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Werkswohnungen

Ein Dach für die Mitarbeiter

In Mittelfranken sind Werkswohnungen selten geworden. Aus Sicht der Unternehmen ist der regionale Wohnungsmarkt so aufnahmefähig, dass neue Mitarbeiter problemlos selbst unterkommen.

Werkswohnungen gelten in Deutschland seit längerem als Auslaufmodell. Schon vor fünf Jahren stellten Wissenschaftler in einer Studie für die HSH Nordbank fest, dass es bundesweit nur noch rund 340 000 solcher Wohnungen gibt und dass ihre Zahl weiter sinkt.

„Den Bau von neuen Werkswohnungen zur Anwerbung oder Bindung von Arbeitskräften aufgrund der angespannten Wohnungssituation beobachte ich zurzeit nicht“, bestätigt Peter Axmann, Leiter Großkunden bei der norddeutschen Landesbank.

Das war früher anders, auch in Mittelfranken. Als historisches Vorzeigebeispiel gilt die Siedlung Werderau in Nürnberg, die von 1910 bis 1936 auf Initiative des MAN-Generaldirektors Anton von Rieppel errichtet wurde. Im Gegensatz zu den Mietskasernen der Vorstädte entstanden dort Ein- oder Mehrfamilienhäuser mit Gärten, um die wenige Freizeit sinnvoll gestalten zu können.

Jedes Einfamilienhaus bekam einen eigenen Eingang und einen Hausgarten, der Standard mit obligatorischem Bad und WC war fortschrittlich. Der Architekt Ludwig Ruf, der auch an den Planungen der Kongresshalle auf dem Reichsparteitagsgelände beteiligt war, entwarf dort einen Stadtteil im Grünen, eine Art Dorf in der Stadt.

Kernstück des Viertels ist der Volckamerplatz, ein Baudenkmal des „Arbeiterbarocks“ jener Zeit. Rund um den Platz befinden sich – wie früher an einem Dorfplatz – die wichtigsten Geschäfte für den täglichen Bedarf wie Bäcker, Metzger und Apotheke. Das damals als künstlich kritisierte Viertel blickt heute auf eine fast hundertjährige Geschichte zurück. Jedoch hat sich MAN sich längst von den Werkswohnungen getrennt.

Auch Siemens hat seine Werkswohnungen bereits 2009 verkauft. Den Zuschlag für die 4 000 Wohnungen (2 300 davon in Erlangen) mit 290 000 Quadratmetern Wohn- und Nutzfläche erhielten die Wohnbau GmbH aus Bonn, die Münchener GBW Gruppe und die Volkswohnung AG aus Karlsruhe. Die Mieter sind zu mehr als 90 Prozent aktive oder ehemalige „Siemensianer“, zwei Drittel des Wohnungsbestandes wurden bereits komplett saniert.

Gerade in Ballungszentren wie München, die unter einem Mangel an günstigem Wohnraum leiden, lebt das Konzept der Werkswohnungen aber stellenweise wieder auf. So wollen die Stadtwerke München bis 2020 mit 80 Mio. Euro den Bau von 500 Werkswohnungen finanzieren. Eigene Immobilien sollen den Stadtwerken helfen, Fachkräfte nach München zu locken. Bislang gestaltete sich dies aufgrund des dort herrschenden Wohnungsmangels als äußerst schwierig.

In Mittelfranken ist der Neubau von Werkswohnungen dagegen kein Thema. Michael Rödl, Personalchef von Rödl & Partner in Nürnberg, nennt den Grund dafür: „Der Nürnberger Wohnungsmarkt ist nach unserer Erfahrung nicht so angespannt, dass dies notwendig wäre.“

Die Beschaffung von Wohnraum ist deshalb nach seiner Meinung Privatsache der Mitarbeiter. In Mittelfranken unterstützen zwar zahlreiche Unternehmen neue Auszubildende und Mitarbeiter bei der Wohnungssuche, aber über eigene Werkswohnungen verfügen selbst große Unternehmen nur noch selten.

Zu den Ausnahmen gehört beispielsweise die Sparkasse Nürnberg mit einigen eigenen Immobilien, zumeist kleineren Ein- oder Zwei-Zimmerwohnungen, die bevorzugt an Mitarbeiter vermietet werden. Personalbetreuerin Claudia Sigl erklärt: „Sind hier gerade Wohnungen frei, werden diese vorübergehend und zur Überbrückung bei der Wohnungssuche Mitarbeitern angeboten, die frisch eingestellt wurden und neu in der Region sind.“

Auch bei den Unternehmen der Stadt Nürnberg (Städtische Werke, VAG und N-Ergie) stehen die zuständigen Personalreferenten neuen Mitarbeitern bei der Wohnungssuche zur Seite. Im Notfall geben sie zumindest für die ersten Wochen Hotelempfehlungen oder vermitteln den befristeten Bezug einer Werkswohnung.

Nach Aussage von N-Ergie-Pressesprecherin Melanie Söllch gibt es vier Werkswohnungen, die neuen Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden. Bei Bedarf können freie Werkswohnungen auch von Mitarbeitern der Stadtwerke oder der VAG genutzt werden. Die Mietdauer ist zunächst auf sechs Monate beschränkt. Bei den Mietern handelt es sich häufig um Praktikanten, Trainees, aber auch um Fachkräfte, die nicht aus Nürnberg stammen und sich erst vor Ort nach einer Wohnung umsehen.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2013, Seite 60

 
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