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Obi Franken

Pflanzen und werkeln

Obi_Streng © Thomas Tjiang

Geschäftsführer Hannes Streng.

Der Baustoffunternehmer Hannes Streng betreibt Obi-Märkte in Franken mit rund 60 000 Artikeln für Heim und Garten.

Zu den Leidenschaften von Hannes Streng, Geschäftsführer der Obi Baumarkt Franken GmbH & Co. KG, gehören Safaris in Afrika. Diese Reisen bringen dem Familienunternehmer auch immer neue Erkenntnisse. Zuletzt staunte er über die digitale Infrastruktur, die in einigen Ländern wie Kamerun besser ausgebaut sei als im Hightech-Land Deutschland. Streng war im Jahr 1999 in zweiter Generation ins väterliche Unternehmen eingestiegen und führt heute 15 Obi-Märkte als Franchise-Nehmer sowie sechs Standorte der Baustoff-Union.

Der Vollblutunternehmer vertritt klare Positionen. Das gilt für die große Politik, wie beim Thema TTIP. Hier sieht er die US-Politik als Vorbild, die die heimische Wirtschaft mit dem TTIP-Abkommen unterstützen wollte. „Europa bohrt in den falschen Löchern“ und halte sich mit Bedenken wie zum Datenschutz auf, so Streng. Auch zu Themen vor der eigenen Haustür wie der Bildungspolitik hat Streng, der auch Vizepräsident der IHK Nürnberg für Mittelfranken ist, eine klare Meinung: Weil es den Betrieben an Azubis fehlt, fordert er: „Statt Soziologen, Betriebswirte und Rechtsanwälte brauchen wir Maurer, Mechaniker und Schreiner.“ Den Schwarzen Peter spielt er nicht nur anderen zu, sondern nimmt sich und seine Unternehmerzunft in die Pflicht: „Wir müssen auch die angeblich nicht ausbildungsfähigen Jugendlichen ausbilden.“

Das Führungsverständnis hat Streng in seinen Baumärkten komplett umgekrempelt und alle Führungskräfte mit einbezogen: „Wir sind die Support-Einheit und keine Generaldirektoren.“ Altes Hierarchiedenken, das noch die Generation seines Vaters geprägt hat, wurde verbannt. Im Firmenleitbild ist vorgesehen, dass die Führungskräfte die „Servicestelle“ sind, die es den operativen Einheiten ermöglicht, erfolgreich zu arbeiten. Strengs Erfahrung zufolge müssten Führungskräfte bei Mitarbeitern, Kunden und auf der Verkaufsfläche Präsenz zeigen. Dies gilt etwa bei der Bestückung der Regale, die in einem Standard-Baumarkt rund 60 000 Artikel enthalten. In den Bau- und Heimwerkermärkten finden sich von Schrauben und Nägeln, über Werkzeuge und Heimwerkergeräte bis zum Gartenhaus, Garagentor oder Treppe ziemlich alles, was man zum Werkeln in den eigenen vier Wänden oder im Garten benötigt. Das ist die „komplexeste Form des Einzelhandels“, findet Diplom-Kaufmann Streng. Zumal bis zu 20 Prozent eines Sortiments Lebendartikel, also Tiere und Pflanzen, sein können. So hat der Flaggschiff-Standort in der Nürnberger Leyher Straße das größte Sortiment an Reptilien in ganz Nordbayern.

Führungskräfte sieht Streng auch in der Rolle des „Kümmerers“. Dieser ist gefragt, wenn beispielsweise bei der Baustoff-Union, die überwiegend Geschäftskunden bedient, eine zugesagte Lieferung ausbleibt. Die Baustoff-Union soll dann als eine Art Moderator auftreten, der nicht nur die eigene Lieferung, sondern den Erfolg des Gesamtvorhabens des Kunden im Auge hat. Insbesondere in der klagefreudigen Baubranche helfe es, miteinander zu reden, um langwierige Gerichtsprozesse zu vermeiden, so Streng 

Motivation vom Chef

Führungskräfte seien auch dafür verantwortlich, mit Empathie und Fachkompetenz Mitarbeiter zu motivieren. Nur so könnten die rund 1 200 Mitarbeiter bei Obi und der Baustoff-Union, davon 140 Azubis, gegenüber den täglich rund 25 000 Kunden Strengs Anspruch an Service und Kundenorientierung gerecht werden. Um den Mitarbeitern mehr Zeit für die Kundenbetreuung zu geben, werden kontinuierlich umständliche Prozesse und “Zeitfresser“ abgebaut. Aktuell läuft dafür ein internes Excellence-Programm, das mit Selbstbewertungen, Coachings und Schulungen sowie Benchmark-Treffen die Beratungs- und Verkaufskompetenz systematisch an allen Standorten weiterentwickeln soll.

Die gezielte Förderung der Mitarbeiter beginnt schon während der Ausbildung, die für Streng das wichtigste Reservoir für künftige Führungskräfte darstellt. Ein fester Bestandteil in der Ausbildung bei Obi seien eigene Verantwortungsbereiche, in denen die jungen Mitarbeiter frühzeitig ihr erlerntes Wissen anwenden können.

Einfacher werde das Geschäft in Zukunft nicht, so Streng. Immer mehr Online-Anbieter würden versuchen, dem stationären Handel im Segment „Do-it-Yourself“ (DIY) Kunden streitig zu machen. Dem will Streng Märkte entgegensetzen, die dem Kunden noch mehr Einkaufserlebnis bieten. Ein Vorbild sei hier zum Beispiel die Reptilienabteilung in der Leyher Straße, wo sich die Mitarbeiter mit ihrem Job identifizierten und auch privat Schlangen oder Echsen halten. Parallel wird für Kunden, die das Einkaufen im Internet bevorzugen, an einem Online-Shop gearbeitet.

Profitabel wachsen

Aktuell verfügen die Obi-Märkte über „die Hälfte der Marktfläche und erzielen die Hälfte des Umsatzes“ der Baumärkte in Mittelfranken. Zuletzt blieb der Gruppenumsatz mit 272 Mio. Euro stabil. In diesem Jahr musste der Obi-Markt in Feuchtwangen geschlossen werden, weil es nicht gelang, diesen profitabel zu machen. „Größe an sich ist nicht schön“, sagt Streng, vielmehr setze er auf nachhaltiges und ertragsorientiertes Wachstum.

Das Geschäft im Baumarkt folgt eigenen Gesetzen. So hat Obi die Insolvenz des Konkurrenten Praktiker „kaum gespürt“ – möglicherweise weil der Wettbewerber anders positioniert war, so Streng. Auch Konjunkturschwankungen wirken sich kaum auf das Heimwerker-Geschäft aus. Bei schlechter Konjunktur, etwa bei der Weltwirtschaftskrise, machten die Menschen viel mehr selbst und kauften Baumaterialien. Brummt die Konjunktur, gönnen sich die Kunden beispielsweise mehr für Terrasse und Garten. Abhängiger sei man vom Wetter. So verkaufen sich viele Artikel nur saisonal, beispielsweise bricht bei einem schwachen Winter der Verkauf von Schneeschaufeln und Schlitten deutlich ein.

Um nicht „betriebsblind“ zu werden, schaut sich Streng auch in fremden Branchen nach Erfolgsrezepten um. Neugier, Überzeugung und „fränkischer Patriotismus“ habe auch zur Rettungsaktion der Küchen-Quelle im Jahr 2009 geführt. Streng setzte sich gemeinsam mit weiteren Unternehmern gegen andere Investoren durch und war für einige Jahre Eigentümer. „Ich wusste, dass die Küchen-Quelle funktioniert“, sagt er im Rückblick und die Entwicklung gibt ihm Recht. Dass seine Gruppe in Branchen-Rankings im „oberen Drittel“ zu finden ist, ist für Streng kein Grund sich auszuruhen, sondern eher Ansporn, noch besser zu werden.

Autor/in: 

tt.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2016, Seite 66

 
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