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Aufsichtsräte

Auf der Höhe der Zeit?

Die Aufsichtsräte sollen die Geschäftsführung überwachen und beraten. Sie spielen deshalb eine bedeutende Rolle für die gute Unternehmensführung (Corporate Governance). Doch nicht immer entspricht die Qualifikation den hohen Ansprüchen an dieses Amt. Von Prof. Dr. Thomas M. Fischer

Wenn Unternehmen in Schieflage geraten, wird häufig diskutiert, ob die Arbeit der Aufsichtsräte den Anforderungen entsprach. Vor allem von mittelständischen Unternehmen ist zu hören, dass deren Aufsichtsräte weniger nach rationalen und professionellen Kriterien ausgewählt werden, sondern dass persönliche Wertschätzung und Bekanntheit ausschlaggebend sind. Dieses Vorgehen wird aber nicht der herausragenden Rolle gerecht, die der Gesetzgeber dem Aufsichtsrat (oder bei freiwilliger Einrichtung eines Kontrollgremiums: des Beirates) für die nachhaltige Existenzsicherung des Unternehmens zugedacht hat.

Der Aufsichtsrat wird im Aktiengesetz (AktG) als Kontrollgremium definiert, das dem Vorstand an die Seite gestellt wird. Gemäß § 111 AktG besteht seine Hauptaufgabe darin, die Tätigkeit der Geschäftsführung zu überwachen. Darüber hinaus muss er die Geschäftsführung beraten und ist für die Ernennung sowie Abberufung des Vorstandes verantwortlich. Eine weitere wesentliche Aufgabe besteht darin, Prüfungspflichten wahrzunehmen, die sich insbesondere auf die Korrektheit des Jahresabschlusses und der damit einhergehenden Berichterstattung beziehen. Der Aufsichtsrat stellt also ein Kontrollorgan zum Schutz des Unternehmens dar.

Allerdings erläutert der Gesetzgeber nicht näher, welche Aufgaben konkret mit der Überwachung und Beratung der Geschäftsführung verbunden sind. Die Praxis hat aber gezeigt, dass ein erfolgreicher Aufsichtsrat in erster Linie die richtigen Fragen zu den wichtigen Themen an die Geschäftsführung zu stellen hat. Der Aufsichtsrat muss in der Lage sein, Bedrohungen für das Unternehmen frühzeitig zu identifizieren – seien es externe Faktoren (z.B. negative Konjunkturentwicklungen) oder aber interne Einflüsse (z.B. Gewinnung neuer Mitarbeiter oder betriebliche Risiken). Dafür müssen neben Daten, die von der Geschäftsleitung geliefert werden, noch weitere Informationen herangezogen werden, die gegebenenfalls erst durch gezieltes Nachfragen erhältlich sind. Das Ziel dieser Tätigkeiten ist nicht nur die vom Gesetzgeber geforderte Überwachung, sondern auch die unabhängige Beratung der Geschäftsführung bei wichtigen Entscheidungen.

Wer kann Aufsichtsrat werden?

Trotz der verantwortungsvollen Position des Aufsichtsrates sind die gesetzlichen Regelungen für die Ernennung von Aufsichtsratsmitgliedern überschaubar. Gemäß § 100 AktG kann grundsätzlich jede unbeschränkt geschäftsfähige Person, die nicht bereits zu viele Aufsichtsratsmandate besitzt, den Posten eines Aufsichtsrates übernehmen. Spezielle Fachkenntnisse müssen Aufsichtsräte im Allgemeinen nicht nachweisen. Lediglich bei kapitalmarktorientierten Unternehmen muss nach § 100 Abs. 5 AktG „mindestens ein unabhängiges Mitglied des Aufsichtsrats über Sachverstand auf den Gebieten Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügen“.

Es stellt sich die Frage, ob diese gesetzliche Regelung den hohen Anforderungen an Aufsichts- oder Beiratsmitglieder gerecht wird. Der großen Verantwortung als Kontrolleur, aber auch als Diskutant und Partner der Geschäftsführung kann nur derjenige vollständig gerecht werden, der die nötige Qualifikation für ein solches Amt erworben hat. Die Aus- und Fortbildungspflicht für Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen, die in der neuesten Fassung des Deutschen Corporate Governance Kodex gefordert wird, ist ein wichtiges Signal.

Die Arbeit in einem Aufsichts- oder Beirat wird durch die stärkere Professionalisierung aufgewertet, die Qualität der Beziehung zwischen Aufsichtsrat und Geschäftsführung wird verbessert. Jedoch bilden die steigenden Anforderungen auch eine Hürde für zukünftige Mitglieder eines Aufsichts- oder Beirates, die nicht zu unterschätzen ist. Die geforderten Kenntnisse in Wirtschafts- und Rechtswissenschaften stellen beispielsweise für potenzielle Amtsinhaber mit technischem, naturwissenschaftlichem oder geisteswissenschaftlichem Hintergrund oftmals eine Herausforderung dar. Dennoch führt kein Weg daran vorbei, denn es bedarf einer gemeinsamen „Sprache“ zwischen Geschäftsführung und Kontrolleuren, um unternehmerische Entscheidungen kompetent diskutieren zu können.

Eine Lösung, um die gestiegenen Anforderungen zu bewältigen, bietet das Institut „Finance Auditing Controlling Taxation (Fact)“ der Universität Erlangen-Nürnberg mit seinem Fachprogramm für Aufsichts- und Beiräte. Der universitäre Zertifikatslehrgang, der gemeinsam mit Experten aus Wissenschaft und Praxis entwickelt worden ist, bietet die Möglichkeit, sich für die Aufgaben des Aufsichts- und Beirates zu qualifizieren oder das vorhandene Wissen auf effektive Weise auf den neuesten Stand zu bringen. Darüber hinaus ermöglicht das Seminar einen anregenden Erfahrungsaustausch sowie kritische Diskussionsmöglichkeiten zu Problemlösungsstrategien und Best Practices.

Die neuesten Initiativen des Gesetzgebers, um die Arbeit von Aufsichts- und Beiräten zu verbessern, bieten zusammen mit Weiterbildungsangeboten wie dem von der Universität Erlangen-Nürnberg eine gute Chance, das teilweise negative Image von Aufsichtsräten zu verbessern. Das Ziel sollte sein, dass die Unternehmen es als echten Mangel empfinden würden, wenn sie den Aufsichtsrat oder Beirat nicht als kompetenten Partner an ihrer Seite hätten. Die Berufung und Tätigkeit als Aufsichtsrat sollte zur „Krönung der Karriere“ werden.

Autor/in: Prof. Dr. Thomas M. Fischer, ist Inhaber des Lehrstuhls für Rechnungswesen und Controlling an der Universität Erlangen-Nürnberg (www.management-reporting.org,
thomas.m.fischer@wiso.uni-erlangen.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2012, Seite 14

 
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