizieren. Deshalb werden im Zuge des Kommunikations-Controllings häufig Fragen über unternehmerische Zielsetzungen und Strategien (neu) thematisiert. Auf welchen Märkten agieren wir bzw. wollen wir in Zukunft agieren? Wo wollen wir uns dort positionieren? Was sind die wichtigsten externen Einflussfaktoren für unsere Kommunikationsarbeit? Was sind unsere wichtigsten strategischen Erfolgsfaktoren? Wie bekommen wir ein Bild davon, ob wir in der Kommunikation „einen guten Job gemacht haben“?

Nicht auf der Treppe stolpern

Die Wirkung von Kommunikation folgt dem Grundmodell einer Treppe. Deswegen ist es sinnvoll, auch die Messung dieser Wirkung entlang den Treppenstufen aufzubauen. Wie bei einer echten Treppe gilt: Wer eine Stufe überspringen will, kann dabei leicht stolpern. Wer auf einer Stufe gar nicht misst, erhält blinde Flecken und riskiert Fehlentscheidungen auf Grund falscher, rein subjektiver Einschätzungen. Die Messung muss jedoch nicht kompliziert sein: Je nach Anspruch und Unternehmensgröße reichen schon einfache Instrumente. Allerdings muss die Messung methodisch durchgängig sein und regelmäßig durchgeführt werden.

Weil nicht alle Messgrößen aus dem Finanzcontrolling hergeleitet werden können, bedeutet es einen gewissen Aufwand, regelmäßig die relevanten Kennzahlen zu ermitteln. Als Faustregel gilt hier: Fünf bis zehn Prozent der Kommunikationsausgaben sollten je nach inhaltlichem Anspruch für die Erfolgsmessung veranschlagt werden. Aber dieses Geld ist gut angelegt: Das Kommunikations-Controlling hilft dabei zu klären, wo die Reise eigentlich hingehen soll. Und es hilft, die Route zum Kommunikationsziel festzulegen und nicht vom Weg abzukommen.

Kommunikations-Controlling in der Praxis

Ein familiengeführtes, mittelständisches Maschinenbauunternehmen mit etwa 2 500 Mitarbeitern muss in den nächsten drei Jahren jährlich rund 80 Ingenieure einstellen, um weiter wachsen zu können. Das Unternehmen ist als einer von weltweit sechs Wettbewerbern in einem Spezialgebiet der Industrieausrüstung tätig. Dominiert wird dieser Markt allerdings von drei großen Konzernen. Am Hauptstandort Deutschland steht das Unternehmen daher mit diesen drei Global Playern in einem (ungleichen) Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte.

Die gesuchten Ingenieure werden vorwiegend an vier deutschen Hochschulen in hoch spezialisierten Studiengängen ausgebildet. Um den eigenen Namen stärker in das Bewusstsein der Studienabsolventen zu bringen und sich gegenüber den großen Wettbewerbern zu profilieren, entschließt sich das Unternehmen zu einer mehrjährig angelegten Kampagne unter dem Motto „Arbeitgebermarke“.

Kampagne „Arbeitgebermarke“

Hauptbestandteile der Kampagne sind: Eine spezifische Recruiting-Website einschließlich spezieller Einstiegsseiten (Landing Pages) für einzelne Kampagnenmaßnahmen, systematische und regelmäßige Presseinformationen über das Unternehmen, Aufbau von Medienkontakten an den Hochschulstandorten und in Fachzeitschriften, Ausschreibung eines Nachwuchspreises für Diplomarbeiten, Firmenprofile in den sozialen Netzwerken, Teilnahme von Experten des Hauses an den Fachgruppen der sozialen Netzwerke, spezifische Broschüren für die Zielgruppe zur Auslage an den Hochschulen und Teilnahme an zwei besonders geeigneten Recruiting-Messen.

Auf der Input-Ebene plant das Unternehmen sowohl die Kosten für die Kampagne insgesamt als auch die Kosten der einzelnen Maßnahmen. Auch der Zeitaufwand der mit der Kampagne beschäftigten Mitarbeiter wird für die Teilprojekte erfasst und ihnen zugeordnet (z.B. „Web“, „Presseinformationen und -anfragen“, „Kontaktrecherche und Datenpflege“, „Nachwuchspreis“, „Social Media“, „Werbemittel“ und „Recruiting-Messen“). Erst dadurch entsteht eine umfassende Übersicht über die Kosten.

Output: Kommunikationsprodukte und Medienresonanzanalyse

Der angestrebte interne Output wird für jede einzelne Aktivität benannt und den Teilprojekten zugeordnet (z.B. Umfang, Qualität und Termin des Webauftritts, Frequenz der Presseinformationen, Intensität der Kontakte zu den wichtigen Journalisten). So entstehen Zielwerte für Qualität und Kosten der einzelnen Maßnahmen, die zu vereinbarten Zeitpunkten (z.B. halbjährlich) mit Ist-Werten verglichen werden. Bereits auf dieser Basis findet eine laufende Feinjustierung statt.

Der externe Output wird mit Hilfe der Medienresonanzanalyse und des Web-Controllings bewertet. Dabei wird auch erfasst, ob diejenigen Medien erreicht wurden, die für das Thema wichtig sind oder als Meinungsführer gelten. Außerdem wird die eigene Position mit der der Wettbewerber verglichen. Die erschienenen Artikel werden in einer Datenbank den Teilprojekten zugeordnet. Die Analyse der Artikel lässt auch erkennen, welche Journalisten die wichtigsten Meinungsführer und deshalb für das Unternehmen besonders wichtig sind. Für die einzelnen Hochschul-standorte können lokale Werte gemessen werden, soweit das betreffende Medium einen stark regionalen Einzugsbereich hat.

Outcome: Was ist in der Zielgruppe angekommen?

Für eine fundierte Wirkungsanalyse wird eine Stichprobe der Studenten, die in den betreffenden Studiengängen eingeschrieben sind, online über Bekanntheit, Informationsstand und persönliche Bewertung des eigenen Unternehmens und der drei Hauptwettbewerber befragt. Dabei wird ermittelt, wie die Studenten auf die einzelnen Inhalte der Kampagne aufmerksam wurden und welche der genannten Informationen bzw. Aktivitäten des Unternehmens ihnen aufgefallen sind. Weil solche Wirkungen erfahrungsgemäß erst allmählich eintreten, wird zu Beginn der Kampagne eine Nullmessung erhoben und anschließend eine jährliche Folgemessung. Dabei kann sich beispielsweise zeigen, dass zwar die Bekanntheit gestiegen ist, nicht jedoch die Sympathie bzw. die konkrete Bewerbungsabsicht. Dann müssten die Argumenten noch klarer formuliert und kommuniziert werden.

Der wirtschaftliche Gegenwert der Kommunikation (Outflow) spiegelt sich bei diesem Beispiel in wichtigen personalwirtschaftlichen Kennzahlen wider. Das Unternehmen hat Ziele für die Anzahl der Neubesetzungen in einem bestimmten Zeitraum und für die Kosten pro Stellenbesetzung definiert und vergleicht die Ist-Werte mit diesen Zielsetzungen.

Autor/in: Christoph Naucke, ist Inhaber der PR-Agentur naucke_kommunikation in Hersbruck und Mitglied des Arbeitskreises „Wertschöpfung durch Kommunikation“ der DPRG, Deutsche Public Relations Gesellschaft (www.naucke.com).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2011, Seite 28

 
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