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Honorarberatung

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Die Honorarberatung wurde zwar vom Gesetzgeber gestärkt, die Kunden sind aber noch zurückhaltend.

Seit Herbst vergangenen Jahres ist das Thema Honorarberatung gesetzlich geregelt. Mit dem Honoraranlage-Beratungsgesetz („Gesetz zur Förderung und Regulierung einer Honorarberatung über Finanzinstrumente“) wurden die geschützten Bezeichnungen des „Honorar-Anlageberaters“ im Wertpapierhandelsgesetz und des „Honorar-Finanzanlagenberaters“ in der Gewerbeordnung eingeführt. Diese Berater werden von den Kunden für anbieterunabhängige und individuelle Anlageberatung bezahlt. Abschlussprovisionen oder Ähnliches darf ein Honorar-Finanzanlagenberater grundsätzlich nicht annehmen bzw. er muss diese Zuwendungen von Dritten an seine Kunden weiterleiten. Die Honorarberatung bildet einen Gegenpol zur dominierenden Provisionsberatung, bei der Berater als Vermittler eine Provision des Anbieters erhalten.

Während die Honorar-Finanzanlageberater nach ihrer Zulassung gemäß der Gewerbeordnung bei den Industrie- und Handelskammern geführt werden, werden Honorar-Anlageberater nach dem Wertpapierhandelsgesetz über ein bundesweites Register bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erfasst. Zumindest bislang hat die gesetzliche Regelung nicht ihr Ziel erreicht, die Honorarberatung gegenüber der provisionsbasierten Beratung und Vermittlung von Finanzprodukten zu stärken. In Mittelfranken gibt es aktuell über 800 Finanzanlagenvermittler auf Provisionsbasis. „Das Interesse an der neu geregelten Honorar-Finanzanlagenberatung ist dagegen sehr verhalten“, so Katja Berger vom IHK-Geschäftsbereich Recht | Steuern. Bisher seien im IHK-Bezirk keine Erlaubnisse für Honorar-Finanzanlagenberater nach dem neuen § 34h der Gewerbeordnung (GewO) erteilt worden.

Auch die BaFin kann keinen Ansturm vermelden: In ihrem Register finden sich deutschlandweit gerade einmal 15 Anbieter. Neben der von Karl Matthäus Schmidt in Berlin gegründeten Quirin Bank AG, die bereits 2007 in die Honorarberatung eingestiegen ist, findet sich auch die Nürnberger Consorsbank im Register. Diese deutsche Tochter der französischen BNP Paribas S.A wurde ebenfalls einst von Schmidt als Online-Direktbroker Consors gegründet.

Zwar hat die Nürnberger Quirin-Niederlassung im vergangenen Jahr bankintern am besten abgeschlossen. Niederlassungsleiter Wilhelm Keller räumt aber ein, dass viele Bankkunden der Honorarberatung skeptisch gegenüberstehen. „Honorarberatung ist für Anleger optisch teuer“, denn anders als bei der herkömmlichen Anlageberatung wird für die Beratungsstunde bei der Quirin Bank ein fester Satz berechnet. Dazu kommt in der Vermögensverwaltung eine prozentuale Depotgebühr, dafür gibt es keine versteckten Ausschüttungen für Vertrieb oder Bestandsprovisionen. Fließen solche Provisionen doch an die Quirin Bank, werden sie vollständig an die Kunden weitergereicht.

Bei klassischen Vermögensverwaltern ist die Beratung zwar gebührenfrei, im Unterschied zur Honorarberatung realisieren konventionelle Anbieter laut Keller „ihren eigentlichen Ertrag durch den Verkauf“. Der mögliche Nachteil hierbei: „Der Kunde weiß nicht, ob er in seinem Interesse oder im Provisionsinteresse einer Bank beraten wird.“ Daher sind für Keller gute Erfahrungen und Weiterempfehlungen wichtige Erfolgsfaktoren für die Honorarberatung. Um auch Anleger mit kleineren Vermögen anzusprechen, hat die Quirin Bank ihr Angebot noch einmal differenziert und die Online-Anlageplattform quirion.de für Einsteiger mit Anlagebeträgen ab 10 000 Euro geschaffen.

Die gesetzliche Regelung hätte nach Kellers Geschmack auch mutiger ausfallen können, denn in den Niederlanden und in Großbritannien hat man das Provisionsgeschäft seit 2013 gleich ganz abgeschafft. Nach einer ersten Evaluierung sei festgestellt worden, dass Geringverdiener dort durch die Honorarberatung nicht benachteiligt werden. Denn vor dem Verbot sei argumentiert worden, dass Menschen mit kleinem Einkommen möglicherweise nicht mehr ausreichend für das Alter vorsorgen würden, weil ihnen die Beratungshonorare zu hoch erscheinen könnten.

Bedauerlich ist laut Keller auch, dass das deutsche Gesetz nicht für ausreichend Klarheit gesorgt habe, um „Schindluder“ mit dem Begriff Honorarberatung zu verhindern. So hätten einige Anbieter Flat-Modelle oder Ähnliches im Angebot, bei denen auch einmal das Wort Honorar auftauche, allerdings würden Kick-backs (also die Rückvergütung eines Anlageanbieters) bisweilen nur auf Nachfrage an den Endkunden weitergereicht.

Auch die provisionsorientierten Versicherungsmakler brachten im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens ihre Argumente vor: Sie könnten die Interessen der Kunden gegenüber den Versicherungsunternehmen am besten vertreten. Ein Makler könne auf die breite Angebotspalette des Versicherungsmarktes zugreifen und das geeignete Produkt bei der zum Kunden passenden Gesellschaft auswählen. Darüber hinaus könnten durch das Provisionsmodell Kunden besser laufend betreut werden. Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sieht noch einen weiteren Vorteil: Der provisionsbasierte Vertrieb gewährleiste, dass auch Menschen mit kleinerem Spielraum für die Geldanlage angesprochen werden könnten. Um diese Menschen zu mobilisieren, brauche es den provisionsbasierten Vertrieb, der den Vertriebsmitarbeitern einen Anreiz gibt, auf die Kunden zuzugehen. Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hält unermüdlich dagegen und befürchtet, dass provisionsgesteuerte Finanzvermittler „keine Berater, sondern Verkäufer“ sind. Die Höhe bestimmter Provisionen verhindere, dass das Beratungsgespräch ergebnisoffen und bedarfsgerecht verlaufe.

Udo Heißwolf, Inhaber der Heißwolf Investment aus Schwaig bei Nürnberg, findet, die Diskussion über Honorar oder Provision lasse den eigentlich wichtigsten Aspekt aus Anlegersicht außen vor: eine gute und erfahrene Beratung, die dem Anlage- oder Vorsorgeziel des Kunden entspricht. „Honorarberatung per se sagt nichts über den Anlageerfolg aus.“ Daher sieht Heißwolf für sein Haus auch „keinen Grund und keinen Vorteil“, sich nur auf das Spektrum des Honorar-Finanzanlagenberaters zu beschränken. Letztlich sei sein Hauptprodukt die Beratung. Über die Provisionen, die er von Fondsgesellschaften erhält, informiere er seine Kunden seit Jahren. Doch nach seiner Erfahrung nutzen die meisten Kunden diese Transparenz nicht, um sich tiefergehend zu informieren. Bei ihm könnten Kunden wählen zwischen dem Provisionsmodell, einer Art pauschalen Flat, und einer Beratung mit „Servicegebühr“. Daher gelte auch für die betreuten Depots überwiegend mit einem Volumen zwischen 20 000 und 100 000 Euro nicht die alte Anlegerweisheit „Hin und her macht Taschen leer“. Heißwolf sucht seine Fonds nicht nach der Provisionshöhe aus, vielmehr wähle er je nach Anlageziel, Anlagehorizont und Risikobereitschaft der Kunden auch Fonds ohne Vermittlerprovision aus. Seine Beraterpraxis lebe allerdings vom „Empfehlungsgeschäft“.

Zweigleisig fahren?

In der Branche wird Finanzanlagenvermittlern immer wieder geraten, doppelgleisig zu fahren. Denn gerade langjährige Provisionsberater würden oft mit sich kämpfen, ob sie künftig den Weg der Honorarberatung gehen sollen. Deshalb sei es sinnvoll, die neue Sparte Honorarberatung zunächst parallel laufen zu lassen und dem Kunden die Entscheidung zu überlassen. „Das zweigleisige Vorgehen eines Gewerbetreibenden bei der Honorar-Finanzanlagenberatung nach § 34h ist nicht möglich“, unterstreicht Katja Berger von der IHK. Das Gesetz sei hier eindeutig: Wird eine Erlaubnis für einen Honorar-Finanzanlagenberater erteilt, erlischt damit automatisch eine bereits vorhandene Erlaubnis für die provisionsgestützte Vermittlung von Finanzanlagen.

Kniffliger ist es im umgekehrten Fall. Nach Inkrafttreten der geänderten Finanzanlagenvermittlungsverordnung war große Unsicherheit entstanden, ob Finanzanlagenvermittler mit einer Erlaubnis nach § 34f GewO nur gegen Provisionen vermitteln dürfen. Oder ob sie wie ein §34h-Honorar-Finanzanlagenberater eine Honorar-Rechnung stellen können. Mit diesen Mischmodellen hat sich die IHK-Organisation im vergangenen Jahr eingehend auseinandergesetzt, zumal in der Praxis mit bundesweit über 40 000 Finanzanlagenvermittlern zum Jahreswechsel derartige Mischmodelle weit verbreitet sind. „Unserer Auffassung nach ist dies möglich“, bilanziert Dr. Mona Moraht, Leiterin des Referats Gewerberecht des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). In der Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) sei lediglich die Pflicht des Gewerbetreibenden geregelt, den Anleger über seine Vergütungen und Zuwendungen zu informieren. „Vorgaben zur Art der Vergütung enthält die maßgebliche Vorschrift nicht.“ Anders als bei den Honorar-Finanzanlagenberatern ist in § 34f GewO ein Verbot der parallelen Annahme von Provision und Honorar nicht aufgenommen worden. Ein derartiges Verbot hätte dem DIHK zufolge zudem eine Übergangsvorschrift erfordert, um diese Vergütungsmodelle nicht von einem Tag auf den anderen zu verbieten.

Nachdem der DIHK das Bundeswirtschaftsministerium um Stellungnahme gebeten hatte, befasste sich der Bund-Länder-Ausschuss (BLA) „Gewerberecht“ im November 2014 mit der Thematik. „Der BLA ist unserer Meinung gefolgt“, resümiert Moraht. Demnach ist mit dem neuen § 34h GewO lediglich die Honorarberatung besonders herausgehoben worden, ohne gleichzeitig § 34f GewO einzuschränken. Derjenige Kunde, der ausschließlich eine Beratung gegen Honorar wünscht, kann sich nunmehr an den Honorar-Finanzanlagenberater nach § 34h GewO wenden. Für den Kunden ist eine Trennung zwischen provisionsbasierter Vermittlung und Honorarberatung zwar sinnvoll, die geltenden Vorschriften bieten allerdings keine ausreichende rechtliche Grundlage, um gegen Mischmodelle des Vermittlers mit einer Erlaubnis nach § 34f GewO vorzugehen. Ob letztlich auch Gerichte diese Auslegung teilen und Klagen zugunsten der Mischmodelle entscheiden, ist so kurz nach Einführung noch nicht abzusehen.

Derweil hofft der Berufsverband deutscher Honorarberater (BVDH) auf das geplante Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie, mit dem der „Honorar-Immobilienkreditberater“ eingeführt werden soll. Der Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums werde vom BVDH positiv beurteilt. Denn nur bei der Honorarberatung sei gewährleistet, dass die Beratung objektiv sei und sich die Empfehlung nicht nach Provisionsinteressen richte.

Autor/in: 

(tt.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2015, Seite 40

 
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