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Steuerrecht

Bleibt 2012 mehr übrig?

Zum Jahreswechsel gibt es wieder eine Reihe von Neuerungen insbesondere bei der Einkommens- und Umsatzsteuer. Welche Regelungen sind für Betriebe und Arbeitnehmer relevant? Von Wolfgang Kunert

Das Steuervereinfachungsgesetz 2011, das am 23. September in Kraft getreten ist, bringt einige Veränderungen mit sich, von denen sich einige schon in diesem Jahr, die meisten aber in 2012 auswirken.

Wichtige Änderungen im Einkommensteuergesetz:

Abgabefrist für die Einkommensteuererklärung: Geeinigt haben sich Bundestag und Bundesrat im Vermittlungsausschuss, dass die ursprünglich geplante Zwei-Jahres-Option für die Abgabe der Einkommensteuer-erklärung (§ 25 a Einkommensteuergesetz EStG-E) nun doch nicht kommt. Als Grund wurde angegeben, dass ein Mehraufwand für die Finanzverwaltung vermieden werden sollte. Das bedeutet für die Steuerpflichtigen, dass sie wie bisher jährlich zur Abgabe der Einkommensteuererklärung verpflichtet sind.

Arbeitnehmerpauschbetrag: Der bisherige Arbeitnehmerpauschbetrag von 920 Euro steigt rückwirkend ab 2011 auf 1 000 Euro.

Kinderfreibetrag: Ab 2012 kann der Kinderfreibetrag, der den Eltern grundsätzlich jeweils hälftig zusteht, auch dann von einem Elternteil auf den anderen übertragen werden, wenn der eine Elternteil dem Kind zivilrechtlich mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist (§ 32 Abs. 6 EStG).

Kinderbetreuung: Die bisherige Unterscheidung, ob Kinderbetreuungskosten aus beruflichen oder privaten Gründen entstanden sind, soll entfallen. Ab 2012 sind Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG mit zwei Dritteln der Aufwendungen bis zu einem Höchstbetrag von 4 000 Euro pro Kind abzugsfähig.

Berechnung von Kindergeld und Kinderfreibeträgen: Die bisherige Überprüfung des Einkommens von volljährigen Kindern unter 25 Jahren (Einkünfte- und Bezügegrenze von maximal 8 004 Euro) entfällt.

Außergewöhnliche Belastungen und Spenden: Kapitaleinkünfte, auf die Abgeltungssteuer bezahlt wurde, sollen in die Berechnung der zumutbaren Belastung sowie des Höchstbetrags für den Spendenabzug nicht mehr einbezogen werden. Dies hat zur Folge, dass ein höherer Abzug von außergewöhnlichen Belastungen und Spenden möglich wird.

Sonderausgaben: Werden einem Steuerpflichtigen Aufwendungen erstattet, die er bisher als Sonderausgaben geltend gemacht hat (z.B. Beitragsrückerstattung aus einer privaten Krankenversicherung wegen Nichtinanspruchnahme von Leistungen), werden diese Erstattungen mit gleichartigen Aufwendungen verrechnet. Ein sich daraus ergebender Überhang (negativer Saldo) führte bisher zu einer Änderung der Veranlagung in dem Vorjahr, in welchem die entsprechenden Sonderausgaben geltend gemacht wurden. Ab 2012 wird ein derartiger Überhang nicht mehr „rückgetragen“, sondern im Veranlagungsjahr, in dem er entstanden ist, bei der Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte hinzugerechnet (§ 10 Abs. 4b EStG n.F.).

Überlassung von Wohnungen: Wenn eine Wohnung beispielsweise an nahe Angehörige verbilligt vermietet wird, muss die Vermietung unter Umständen in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Anteil aufgeteilt werden. Folge einer teilweise entgeltlichen Nutzung ist, dass die Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung prozentual (in Höhe der Unentgeltlichkeit) nicht geltend gemacht werden können. Bisher lag die Grenze bei 56 Prozent der ortsüblichen Miete. Lag die vereinbarte Miete bei 56 bis 75 Prozent der ortsüblichen Miete, so musste bislang zusätzlich eine Totalgewinnprognose vorgelegt werden, um in den Genuss eines 100-prozentigen Abzugs der Werbungskosten zu kommen. Ab 2012 wird eine einheitliche Grenze eingeführt, bei der eine teilentgeltliche Vermietung angenommen wird. Sie liegt bei weniger als 66 Prozent der ortsüblichen Miete. Die Einreichung einer Totalgewinnprognose wird nicht mehr verlangt (§ 21 Abs. 2 EStG).

Veranlagungsvarianten: Bisher gab es sieben Veranlagungs- und Tarifvarianten für Eheleute, die jetzt auf nunmehr vier reduziert werden. Bei der Einzelveranlagung gibt es jetzt Grundtarif, Verwitweten-Splitting und „Sonder-Splitting“ im Trennungsjahr sowie bei der Zusammenveranlagung das Ehegatten-Splitting.

Betriebsunterbrechung: Eine Betriebsunterbrechung führt nach aktueller Rechtslage nicht zwangsweise zur Betriebsaufgabe (Stichwort: ruhender Gewerbebetrieb). Der Unternehmer hatte bislang das Wahlrecht, die Betriebsaufgabe unter Aufdeckung aller stillen Reserven zu erklären oder weiterhin gewerbliche Einkünfte zu erzielen. Wenn der Gewerbetreibende keine eindeutige Erklärung über die Betriebsaufgabe abgegeben hat, kam es bisher bei einer allmählichen (schleichenden) Betriebsaufspaltung in der Praxis deshalb regelmäßig zu Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung. Strittig war die Frage, ob eine Betriebsfortführung überhaupt noch möglich war und ob die Aufgabe faktisch nicht bereits viel früher erfolgte. Neu eingeführt wurde deshalb die sogenannte Betriebsfortführungsfiktion – das bedeutet, es wird vom Fortbestand des Betriebs ausgegangen, bis eine ausdrückliche Aufgabeerklärung vorliegt (§ 16 Abs. 3 b EStG).

Im Umsatzsteuergesetz, in der Abgabenordnung und im Erbschaftsrecht gibt es im Wesentlichen diese Änderungen:

Die elektronische Rechnungsstellung wird rückwirkend zum 1. Juli 2011 vereinfacht. Bisher wurden Rechnungen, die auf elektronischem Weg übermittelt wurden, für umsatzsteuerliche Zwecke nur dann anerkannt, wenn die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts durch eine qualifizierte Signatur oder eine qualifizierte elektronische Signatur mit Anbieter-Akkreditierung nach dem Signaturgesetz oder durch elektronischen Datentausch (EDI) gewährleistet wurden. Künftig sind die genannten Verfahren lediglich als Beispielsfälle für Technologien zu verstehen. Auch die Nutzung anderer Anbieter wird möglich, soweit die Voraussetzungen des Nachweises der Echtheit und Unversehrtheit gewährleistet wird.

Verbindliche Auskünfte: Bisher haben die Finanzämter bei allen Anträgen auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft Gebühren erhoben (gemäß § 89 Abgabenordnung AO). Jetzt müssen erst ab einem Gegenstandswert von 10 000 Euro Gebühren bezahlt werden.

Erbschaftsteuer: Mit der Reform der Erbschaftsteuer wurde die erbschafts- und schenkungssteuerbegünstigte Übertragung von betrieblichem Vermögen an neue Voraussetzungen geknüpft: Über einen gewissen Zeitraum muss die bisherige Lohnsumme – zumindest anteilig – beibehalten werden. Um den sogenannten Verschonungsabschlag – d.h. „Steuerfreibetrag“ – für betriebliches Vermögen zu bestimmen, werden Angaben zur Ausgangslohnsumme und zur Anzahl der Beschäftigten benötigt. Um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden, wird nun mit dem neu eingefügten § 13 Abs. 1 a ErbStG geregelt, dass Ausgangslohnsumme und Anzahl der Beschäftigten (§ 172 AO) in einem gesonderten Bescheid festgestellt werden. Anwendung findet dies für Erbschaften und Schenkungen mit Betriebsvermögen, die nach dem 30. Juni 2011 erfolgen.

Autor/in: Rechtsanwalt und Steuerberater Wolfgang Kunert,ist Geschäftsführender Gesellschafter der Kunert Steuerberatungsgesellschaft mbH und Inhaber der Kunert Rechtsanwaltskanzlei in Nürnberg
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2011, Seite 34

 
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