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Business Improvement Districts

Gemeinsam für den Standort

Der Freistaat Bayern soll die Einrichtung von Business Improvement Districts (BID) gesetzlich ermöglichen und damit die Eigenverantwortung der Wirtschaft stärken.

Dies fordern der IHK-Ausschuss für Handel und Dienstleistung und die
IHK-Vollversammlung. Illustration: Anton Atzenhofer

In einem BID werden in öffentlich-privater Partnerschaft gemeinsam Projekte gesteuert und finanziert, um Einzelhandelsquartiere aufzuwerten. Alle Grundstückseigentümer eines räumlich begrenzten BID-Gebietes müssen dabei zur Finanzierung mehrheitlich beschlossener Maßnahmen und Aktivitäten einstehen. Sie engagieren sich verpflichtend in Standortgemeinschaften für Maßnahmen, die der Stärkung innerstädtischen Standorte oder urbaner Stadtteile dienen. Damit gibt es keine „Trittbrettfahrer“ mehr – also Eigentümer oder Mieter, die von Fortschritten in ihrem Stadtviertel profitieren, die sich dafür aber nicht selbst engagieren.

Der Begriff „Business Improvement District“ wird im deutschen Sprachraum in der Regel als „Bündnis für Investition und Dienstleistung“ verstanden. Denn in einem BID als Standortgemeinschaft werden individuelle Projekte und Maßnahmen des BIDs wie Investitionen oder Maßnahmen zur Standortentwicklung und Standortwerbung gemeinsam gesteuert und finanziert.

Solche Maßnahmen zur Aufwertung von Einzelhandelsquartieren dienen nicht dazu, originär staatliche Aufgaben auf Private zu übertragen. Vielmehr sollten sie als zusätzliche Möglichkeit zur Optimierung der Standortqualität in öffentlich-privater Partnerschaft begriffen werden, so IHK-Vizepräsident Wolf Maser, der auch Vorsitzender des Ausschusses für Handel und Dienstleistung ist. Das sieht auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) so: In einem Positionspapier aus dem Jahr 2007 unterstreicht er, dass sich BIDs im In- und Ausland als räumlich klar abgegrenzte Standortgemeinschaften bereits als „erfolgversprechendes städtebauliches Instrument zur Attraktivitätssteigerung, Stärkung und Revitalisierung von Innenstädten, Stadtteilzentren, Wohnquartieren und Gewerbezentren“ erwiesen hätten.

Aufgrund der vielfältigen Vorteile fordern der IHK-Ausschuss für Handel und Dienstleistung und die Vollversammlung die Bayerische Staatsregierung bzw. den Bayerischen Landtag in einer Resolution auf, ein BID-Gesetz für den Freistaat auf den Weg zu bringen und zu verabschieden.

Denn solche BID-Gesetze gebe es derzeit bereits in mehreren Bundesländern, aber noch nicht in Bayern. Die Mitglieder des IHK-Ausschusses für Handel und Dienstleistung hatten in mehreren Sitzungen über die Thematik beraten und sich in einer gemeinsamen Sitzung auch mit den Handelsausschüssen der anderen IHKs der Europäischen Metropolregion Nürnberg abgestimmt.

Handelsausschuss und Vollversammlung verweisen darauf, dass die positiven Erfahrungen von BIDs für die Gesamtheit der BID-Mitglieder die Bedenken überwiegen, die gegen eine verpflichtende Mitgliedschaft in einem BID für den einzelnen Betroffenen bestehen könnten. Insbesondere entsprächen die BIDs dem Prinzip der Wirtschaft in Eigenverantwortung.

Zudem seien bei den Entscheidungsprozessen Schutzmechanismen vorgesehen, sodass in einem demokratischen Prozess die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt würden. Geplante Maßnahmen müssen in mehreren Teilschritten definierte Hürden in Form von Mindestzustimmungsquoten überwinden. Erst wenn diese Beschlüsse gefallen sind, sind alle Beteiligten im BID zum gemeinschaftlichen Handeln verpflichtet.

Strukturelle Entwicklungen im Handel

Die IHK macht auch auf strukturelle Entwicklungen des Einzelhandels aufmerksam, die für die Einrichtung von BIDs sprächen: In zunehmendem Maße werben großflächige Einkaufszentren an unterschiedlichen Standorten („grüne Wiese“, Stadtrand oder Innenstadt) mit professionellem Management, einheitlichem Marketing, gemeinsamen Auftritten und Veranstaltungen, ausreichend Parkplätzen sowie Sauberkeit und Sicherheit um die Kunden.

Im Rahmen vertraglicher Vereinbarungen fügen sich Einzelhändler und Dienstleister freiwillig in solche zentral organisierten Strukturen ein und tragen gemeinsam die Regeln und das Budget für den einheitlichen Auftritt.

Einkaufszentren entfalten damit oft eine Magnetwirkung, verändern Laufwege und Kundenfrequenzen und damit auch das Bild historisch gewachsener Innenstädte oder urbaner Stadtteile: Denn außerhalb der Shopping-Center ziehen sich traditionelle Einzelhändler und Dienstleister zurück.

Folgen sind oft fortschreitender Ladenleerstand, sinkende Werthaltigkeit von Immobilien und Bedeutungsverlust von Stadt(teil)-Zentren. Letztlich drohen damit Umsatzeinbußen für alle Unternehmen – in zentralen Lagen ebenso wie auf der „grünen Wiese“, wenn Kunden ihr Konsumverhalten nachhaltig verlagern oder einschränken, weil ihnen der Einkauf überall wenig verlockend erscheint. Mit der Schaffung von BIDs könne dieser Entwicklung nachhaltig entgegen gewirkt werden, so die Resolution.

Wie wird ein BID eingerichtet?

Die Einrichtung eines BID könnte folgendermaßen ablaufen: 15 Prozent der Grundstückseigentümer des räumlich abgegrenzten BID-Bereichs stellen bei der Kommune einen Antrag auf Einrichtung eines BID. Die Kommune prüft, ob die Voraussetzungen für das BID gegeben sind.

Bei Zustimmung stellt die Gruppe dieser Grundstückseigentümer einen Maßnahmenplan für die nächsten fünf Jahre auf. Die Kommune legt diesen Maßnahmenplan vier Wochen zur Entscheidung auf. Stimmen in dieser Zeit mindestens 75 Prozent aller Grundstückseigentümer dem Vorschlag zu, wird das BID für alle rechtsverbindlich eingerichtet.

Das bedeute zugleich gelebte Eigenverantwortung der Wirtschaft, so die Resolution. Denn es sind private Eigeninitiativen von Grundeigentümern und Unternehmern vor Ort, von Einzelhändlern, Gastronomen und Dienstleistern, die sich in einer besonderen Form von Public-Private-Partnerships dazu neu organisieren.

Sie schließen sich als Ergebnis eines Meinungs- und Abstimmungsprozesses in einem örtlich klar begrenzten Bereich für üblicherweise drei bis fünf Jahre zusammen und verpflichten sich alle gemeinsam, die Aufwertungsmaßnahmen für den Standort zu finanzieren.

Die individuellen Projekte und Maßnahmen des BIDs werden örtlich festgelegt. Dazu zählen etwa Management von Ladenleerständen, Wirtschaftsförderung, Stadtentwicklung und -gestaltung, Quartiersmarketing sowie Sicherheit und Sauberkeit – also letztlich Maßnahmen, die entscheidend zu Werterhaltung und Wertsteigerung der Immobilien beitragen. Diese Aufwertungsmaßnahmen sind zugleich als Möglichkeit zur Standort-Optimierung zu begreifen, und zwar als „On-Top-Leistungen“.

Businessplan und Finanzierung

Mit der Abstimmung über das BID wird ein Businessplan für das BID festgelegt, der aus Gebietsplan, Maßnahmenplan und Finanzplan einschließlich Finanzierungsschlüssel besteht. Der Schlüssel bestimmt, wie hoch die BID-Abgabe für den Einzelnen ist.

Durch den gleichzeitigen Beschluss von Maßnahmenplan und Finanzierungsschlüssel werden für jeden Betroffenen Kosten und Nutzen transparent. Nach positiver Entscheidung der Beteiligten erhebt dann die Gemeinde die BID-Abgabe gemeinsam mit der Grundsteuer.

Das Aufkommen der BID-Abgabe stellt sie dann der BID-Initiative direkt zur Verfügung, damit diese den Maßnahmenplan umsetzen kann. Der Initiative steht es frei, den finanziellen Handlungsrahmen durch Spenden oder wirtschaftliche Betätigungen auszuweiten.

In Deutschland gibt es BIDs bereits in mehreren Bundesländern (Bremen, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen, Schleswig-Holstein). Erste BIDs wurden in Hamburg eingerichtet, die Finanzpläne in den ersten zwölf Hamburger BIDs umfassten dabei Volumina von 150 000 bis sechs Mio. Euro. Ähnlich weit variiert die Zahl der einbezogenen Grundstückseigentümer.

Im Rahmen eines „typischen“ BIDs wurde etwa in Saarbrücken-Burbach von 100 Grundstückseigentümern ein Betrag von 450 000 Euro für eine Laufzeit von fünf Jahren erhoben – die Belastung durch das BID liegt damit je Eigentümer bei weniger als 80 Euro je Monat.

Dem Eingriff in die Rechte der Grundstückseigentümer durch verpflichtende Mitgliedschaft in BIDs stünden damit bei überschaubarer individueller Kostenbelastung erfahrungsgemäß hohe Nutzen für das ganze Quartier und Wertsteigerungen für die Gesamtheit aller Eigentümer gegenüber, so die Resolution. Selbst die Lagen außerhalb der abgegrenzten BID-Bezirke würden vom verbesserten Image des gesamten Standorts profitieren.   

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2013, Seite 35

 
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