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Unternehmensverkauf

Was ist der Preis?

Die Ausgangslage ist eindeutig: Auf der einen Seite steht der Firmenbesitzer, der sich durch den Verkauf einen nennenswerten Ertrag und finanzielle Sicherheit im Alter verspricht. Auf der anderen Seite möchte der Käufer ein für sich rentables Geschäft abschließen und naturgemäß einen möglichst niedrigen Preis bezahlen. Damit die Verkaufsverhandlungen nicht scheitern, braucht es akzeptable Werte für beide Parteien, insbesondere eine nachvollziehbare Unternehmensbewertung.

Erfahrungsgemäß klaffen beim bisherigen Unternehmer Wunsch und Wirklichkeit oft auseinander. Erst recht, wenn der Inhaber die Firma auch gegründet hat und er sich bewusst machen muss, dass weder für harte und energieraubende Aufbauarbeit, noch für Leidenschaft und Herzblut extra Prämien gezahlt werden. Die Ernüchterung ist bei vielen Firmenchefs groß, wenn sie erstmals mit den Angeboten potenzieller Käufer konfrontiert werden. Deshalb sollte schon im Vorfeld eine Unternehmensbewertung durch Experten stattfinden.

Es versteht sich, dass es bei der Bewertung keine Standardlösungen gibt und dass jedes Unternehmen individuell analysiert werden muss. Standardisierte Preise für Firmen einer bestimmten Größe oder Branche existieren nicht. Sogar eine rechtsverbindliche und somit einheitliche Vorgehensweise ist bei der Unternehmensbewertung nicht zu erwarten. Bewertungspraktiken sind ständig in Bewegung; beispielsweise galt die Wertermittlung auf Basis vorhandener Substanz noch vor Jahren als gängiges Verfahren und ist inzwischen eher unüblich geworden.

Blick in die Zukunft

Um den Wert eines Betriebes zu ermitteln, werden heute sogenannte Ertragswertverfahren eingesetzt. Dabei dienen die bevorstehenden und nachhaltig erzielbaren Überschüsse als Berechnungsgrundlage. Was im ersten Moment wie der mysteriöse Blick in die Kristallkugel klingt, ist eine anerkannte Methode. Bei der Ermittlung des Zukunftsertrags werden vorhandene Firmenbesitzstände wie Immobilien- oder Vorratsvermögen ausgeblendet. Was zählt, ist der Ertrag. Lediglich hohe Lagerbestände oder Außenstände können in der Bemessung berücksichtigt werden - vorausgesetzt, dass sie zum Stichtag nicht dem normalen Geschäftsgang entsprechen, also im Vergleich zum jährlichen Durchschnittswert deutlich zu hoch oder zu niedrig sind. Beim Unternehmensverkauf können mit dem Erwerber auch sehr spezielle Absprachen getroffen werden. Was mit welchem Wert in die ökonomische Musterung einfließt, hängt also vom individuellen Verhandlungsgeschick der beteiligten Partner ab.

Bei mittelständischen Transaktionsgeschäften wird überwiegend die sogenannte EBIT-Multiplikator-Methode angewandt, die sich als praxistaugliche Wertermittlung durchgesetzt hat. Für diese Art der wirtschaftlichen Charakterisierung werden verschiedenste Bereiche eines Unternehmens herangezogen. Im Zentrum steht die Ermittlung eines nachhaltigen Ergebnisses vor Zinsen und Steuern (EBIT), das in den kommenden Perioden voraussichtlich erwirtschaftet werden kann. Dieses EBIT basiert auf den in der Vergangenheit erzielten Werten in Verbindung mit der unternehmerischen Planung. Hiermit kann ein realistisches Bild der Ertragslage gezeichnet werden. Hinzu kommt der Multiplikator, mit dem Risiko und Chancen eingeschätzt werden.

Der scharfe Blick des Investors

Der Investor hat eine Reihe von Fragen an den bisherigen Unternehmer, denn er will die Erfolgsaussichten des Betriebs möglichst genau einschätzen können: Welche Rendite kann das Unternehmen bringen? Welche Engpässe sind im spezifischen Umfeld des Betriebs zu erwarten (z.B. Abhängigkeit von Einzelkunden, branchenspezifische Aspekte, Produktion im Ausland)? Welchen unternehmerischen Gefahren und betriebsinternen Wagnissen stehen welchen Chancen gegenüber? Hat der Betrieb demnächst besondere Belastungsproben zu bestehen? Welche Aussichten hat die Firma im Wettbewerb? Gerade ein Investor sieht bei einer Firmenübernahme durch eine sehr eigene Brille. Positiv erscheinen neben einem hohen Innovationsgrad, einer breit aufgestellten Kundenstruktur und einem erfahrenen Management solche Potenziale, die Mitbewerber nicht aufweisen. Das können marktführende Produkte, individuelle Dienstleistungen oder die Abdeckung einer Nische sein.

Wie der tatsächliche Kaufpreis ermittelt wird, lässt sich an einem Beispiel verdeutlichen: Aus der EBIT-Reihe der letzten beiden und des laufenden Jahres (2009: 500 000 Euro; 2010: 700 000 Euro; 2011 Plan: 750 000 Euro) ergibt sich ein nachhaltiges EBIT von 650 000 Euro. Multipliziert man diese 650 000 Euro mit einem EBIT-Multiplikator von 4,0 (= Rendite von 25 Prozent; sprich ein Viertel) ergibt sich der Bruttounternehmenswert in Höhe von 2 600 000 Euro. Angenommene Bankverbindlichkeiten von 400 000 Euro und ein Gesellschafterdarlehen von 250 000 Euro werden vom Bruttounternehmenswert abgezogen, die liquiden Mittel in Höhe von 150 000 Euro addiert. Als Ergebnis kommt bei diesem Beispiel ein Nettounternehmenswert von 2 100 000 Euro vor persönlichen Steuern heraus. Dieser Wert bildet die realistische Verhandlungsgrundlage für den fließenden Kaufpreis.

Unterschiedliche Kriterien

Jede Branche tickt ein wenig anders - kaum verwunderlich also, dass es daher auch jeweils spezifische Werttreiber und Bewertungsarten gibt. Diese Branchenspezifika müssen bei einer soliden Unternehmensbewertung berücksichtigt werden. Längerfristige Service- und Wartungsverträge, breit gestreute Kundenbeziehungen oder die Bewertung von noch nicht fertiggestellten Arbeiten, die in der Bilanz auftauchen, sind nur einige Beispiele. Sie sind nicht nur handfeste Faktoren, sondern eröffnen zugleich interessante Gestaltungsspielräume innerhalb der Unternehmensbewertung.

Wie lässt sich der Unternehmenswert positiv beeinflussen, wenn er derzeit aus Sicht des Veräußerers noch nicht zufriedenstellend ist? Hierfür bieten sich vor allem Instrumente an, um die Liquidität zu verbessern. Leasing-Methoden sind eine Variante, Factoring eine andere, um die Liquidität des Unternehmens zu entlasten. Reservegrundstücke, alte Maschinen, Lagerrestanten - Vermögensteile, die nicht betriebsnotwendig erscheinen, sollten konsequent reduziert werden, um dadurch die Aufwendungen zu verringern. Grundsätzlich sollten im Vorfeld der Firmenveräußerung ausschließlich notwendige Investitionen durchgeführt werden.

Auch die Optimierung des sogenannten Working Capitals führt zu einer verbesserten Bilanzstruktur. Wer einen gesunden Ausgleich zwischen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen einerseits und Kontokorrent- und Lieferantenverbindlichkeiten andererseits schafft, ist klar im Vorteil. Zeit- und bedarfsgenaue Planungen, kluge Lagerhaltung und effiziente Vorratswirtschaft bringen echte Pluspunkte. Ein stringentes Forderungsmanagement, attraktive Skontierungsmodalitäten, effektives Mahnwesen und die Einrichtung von Inkasso tragen ebenfalls zum gesteigerten Firmenwert mit bei.

Timing ist wichtig

Zeit ist Geld, heißt es. Wer den richtigen Zeitpunkt für einen Verkauf abwartet, kann mit sicherem Erfolg rechnen. Daher sollte der Moment gut ausgesucht und die Gelegenheit genutzt werden. In Phasen des konjunkturellen Abschwungs sind Käufer zurückhaltend und die erzielbaren Preise fallen entsprechend niedrig aus. Auch Turbulenzen an den Finanzmärkten sind nicht die richtige Zeit, da die ökonomischen Wellen in der Regel negativ auf die realen Volkswirtschaften durchschlagen. Branchenübergreifend geraten dadurch bei vielen Unternehmen die zentralen Werttreiber unter Druck. Den geringeren Umsätzen folgen zwangsläufig auch die drastisch reduzierten Margen, wenn die Fixkosten nicht angepasst werden können. Und wenn weniger Mittel für Investitionen zur Verfügung stehen, schwinden auch die Wachstumsaussichten.

Die gute Nachricht: Perioden mit starken Einbrüchen wechseln sich immer rascher mit Phasen überproportionaler Erholung ab. Allerdings wackeln dadurch zunehmend die Prognosen für künftig erzielbare Überschussgrößen; was früher sichere Auskünfte waren, sind heute schwer ermittelbare Aussagen. Unter derartigen Rahmenbedingungen langfristige Trends zu skizzieren, ist oft nur unter Verwendung umfangreicher Planannahmen möglich. Die Simulation von verschiedenen Szenarien hilft an dieser Stelle weiter und sollte gemeinsam mit dem bisherigen Firmeninhaber durchgeführt und die Wahrscheinlichkeit bewertet werden. In vielen Bereichen sind Szenario-Analysen nichts Besonderes, im Bereich der Unternehmensbewertung werden sie allerdings noch zu selten eingesetzt.

Verkaufsprozess bewusst steuern

Wer erfolgreich sein Unternehmen an den Mann bringen will, sollte entscheidende Indikatoren wie Ertragskraft, Zukunftsaussichten und Verkaufszeitpunkt nicht außer Acht lassen. Wer die Basisgrößen mit ausreichender Sorgfalt bestimmt, kann den Verkauf positiv lenken. Dass zur Nachfolgeregelung auch eine professionelle Unternehmensbewertung gehört, sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Wer einen soliden Anhaltspunkt hat, kann sich im Verkaufsprozess daran orientieren und damit zusätzlich punkten. Realistische Nennwerte als Wegweiser führen eher zum Erfolg als vage Schätzungen. Im Großen wie im Kleinen bestimmt das Verhältnis von Angebot und Nachfrage letztendlich das Preisniveau.

Autor/in: Christian Weibrecht, ist Partner bei der seneca Corporate Finance GmbH in Nürnberg (www.seneca-cf.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2012, Seite 36

 
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