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Energieeffizienz

Ungehobene Schätze

Technische Maßnahmen sind nur eine Möglichkeit, die Energieeffizienz von Gewerbeimmobilien zu verbessern. Weitere Potenziale ergeben sich allein dadurch, dass man die Betriebsführung verbessert. Von Richard Weller und Dr. Jens Hauch

Immobilien verursachen etwa 40 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs und 21 Prozent der Treibhausgase. In Deutschland wird über ein Drittel der Heizenergie in Nicht-Wohngebäuden, wie zum Beispiel Bürogebäuden, verbraucht. Untersuchungen und verschiedene Forschungsprojekte haben gezeigt, dass bis zu 40 Prozent des Energieverbrauchs eingespart werden könnten, wenn in moderne Automationstechnik investiert wird.

Aber selbst ohne bzw. mit nur geringen Investitionen ließen sich erhebliche Einsparungen erzielen, wenn nur die Betriebsführung energetisch optimiert würde. Entsprechende Studien veranschlagen das Einsparpotenzial in diesem Fall auf bis zu 20 Prozent.

Aber warum werden diese Einsparungen nicht flächendeckend genutzt, wenn damit doch ohne großen Aufwand erhebliche Kosten eingespart werden könnten und außerdem auch Umwelt und Gesellschaft profitieren würden? Liegt es an mangelnder Information, Schulung oder Motivation, oder an Defiziten bei Inbetriebnahme, Betrieb, Gebäudenutzung, Prozessen und vertraglichen Beziehungen? Oder hapert es bei komplexen Immobilienprojekten bei der Abstimmung der Akteure (z.B. Eigentümer, Mieter, Nutzer, Facility Manager, Energielieferanten, Energieberater)?

Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Netzwerkgruppe „Zukunftsfähige Immobilie“ des Energieregion Nürnberg e.V., die Anfang dieses Jahres gegründet wurde und die sich u.a. an Investoren, Immobilienentwickler, Nutzer, öffentliche Hand, Planer, Berater, Energiewirtschaft und -forschung sowie weitere Akteure der Immobilienwirtschaft richtet. Die Netzwerkgruppe will u.a. interdisziplinäre Projekte anstoßen, um innovative Ansätze für die Themenfelder Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Energiemanagement bei Nichtwohngebäuden zu erarbeiten.

Einen Akzent legt die Gruppe auch auf den Erfahrungs- und Informationsaustausch aller Beteiligten, die in Immobilienprojekte und in den Betrieb von Immobilien eingebunden sind. Dies kann dazu beitragen, die Abstimmung zwischen ihnen zu verbessern, zumal ihre Interessen unterschiedlich sein können. Einige Beispiele:

Bei Technologien für die Energieeffizienz von Gebäuden gehört Deutschland zu den Vorreitern. Dies kann dazu führen, dass die Investoren bei der Planung innovative Gebäudetechnologien vorsehen, die jedoch von den Betreibern nicht verstanden werden und deren Nutzung zu kompliziert ist. In diesem Fall wird es bei den Nutzern an Akzeptanz für den energieeffizienten Betrieb der Immobilie fehlen.

Ein gutes Zusammenspiel von Planern, Investoren, Betreibern, Facility Managern und Nutzern ist auch in der Phase der Inbetriebnahme nötig. Denn diese ist keineswegs mit dem erstmaligen Einschalten von Haustechnik und Geräten abgeschlossen, sondern umfasst auch die sogenannte „Einschwingphase“ eines Gebäudes. Zwei Jahre und länger kann es dauern, bis alle Systeme optimal laufen und gut aufeinander abgestimmt sind.

Für den wirtschaftlichen, energieeffizienten und umweltschonenden Betrieb des Gebäudes sind der hauseigene Facility Manager bzw. ein externer Dienstleister verantwortlich. Wenn diese den Service für die Nutzer in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellen, denen in erster Linie an Komfort und Behaglichkeit gelegen sein dürfte (z.B. angenehme Beheizung, Kühlung oder Beleuchtung), wird der Aspekt der Energieeinsparung vernachlässigt werden. Auch fehlendes Wissen und geringe Motivation der Facility Manager oder unklare vertragliche Regelungen können dazu führen, dass die Energieeffizienz nicht optimiert wird.

Ein optimales Energiemanagement kann auch dadurch verhindert werden, dass zu sehr auf technische Maßnahmen gesetzt wird und zu wenig auf die Mitwirkung der Gebäudenutzer. Hier stellt sich die Frage: Wie können beispielsweise Eigentümer und Facility Manager ein Umdenken bei den Nutzern erreichen und diese zu einem energiebewussten Handeln anhalten?

Unterschiedliche Interessenlagen ergeben sich auch bei eigengenutzten und bei vermieteten Gewerbeobjekten: Bei selbst genutzten Immobilien verbleibt jeder Euro, der durch eine energieeffiziente Betriebsführung eingespart wird, beim Eigentümer und verbessert damit sein Ergebnis. Dagegen sind die Energiekosten bei Vermietungsobjekten im Wesentlichen nur durchlaufende Posten, da die Energiekosten durch den Mieter getragen werden.

Deshalb ist naturgemäß die Motivation zur Umsetzung von effizienzsteigernden Maßnahmen auf Seiten des Vermieters eher gering, insbesondere wenn er dafür viel Geld in die Hand nehmen müsste. Es gilt also, solche Interessenskonflikte zu lösen, z.B. durch angepasste vertragliche Regelungen oder durch eine bessere Zusammenarbeit von Mieter, Vermieter und Facility Management.

Die Netzwerkgruppe „Zukunftsfähige Immobilie“ des Energieregion Nürnberg e.V. will zu diesen und ähnlichen Fragen regelmäßige Workshops und „Runde Tische“ veranstalten. Auf diese Weise soll das Bewusstsein dafür gestärkt werden, dass nicht nur Investitionen in Technik vielsprechende Ansätze für Energieeffizienz sind, sondern dass auch eine bessere Abstimmung der Beteiligten und ein gutes Prozessmanagement einen Beitrag zur Energiewende leisten können.

Weitere Unternehmen, die zur Netzwerkgruppe hinzustoßen wollen, sind herzlich willkommen. Simon Reichenwallner, der die Gruppe koordiniert, steht für Informationen gerne zur Verfügung (simon.reichenwallner@energieregion.de).

Autor/in: Richard Weller, ist als Geschäftsführer der Valteq makon GmbH in Nürnberg (rweller@valteq.de) auf die Unternehmensberatung in den Bereichen Facility Management, Energieberatung und Nachhaltigkeit spezialisiert. Dr. Jens Hauch ist Geschäftsführer des Energie Campus Nürnberg und Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Energieregion Nürnberg e.V. (jens.hauch@encn.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2013, Seite 80

 
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