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Gewerbeflächen

Wer braucht wie viel?

Industrie und Gewerbe werden oft allein für den Flächenverbrauch verantwortlich gemacht. Doch dieser pauschale Vorwurf tritt nicht zu. Von Dr. August Ortmeyer und Tine Fuchs

Die Bereitstellung von Gewerbe- und Industrieflächen kommt in vielen Kommunen zu kurz, wobei die Ursachen vielfältig sind. Zudem verfolgt die Bundesregierung mit ihrer nationalen Nachhaltigkeitsstrategie das Ziel, die tägliche Inanspruchnahme neuer Siedlungs- und Verkehrsflächen von derzeit 81 Hektar bis zum Jahr 2020 auf 30 Hektar zu reduzieren.

Als Schuldige für den sogenannten „Flächenfraß“ werden schnell Industrie und Gewerbe ausgemacht, häufig in Unkenntnis der tatsächlichen Verhältnisse. Dabei machen industrielle und gewerbliche Nutzungen nur 1,2 Prozent der Gesamtbodenfläche der Bundesrepublik aus, die nach Angaben des Statistischen Bundesamtes rund 357 000 Quadratkilometer umfasst. Davon nehmen Siedlungs- und Verkehrsflächen knapp 48 000 Quadratkilometer ein, dass sind 13,4 Prozent der Gesamtbodenfläche.

An der Siedlungs- und Verkehrsfläche wiederum haben industrielle und gewerbliche Nutzungen nur einen Anteil von 6,8 Prozent. Denn unter dem Begriff Siedlungs- und Verkehrsflächen sind alle Gebäude nebst Freiflächen erfasst, also die Wohnhäuser mit Gärten genauso wie Flächen für Verkehr, Landwirtschaft, Erholung, Wasser, Freizeit und Betriebe.

Versiegelte Flächen

Da Gärten, Friedhofsflächen oder der Seitenstreifen der Autobahn bei der Siedlungs- und Verkehrsflächenermittlung mit einberechnet werden, ist eine weitere Differenzierung geboten.

Um die Inanspruchnahme von Flächen zu berechnen, muss man deshalb unterscheiden zwischen den tatsächlich versiegelten Flächen (also denjenigen, die von einem Haus oder einer Fabrikhalle genutzt werden) und den Freiflächen, die sie umgeben.

Nach den Angaben der Statistischen Landesämter für 2011 liegt der Anteil der versiegelten Flächen an den Siedlungs- und Verkehrsflächen im Bundesdurchschnitt bei lediglich 45 Prozent. Vor diesem Hintergrund ist die Meldung mit Vorsicht zu genießen, dass im Jahr 2013 angeblich täglich Flächen von 81 Hektar neu in Anspruch genommen werden. Es sind auf jeden Fall keine 81 Hektar neue Gewerbe- und Industrieflächen, die täglich entanden.

Im Jahr 2011 wurden laut Statistischem Bundesamt bundesweit nur rund 3 300 Quadratkilometer neu an Gewerbe- und Industrieflächen in Anspruch genommen, also nur 0,8 Prozent der Gesamtbodenfläche, wobei auch hier die Freiflächen mit berücksichtigt werden.

Regional ist das Wachstum allerdings sehr unterschiedlich: Während Bayern, Hamburg, Sachsen und Schleswig-Holstein Flächenzuwächse von mehr als zehn Prozent für Gewerbe- und Industrie melden, schrumpfen die Flächen in Berlin, Hamburg, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern.

Vorausschauende Flächenpolitik

Angesichts der weiterhin positiven Stimmung der exportorientierten Wirtschaft wollen viele Betriebe ihre Standorte in Deutschland ausbauen. Es mangelt jedoch vielerorts an geeigneten Flächenausweisungen für Industrie und Gewerbe.

Ein Problem ist, dass viele Flächen für die Industrie gar nicht nutzbar sind, weil sie beispielsweise in unmittelbarer Nähe zu Wohngebieten liegen. Industrieanlagen müssen aus verständlichen Gründen des Lärmschutzes oder zum Schutz vor Geruchsimmissionen Abstände zur heranrückenden Wohnbebauung einhalten.

Ein weiteres Problem: Vielerorts sind Gewerbe- und Industriegebiete auch gleichzeitig als Natur- und Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen, was eine industrielle Nutzung unmöglich macht. Schließlich müssen die Flächen verkehrlich erreichbar sein. Darüber hinaus fehlt bei vielen möglichen Standorten auch eine schnelle Verbindung ins Internet, beispielsweise über Breitbandanbindungen.

Diese Herausforderungen sind nur lösbar, wenn die Kommunen eine vorausschauende Gewerbeflächenpolitik betreiben. Sie müssen Reserveflächen für betriebliche Erweiterungen vor allem dort vorhalten, wo die Betriebe ihren Standort haben.         

   

Autor/in: Dr. August Ortmeyer, ist Bereichsleiter und Tine Fuchs Referatsleiterin des Bereichs „Dienstleistungen, Infrastruktur, Regionalpolitik“ des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2013, Seite 54

 
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