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Produktpiraten

Gefälscht wird, was erfolgreich ist

Piraten Produktpiraterie Fälschungen Schutzrechte © Aetherial - ThinkstockPhotos.de

Das Know-how deutscher Unternehmen ist eine lohnende Beute für Fälscher und Ideendiebe. Wie können sie sich schützen? Von Volker Bartels

Die deutsche Wirtschaft steht für qualitativ hochwertige Produkte und für große Leistungen in Forschung und Entwicklung. Abgesichert werden die Entwicklungsergebnisse durch gewerbliche Schutzrechte. Sie verleihen ihren Eigentümern das zeitlich begrenzte, ausschließliche Recht, ihre Entwicklungen zu verwerten. Auf diese Weise werden Risiken und Aufwendungen, die für Forschung, Entwicklung und Vermarktung anfallen, abgesichert.

Schutzrechtsintensive Wirtschaftszweige repräsentieren 90 Prozent des Handelsvolumens der EU mit der übrigen Welt. Dies zeigt eine Studie des Europäischen Patentamts (EPA) und des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (HABM). Auch werden in diesen Wirtschaftszweigen deutlich höhere Löhne und Gehälter als in anderen Bereichen gezahlt, was wiederum das Konsumpotenzial der dort Beschäftigten erhöht.

Die hohe gesamtwirtschaftliche Bedeutung der schutzrechtsintensiven Wirtschaftszweige wird durch diese Fakten sehr klar. Daraus ergibt sich, dass deren Entwicklungen besonders geschützt werden sollten. Leider versuchen Nachahmer immer wieder, das mühevoll erarbeitete Wissen der Industrie unrechtmäßig für sich zu nutzen und so eigene Aufwendungen für Forschung, Entwicklung und Vermarktung zu sparen. Im Zweifelsfall wird billig produziert und nicht der eigene Name für das Produkt verwendet. Gerade wenn ein Unternehmen seine Produkte global anbietet, wird es auf vielen Märkten oder im Internet mit Produkt- und Markenpiraterie konfrontiert und sieht sich der Verletzung der eigenen gewerblichen Schutzrechte ausgesetzt.

Fast alle Branchen betroffen

Es gibt kaum eine Branche, die nicht von Produkt- und Markenpiraterie betroffen ist. Im Jahr 2014 beschlagnahmte allein der deutsche Zoll in über 45 000 Fällen rechtswidrige Nachahmungen an der Grenze. Dies ist jedoch nur die Spitze des Eisberges. Die Bandbreite der Fälschungen ist groß. Die Erfahrungen reichen von sklavischen Nachbauten bis hin zu Produkten, die es als Original in dieser Ausführung gar nicht gibt. Produkte mit Schreibfehlern auf der Verpackung sowie gefälschte Webseiten ergänzen den Katalog. Auch Anmeldungen der eigenen Marke durch Dritte in anderen Ländern führen immer wieder zu Problemen, wenn sich der rechtmäßige Markeninhaber in den entsprechenden Märkten engagieren will.

Neben den potenziellen Umsatzeinbußen ist es vor allem der Imageschaden durch qualitativ schlechte Imitationen, der den Markenherstellern entsteht. Ein Kunde, der unwissentlich ein Plagiat kauft, kann sich endgültig von einer Marke abwenden, da er irrtümlich annimmt, dass der Hersteller sein Qualitätsversprechen gebrochen hat. 

Tipps für die Praxis

Am Anfang steht wie so oft eine Analyse, welches die Kronjuwelen des eigenen Unternehmens sind und wie diese durch den Einsatz gewerblicher Schutzrechte gesichert werden können. Ohne die Schutzrechte ist ein rechtliches Vorgehen gegen Nachahmungen oftmals nicht oder nur schwer möglich. Die meisten Unternehmen gehen mit Verletzungen ihrer Schutzrechte reaktiv um, d.h. sie ergreifen erst dann rechtliche Schritte, wenn Fälschungen ihrer Produkte festgestellt wurden. Diese Verfahren können jedoch je nach Markt langwierig und kostspielig sein, daher ist es besser, den Schutzwall gegen Produktpiraterie schon im Vorfeld aktiv zu erhöhen. Je nach Produkt und Branche gibt es eine ganze Reihe von Abwehrmaßnahmen:

  • Kosten und Aufwand der Imitation erhöhen: Dazu gehören z.B. kurze Innovationszyklen, eine Produktgestaltung, die den Nachbau erschwert, oder auch der mögliche Einsatz von Echtheitsmerkmalen. Ebenso empfiehlt sich eine sorgfältige Auswahl der Geschäftspartner und das Behalten von Schlüsselkompetenzen im eigenen Haus.
  • Vermarktung von Nachahmungen einschränken: In allen relevanten Märkten sollten die eigenen Rechte gesichert werden. Geschäftspartner und der eigene Vertrieb müssen für das Problem sensibilisiert werden; denn diese sind es, die den jeweiligen Markt unmittelbar und direkt auf Fehlentwicklungen hin beobachten können. Das Internet hat sich immer mehr als Angebots- und Vertriebskanal auch für Fälschungen etabliert. Auch hier ist eine regelmäßige Überwachung sinnvoll.
  • Rechtliches Risiko für Nachahmer erhöhen: Das rechtliche Instrumentarium reicht von zivilrechtlichen Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüchen über strafrechtliche Maßnahmen bis hin zur Grenzbeschlagnahme durch den Zoll. Produktpiraten registrieren sehr genau, welches Unternehmen sich zur Wehr setzt und welches nicht. Wird ihnen das Risiko zu hoch, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie auf andere Produkte ausweichen. Auch ein gemeinsames Vorgehen von mehreren Rechteinhabern bietet sich an, denn oftmals kopiert derselbe Produktpirat auch die Produkte anderer Hersteller. Durch ein gemeinsames Vorgehen werden die eigenen Kosten der Rechtsverfolgung reduziert und der Druck auf die Fälscher steigt.
  • Austausch mit anderen Betroffenen: Es ist hilfreich, sich branchenübergreifend auszutauschen, um einen eigenen passenden Maßnahmenkatalog gegen Produktpiraterie zusammenzustellen. Das ist sinnvoll, um geeignete Strategien gegen Produktpiraterie zu entwickeln.

APM fördert den Erfahrungsaustausch

Der Aktionskreis gegen Produkt- und Markenpiraterie e.V. (APM) bietet eine Plattform für den Erfahrungsaustausch zwischen betroffenen Unternehmen, aber auch zwischen Unternehmen und Behörden. Gegründet wurde der APM im Jahr 1997 als Gemeinschaftsinitiative des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) und des Markenverbandes. Er ist eine Anlaufstelle für alle Unternehmen, die ihre Produkte und Innovationen besser gegen Ideendiebe und Produktpiraten absichern wollen. Der branchenübergreifende Kontakt zu den Unternehmen ermöglicht es dem Verband, den relevanten Stellen in Politik und Wirtschaft praxisnahe Erfahrungen und Lösungsansätze mitzuteilen.

Autor/in: 

Volker Bartels ist Vorsitzender des Aktionskreises gegen Produkt- und Markenpiraterie e.V. (APM) und Forschungschef bei der Sennheiser Electronic GmbH & Co KG in Wedemark (www.markenpiraterie-apm.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2016, Seite 14

 
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