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Einzelhandel

Genug der Flächen?

In Mittelfranken gibt es keinen Mangel an Einzelhandelsflächen. Im Vergleich zu früheren Zeiten sind deshalb kaum Neubauten geplant, der Akzent liegt eher auf der Revitalisierung und Modernisierung des Bestandes.

Viel Handlungsbedarf sieht der mittelfränkische Einzelhandelsverband HBE in Sachen Einzelhandelsflächen nicht, denn immerhin gebe es in Nürnberg pro Einwohner 2,7 Quadratmeter Ladenfläche. „Das ist fast doppelt so viel wie in München“, erklärt HBE-Geschäftsführer Uwe H. Werner.

Entsprechend skeptisch verfolgt er etwa die Diskussion um das Entwicklungskonzept für den Flughafen Nürnberg, das dort auch einen Ausbau des Einzelhandels vorsieht. Mit dem nun von Wirtschaftsreferent Dr. Michael Fraas angekündigten „moderaten Ausbau“ kann Werner notfalls leben. Allerdings mahnt er auch in diesem Fall: „Wir brauchen ein vernünftiges Verhältnis zwischen Fluggastaufkommen und Verkaufsflächen.“

Zumal zusätzliche Verkaufsflächen innerhalb des Airports auch außerhalb der allgemein zulässigen Verkaufszeiten, also auch an Sonn- und Feiertagen sowie in den Nachtstunden, öffnen dürften und es auf dieser Weise zu einer Wettbewerbsverzerrung führen könnte. Anders sieht Werner den Neubau eines Einkaufszentrums auf dem alten Kaufhof-/Hortengelände in der Nürnberger Südstadt.

Zum einen handle es sich dabei um einen genehmigten Handelsstandort, zum anderen müsse die Nahversorgung wieder hergestellt werden. Martin Hüls vom zuständigen Projektentwickler Multi Development will mit dem künftigen Südstadt Carré den Traditionsstandort wiederbeleben. Zwar gebe es noch keine detaillierten Baupläne, aber konzeptionell seien die ersten Pflöcke gesetzt.

Offene Gestaltung

Das Gebäude wird in den Außen- und Höhenmaßen in den bereits vorhandenen Abmessungen bleiben. Allerdings soll es, ähnlich wie es Multi Development bereits im niederländischen Maastricht oder in Duisburg umgesetzt hat, eine offene Gestaltung geben, d.h. die Ladenpassagen sollen offen wie eine Fußgängerzone ohne die typischen Center-Rollgitter gebaut werden.

Für das Untergeschoss sind ein Lebensmittelvollsortimenter und ein Discounter vorgesehen, im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss Bekleidungshandel, dazu soll ein „Food Court“ für Imbissanbieter mit Außenbereich kommen. Für den zweiten Stock hat ein Fitnessbetrieb eine Option, für das dritte und vierte Geschoss favorisiert Hüls Büros oder ein Hotel mit bis zu 180 Zimmern.

Noch in diesem Jahr soll ein Architektenwettbewerb beginnen und eine Bürgerbeteiligung mit einem B-Plan stattfinden. Die Eröffnung peilt Hüls zum Weihnachtsgeschäft 2016 an.

Dass bis zu diesem Zeitpunkt auch etwas mit dem Nürnberger Fachmarktzentrum Maximum passiert, wäre zu wünschen. Denn der 11 000 Quadratmeter große Glaspalast, der 1989 vom einstigen Baulöwen Jürgen Schneider zwischen Färberstraße und Dr.-Kurt-Schumacher-Straße eröffnet wurde, gilt mittlerweile als „glücklose Immobilie“. Rund 5 000 Quadratmeter stehen leer, dem Hamburger Käufer aus dem Jahr 2009 ist selbst das Geld ausgegangen, ein Insolvenzverwalter sucht eine Lösung.

Manch ein Branchenbeobachter hält die Innenarchitektur mit Ladenzuschnitten und Zugängen für verfehlt, der Nürnberger Makler Kurt M. Bum gibt zu bedenken: „Vielleicht wurde die Marktsituation verkehrt eingeschätzt oder das Gebäude und seine Akzeptanz überschätzt.“

Die Perspektive hängt einerseits von einem potenten Investor ab: Auch hier ist die Hamburger ECE-Gruppe, die auch den City Point oder das Frankencenter betreibt, im Gespräch. Andererseits geht es immer auch um die Frage, auf wie viel die Gläubiger verzichten wollen.

Hängepartie beim City Center Fürth

In Fürth kommen zwar die vorbereitenden Abbrucharbeiten für den künftigen Einkaufsschwerpunkt Neue Mitte voran, die Revitalisierung des City Centers steckt aber in einer Sackgasse. Aktuell gibt es laut Wirtschaftsreferent Horst Müller eine Hängepartie vor Gericht, das klären soll, ob der vermeintliche Kauf durch einen Investor gültig ist oder nicht.

Der erste Termin im vergangenen Dezember wurde vertagt, ein neuer Termin war bis zum August noch nicht anberaumt. Dabei sei es schon schwer genug, die 351 Geschäftseigentümer mit einem verbrieften Einstimmigkeitsprinzip unter einen Hut zu bekommen und zu halten, so Müller.

Dass aktuell nur noch wenige Geschäfte im City Center überhaupt geöffnet haben, macht Müller nervös: „Mit 26 000 Quadratmetern macht das Objekt die Hälfte der Einzelhandelsfläche in der Fürther Innenstadt aus.“

Andere Sorgen macht sich der Ansbacher Einzelhandel, der sich seit Jahren gegen das Factory Outlet in Herrieden mit Autobahnanschluss wehrt. Nachdem das Raumordnungsverfahren ein einheitliches Shopping-Center nicht genehmigt hat, fürchtet der Handel nun, dass dort kleinere Einzelprojekte entstehen, die in Summe auf eine ähnliche Größe kommen könnten.

Karin Bucher, Leiterin der IHK-Geschäftsstelle Ansbach, plädiert für mehr Differenzierung in der Diskussion. Denn die Unterstützung des aufstrebenden Ansbacher Innenstadthandels sei das eine, die Unterstützung der Unternehmen etwa in Herrieden das andere. „Da gibt es nicht nur schwarz oder weiß“.

Als Reaktion auf die Abwanderung der Kaufkraft aus dem ländlichen Raum hin zu den Zentren und Oberzentren hat IHK-Standortexpertin Martina Stengel in kleinen Ortschaften ein „Wettrüsten der Einkaufsmärkte“ festgestellt.

Als ein Beispiel nennt sie das aktuelle Bauprojekt in der Stadt Roth, wo an der Innenstadtgrenze direkt neben den bereits vorhandenen Passagen ein neuer Vollsortimenter entstehen soll. Stengel plädiert dafür, nicht nur in Flächengrößen zu denken, sondern auch Alternativen zur Belebung der Städte zu entwickeln.

Dazu gehörten Bemühungen, Büros, Dienstleister sowie Freizeit- und Bildungseinrichtungen in die Innenstädte zu holen, um die Kundenfrequenz für den Handel zu erhöhen. Wertvoll seien auch Initiativen wie der Verein „Buy local“ in Roth, der den Wert des inhabergeführten Einzelhandels vor Ort bewusst macht.

Bei der anstehenden Revitalisierung des einstigen Areals von Möbel Krügel in Stein mit seinen 32 000 Quadratmetern sieht Stengel zwar auf den ersten Blick keine Probleme, solange die Größenverhältnisse eingehalten werden. Das Projekt werde aber der Einkaufsqualität im Ortskern von Stein nicht helfen. Außerdem bleibt das Problem der Verkehrsanbindung durch ein Wohngebiet.

Generell entpuppt sich das Flächenmanagement für den Einzelhandel nur als ein Baustein, um dem Kundenschwund im ländlichen Raum aufzuhalten. „Historische Marktplätze werden veröden“, befürchtet HBE-Chef Werner. Zumal die Kunden nicht nur in die zentralen Einkaufstempel strömen, sondern zunehmend auch vom Sofa aus per Mausklick auf Shopping-Tour gehen.

Autor/in: 
tt.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2013, Seite 48

 
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