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Digitalisierung

Die Revolution der Kommunikation

Die neuen Medien fordern von den Unternehmen ein Umdenken bei der Kommunikation und einen verstärkten Kundendialog. Einige Unternehmen bedienen sich bereits innovativer Kommunikationsmodelle und sind damit sehr erfolgreich. Von Marco Schnös

So kann man sich täuschen: Thomas Watson, früherer Chef von IBM, hat im Jahr 1943 angeblich gesagt, dass er den weltweiten Bedarf an Computern auf etwa fünf Exemplare veranschlagt. Eine wunderbare Anekdote – im Kontrast zur heutigen weltweiten Vernetzung von Milliarden Menschen macht sie die Wucht und die Folgen digitaler Innovationen anschaulich.

Diese Innovationen wälzen selbstverständlich auch die Märkte um, die noch vor wenigen Jahren hauptsächlich von Masse und Konsum getrieben wurden. Die Menschen sind nicht mehr mit werblicher Dauerberieselung in nur wenigen Medien zu erreichen. Sie informieren sich jetzt über eine Vielzahl von Kanälen, die mit unterschiedlichen Regeln und Geschwindigkeiten funktionieren. Zudem sorgen Trends wie Nachhaltigkeit, Ökologie, Qualitätsorientierung und stärkere Bindung an die eigene Region dafür, dass die Märkte aufgemischt werden. Wie können das Marketing und die Unternehmenskommunikation darauf reagieren?

Neue Marketing-Instrumente in der digitalen Welt

Zu beobachten ist, dass die Digitalisierung neue Marketing-Instrumente hervorbringt und dass sich klassische auflösen. Die neuen Kommunikationsmodelle beziehen die Konsumenten mit ein, sie werden kollaborativ, wie man in der Marketing-Fachsprache sagt. Das bedeutet, die Unternehmen treten in den Dialog mit den Kunden, diese „arbeiten“ gleichsam daran mit, bestehende Produkte zu verbessern oder neue zu entwickeln. Das ist nicht ganz einfach, und das muss man auch wollen. Wie weit die Wirklichkeit von diesem „Wollen“ noch entfernt ist, zeigt eine aktuelle Studie des IT-Branchenverbandes Bitkom: 69 Prozent der befragten Unternehmen wollen auf Facebook zwar Informationen verbreiten, aber nur 53 Prozent sehen den Dialog als zentrales Kommunikationselement – und füttern ihre Fans trotzdem oft nur mit Sonderangeboten und Allgemeinplätzchen.

Denn die Angst vor dem „Shitstorm“ schreckt viele Unternehmen davon ab, Interessenten und Kunden an der Kommunikation zu beteiligen. Ein echter Dialog setzt aber auch unangenehme Themen auf die Tagesordnung – vor allem dann, wenn Verbraucher sich in ihren Erwartungen getäuscht oder nicht ernst genommen fühlen. Ein Grund mehr für Marketing-Abteilungen, sich im Loslassen, im Zuhören und im ehrlichen, authentischen Diskurs zu üben. Anders gesagt: Eine Haltung anzunehmen, die die Auseinandersetzung fördert, anstatt sie zu übergehen oder mit Standard-Pressemitteilungen zu quittieren. Wenn die Kunden mitreden dürfen, identifizieren sie sich stärker mit einer Marke und dann kaufen und empfehlen sie die Produkte auch eher.

Dieser Ansatz liegt eigentlich auf der Hand und ist auch nicht neu: Bereits 1999 erschienen dazu in den USA unter der Überschrift „Cluetrain Manifesto“ 95 Thesen (www.cluetrain.com). Sie wurden von kritischen Geistern veröffentlicht, die damit auf ihrer Meinung nach unzureichenden Umgang von Unternehmen mit ihren Kunden reagierten. Schon die Vorbemerkung ist eine deutliche Ansage an die Marketing-Kommunikation von heute: „Wir sind keine Zuschauer oder Empfänger oder Endverbraucher oder Konsumenten. Wir sind Menschen – und unser Einfluss entzieht sich eurem Zugriff. Kommt damit klar.“

Das klingt wie eine Kampfansage, ist aber auch ein großartiges Versprechen. Wenn Marketing-Entscheider das so verstehen, ist der erste Schritt zum erfolgreichen Dialog gemacht. Vertrauen, Neugier, aber auch Durchhaltevermögen und die Kraft des Zweifels am System, sind zusätzliche Hebel für mehr Markenattraktivität. Es muss nicht immer das billigste Angebot sein. Viel nachhaltiger und allemal sympathischer als die x-te „Wir-sind-die-Besten-Kampagne“ wirkt ein überzeugendes Bekenntnis zur Relevanz und zu echten Mehrwerten. Warum nicht völlig neue Kontaktmöglichkeiten ausprobieren? Warum nicht mit einem intelligenten Mix aus digitalen Instrumenten und offener Kundenansprache experimentieren? Warum nicht beispielsweise einen Laden eröffnen, in dem man ein Telefon kaufen und zugleich mit anderen über Mode und Kunst reden kann?

Mit dem Kunden im Gespräch

Wie gut die richtige Mischung aus authentischer Haltung und Relevanz funktionieren kann, zeigen Unternehmen wie Audi, adidas oder Lufthansa schon heute. Sie trauen sich an unorthodoxe, neue Marketing-Aktivitäten heran und managen über sogenannte Kollaborationsprogramme oder über Social Media den Kontakt zu Partnern und Kunden, die sie sogar erfolgreich in die Produktentwicklung mit einbeziehen.

Welcher Kunde fühlt sich nicht toll, wenn er das neue Design eines Sneakers oder einer Schokoladenverpackung mit beeinflussen kann. Und noch ein Pluspunkt dieses Ansatzes: Konsumenten, die eingebunden werden, geben viele Informationen über sich preis. Diese sinnvoll zu nutzen, gehört zu den entscheidenden Faktoren für eine erfolgreiche Kommunikation.

Autor/in: Marco Schnös, ist Geschäftsführender Gesellschafter der Agentur Die Krieger des Lichts.brave communications mit Büros in Nürnberg und Berlin (www.dkdl.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2012, Seite 34

 
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